Die Jungen, die es auf dem Arbeitsmarkt noch schwerer haben
Von Diana Dauer
"Ich möchte so gerne eine Ausbildung machen und arbeiten gehen. Ich bin auch Teil der Gesellschaft. Hier ausgeschlossen zu werden, macht mich einfach traurig“, erklärt der 20-Jährige Nino aus Oberösterreich im KURIER-Gespräch.
Er hat 2016 nach nur 10 Monaten seine Lehre zum Maler und Beschichtungstechniker aus psychischen Gründen abgebrochen.
"Ich suche jetzt seit vier oder fünf Jahren nach Jobs und neuen Lehrplätzen. Ich habe Kurse besucht. Es ist leider immer gescheitert.“
Warum? "Wahrscheinlich haben die Chefs meine Narben auf der Hand gesehen. Und weil die Qualifikationen nicht ausgereicht haben“, so Nino.
Qualifikation vor Lehrantritt?
Auch ÖGB Gewerkschaftsjugendvorsitzende Susanne Hofer, kennt Fälle, in denen Lehrstellen nicht besetzt wurden, weil nicht die nötigen Vorqualifikationen erfüllt wurden. "Wie soll denn ein junger Mensch schon Erfahrung mitbringen? Er bewirbt sich doch, um genau das zu lernen“, sagt Hofer im Gespräch mit dem KURIER.
Ewige Suche
Zurück nach Oberösterreich. Nino bemüht sich nun um eine Ausbildung im Sozialbereich, am liebsten in der Pflege. Erst vor Kurzem konnte er eine Stelle nicht annehmen, obwohl sie ihm angeboten wurde. Die Arbeitsstiftung in seiner Region hat seinen Angaben zu folge, die Ausbildung nicht bezahlen wollen. Ihm fehle die notwendige einjährige Arbeitszeit. "Ich hatte Unterbrechungen in der Lehrzeit, weil es mir nicht gut ging. Lehrbetriebe und Chefs sollten offener für Schul- und Lehrabbrecher sein. Nur, weil es damals nicht gepasst hat, können wir trotzdem gute Arbeit machen“, so Nino. Er hofft auf die Zeit nach Corona.
Die, die es am schwersten trifft
Nino ist ein NEET-Jugendlicher. NEET, das steht für nicht in Ausbildung, Arbeit oder Schulung. Er ist einer von 1.386 Langzeitarbeitslosen unter 25 Jahren.
Und Vertreter der Gruppe, die es in dieser Krise am schwersten trifft, die jungen niedrig Qualifizierten.
Die Jungen und Einsteiger, die gerade im Betrieb einsteigen, müssen in Krisenzeiten als erstes gehen. Im Zweifel bleiben Betriebe häufig eher mit etablierten Mitarbeitern, die Know-how und Erfahrung haben. Hinzu kommt noch, dass die qualifizierten und ausgebildeten Jungen nach der Krise schnell wieder im Arbeitsmarkt integriert werden können. Während die Situation für niedrig qualifizierte noch lange schwierig bleibt, erklärt der Soziologe der Johannes-Kepler-Universität Johann Bacher dem KURIER.
Die Lage ist ernst
"Das Problem ist, dass wir einerseits viel mehr Jugendliche als vor Corona haben, die Hilfe brauchen und zweitens sind viele NEET-Junge schon seit Jahren zu Hause “ erklärt Holger Schaller, Teamleiter von Respect, einem pro mente Jugendprojekt in Oberösterreich.
Die Lage ist ernst, denn jetzt konkurrieren NEET-Junge und niedrig qualifizierte Jungen mit qualifizierten, die gerade erst ihre Stellen verloren haben. Das erschwert das Rennen, um die Stellen.
Respect bietet Beratung und Coaching, sowie niederschwellige Angebote für NEET-Jugendliche (15 -24 Jahren) an. Denn einige brauchen vor der Lehrstellenvermittlung Hilfe in Deutsch und Mathe. Viele haben keinen oder maximal einen Pflichtschulabschluss.
Andere hatten und haben psychische Probleme. Eigentlich hätte die, seit 2016 geltende Ausbildungspflicht bis 18, bei Nino greifen müssen. Laut Daten von Soziologe Bacher, griff sie bei rund 8.000 Jugendlichen nicht. Manchmal rutschen Menschen aufgrund psychischer Probleme, Erwerbstätigkeit oder frühem Schulabbruch und Langzeitarbeitslosigkeit durch. "Man sieht dennoch, dass die Ausbildungspflicht funktioniert“, sagt Johann Bacher. 2019 lag die NEET-Quote bei 15 bis 19-Jährigen bei 4,4 Prozent, bei 20 bis 24-Jährigen hingegen stieg sie auf 8,8 Prozent. Nun müssen die niedrigschwelligen Angebote sowie überbetriebliche Lehrstellen weiter ausgebaut werden.