„Nichtkünstler unter Künstlern“
Von Axel Halbhuber
2013 war ein wirklich gutes Jahr für die beiden Kreativen Daniela Stenzenberger und Roman Beck. Zuletzt haben sie den europäischen Kunst- und Designpreis „Young Creative Chevrolet (YCC)“ gewonnen. Aus der Vorgabe „Football – Make me a fan“ kreierten sie ein animiertes Video über die Kickbewegung in der Menschheitsgeschichte. Noch am Abend der Award-Verleihung in Manchester, England, wurden sie von einem Vertreter des Fußballvereins Manchester United gefragt, ob ihr Video künftig im Stadion laufen könne – mit 76.000 Plätzen das größte britische Ligastadion.
Im KURIER-Gespräch erklären Daniela Stenzenberger und Roman Beck, warum sie nicht Künstler sind, sondern lieber wirtschaftlich denken. Und was man zu guter Kreativarbeit braucht.
KURIER: Wie wichtig ist einem Künstler, dass sein Werk mit Preisen ausgezeichnet wird?
Roman Beck: Wir sehen uns nicht als Künstler. Unsere Klasse Grafik und Werbung an der Uni für angewandte Kunst hat auch den Anspruch, wirtschaftlich zu denken.
Daniela Stenzenberger: Wir sind die Nichtkünstler unter den Künstlern. Vor 20 Jahren gab es einen lauten Protest gegen die Errichtung dieser Klasse, mit dem Argument, dass die Angewandte nicht zur Wirtschaftsuniversität werden darf. Als Künstler würde ich mich als Letztes bezeichnen. Wir sind eher Kreative.
Beck: Texter und Illustrator, das trifft es. Die Werbung arbeitet in der Mischung zwischen Kunst und Zielgruppe. Wir haben in der Ausbildung gelernt, dass wir Abstriche machen müssen.
Ein Kreativer muss also der Zielgruppe gefallen und nach Preisen streben?
Beck: Es ist beides. Wir haben bei unserem Animationsfilm schon auf die Jury hingearbeitet: Was gefällt ihnen und tut es dem Video gut? Oder gefällt es nur uns? Die Vorgabe war ‚Make me a fan‘, das kann ja alles sein.
Der Künstler hat mehr Freiheit. Andererseits haben die anderen eingereichten Beiträge das vorgegebene Thema Fußball weniger frei interpretiert. Trotzdem habt ihr gewonnen.
Beck: Wenn du 150 Stunden in ein Projekt steckst, ist dieser Spagat ganz wichtig. Hätten wir die Arbeit Briefing-konform gemacht, und dann nicht gewonnen, wäre das unbefriedigend. Wenn man etwas für sich selbst macht und es auch noch der Jury gefällt, ist das natürlich perfekt.
Stenzenberger:Man arbeitet einen Monat lang intensiv, hat ein gemeinsames Konzept, das ist ja ein Prozess. Und wir hatten viel mehr Szenen für den Film, das Kürzen ist schwierig, weil es subjektiv ist. Am Ende muss man sich auf das Gefühl verlassen.
Was ist neben Gefühl eine Erfolgszutat für kreative Arbeit?
Stenzenberger: Es ist unverzichtbar, dass man mit jemandem arbeitet, mit dem man gut kann. Findet man keine Ebene, ist es schade um die Arbeit. Es funktioniert nur mit wenigen.
Beck: Man muss dann nicht ständig Kompromisse finden, sondern schaukelt sich so gemeinsam in höhere Sphären. Wir haben beide dieselbe Ausbildung – Text, Grafik und Konzept –, Dani hat sich eher auf das Texten spezialisiert, ich eher in Richtung Grafik. Aber es ergänzt sich wirklich sehr gut, wenn grundsätzlich beide alles beherrschen.
Stenzenberger:Auch die Arbeitsweise ist ein Punkt. Wir machen Projekte auch aus der Tatsache zusammen, dass wir faul sind und alles auf den letzten Drücker machen. Nicht wirklich faul, aber wir haben ein schlechtes Zeitmanagement.
Beck: Hatten. Es wird besser. Aber Dani hat schon recht damit, bei uns passt der Rhythmus, wir haben dieselben Vorstellungen, finden das Gleiche lustig, müssen da nicht diskutieren.
Im Spannungsfeld zwischen kreativem und wirtschaftlichem Arbeiten ist es wahrscheinlich auch schwieriger, sich Ziele zu setzen.
Stenzenberger: Ich tu’ mir mit längerfristigen Zielen immer schwer, versuche immer glücklich zu sein, wo ich gerade bin. Wenn das nicht mehr so ist, muss man sich etwas Neues überlegen.
INFO: Das YCC-Siegervideo von Stenzenberger und Beck finden Sie auf www.stenzenberger.com oder auf flickr.com unter dem Suchbegriff „YCC 2013 Winners video 1st prize“
Die Sieger
Daniela Stenzenberger, geb. 1985 in Wien, studierte Grafik und Werbung an der Universität für angewandte Kunst. Sie arbeitet als Texterin bei der Agentur Jung v. Matt, ihre wich- tigsten Preise: Cannes Lion Silver, ADC, CCA Venus Gold, Golden Drum Silver (www.stenzenberger.com).
Roman Beck, geb. 1982 in Vaduz, studiert ebenfalls Grafik und Werbung. Er arbeitet als Illustrator in einem Liechtensteiner Büro. Er gewann u. a. den Young Lions und den Adgar als „Newcomer“.
Der Preis
Der mit je 4000 Euro dotierte YCC- Award wird jährlich von Chevrolet in den Kategorien Fashion, Visual Arts, Photography und Video vergeben. www.youngcreativechevrolet.eu