Wirtschaft/Karriere

L´Oréal-Chefin: "2020 war eines der anspruchsvollsten Jahre meiner Karriere"

Wioletta Rosolowska ist seit 2019 Country General Managerin bei L‘Oréal Deutschland. Im April 2020 hat sie, mitten in der Pandemie, auch die Agenden für Österreich übernommen. Im Interview mit dem KURIER erzählt sie, wie sie das Unternehmen erfolgreich durch die Krise führt und wie sie die Marken des Konzerns neu erlebbar machen will. 

KURIER: Frau Rosolowska, L‘Oréal war im Juni 2021 Partner des Green Tech Festivals (Veranstaltung über neue Technologien für einen nachhaltigen Lebensstil) in Berlin. Noch vor wenigen Jahren hätte so ein Event für eine Beauty Unternehmen keine Bedeutung gehabt. Warum jetzt?
Wioletta Rosolowska: Die Verbindung von Nachhaltigkeit und Technologie ist schon lange ein strategischer Teil unseres Unternehmens. In der Technologie hat die Digitalisierung vor vielen Jahren begonnen –  bei unseren Produkten, aber eben auch bei den KonsumentInnen. Sie bewegen sich nicht  nur in stationären Geschäften, obwohl diese nach wie vor für uns sehr wichtig sind, sondern auch in digitalen Umfeldern. Und in der Pandemie hat sich die Digitalisierung der VerbraucherInnen noch beschleunigt.

Technologie ist das Eine, Nachhaltigkeit das Andere. Wo ist Letzteres bei L‘Oréal verankert? Bei den Produkten oder bei nachhaltigeren Verpackungen?
Nachhaltigkeit spielt bei uns auf allen Ebenen eine Rolle und reicht von Nachhaltigkeitszielen, die die einzelnen MitarbeiterInnen verfolgen über die übergeordnete Nachhaltigkeitsstrategie des Konzerns bis hin zu Innovationen im Bereich Produkte und Verpackungen. Jüngstes Beispiel ist unser Water Saver. Das Gerät reduziert den Wasserverbrauch beim Haarewaschen um bis zu 80 Prozent, weil die Haarpflegeprodukte direkt in das Wasser eingearbeitet werden. Zudem arbeiten wir daran,  den Plastikanteil unserer Verpackungen zu reduzieren. Wir haben zum Beispiel eine Kooperation mit der Firma Carbios gestartet, die ein Enzym entwickelt hat, das Plastik zersetzt, um daraus wieder recyceltes gleichwertiges Plastik machen zu können. Es sind Entwicklungen wie diese, mit denen wir zeigen wollen, dass Technologie und Nachhaltigkeit Hand in Hand gehen. 

L‘Oréal steht für Erholung und persönlichen Luxus. Ist es da nicht schwierig, den Konsumenten komplexe Themen wie Nachhaltigkeit und Müllvermeidung zu vermitteln?
Das Thema Verantwortung für Umwelt und Gesellschaft ist auf dem globalen als auch auf dem österreichischen Markt enorm wichtig. Die Konsumenten spielen in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle. Wir sehen zum Beispiel, dass in Österreich 53 Prozent der Frauen bereit sind, für Marken und Produkte, die einen positiven Beitrag zu Umwelt und Gesellschaft leisten,  mehr zu bezahlen. 

Beauty-Tech ist ein wesentlicher Wachstumstreiber bei L‘Oréal. So  bieten Sie beispielsweise Haarfarbenberatung via Webcam, Hautpflegetipps über eine App oder eben das Einkaufen über den Webshop. Funktioniert die Kundenbindung auf virtueller Ebene wirklich?
Ja, diese Beauty-Tech-Anwendungen sind für uns aus strategischer Sicht enorm wichtig, weil sie ein Türöffner sind, um das Markenerlebnis in die virtuelle Welt zu heben. Das hilft uns auch, langfristige und direkte Beziehungen zu den VerbraucherInnen aufzubauen, um individuelle Bedürfnisse besser zu verstehen. Wir leben in einer Welt, in der wir uns Vertrauen und Aufmerksamkeit zunehmend verdienen müssen. Digitale Services sind der Schlüssel zur Erschließung dieser langfristigen Beziehungen und erhöhen die Loyalität unserer KundInnen. 

Das eCommerce-Geschäft war also auch ein Rettungsanker in der Pandemie?
Der eCommerce Anteil im gesamten weltweiten Beauty Bereich ist in den vergangenen Jahren enorm gewachsen und macht nach aktuellen Einschätzungen in Österreich rund 193 Millionen Euro aus. Wir waren auf diese Entwicklung vorbereitet, was uns natürlich während der Pandemie geholfen hat. 

Und wo will L‘Oréal in Sachen eCommerce hin?
Bei L‘Oréal ist der Anteil in den vergangenen sechs Jahren weltweit von fünf auf mehr als 25 Prozent gewachsen. Wir möchten aber, dass in Zukunft  das eCommerce Geschäft die Hälfte unseres gesamten Umsatzes ausmacht. Unser Ansatz ist es, in verschiedenen Kanälen gleichzeitig zu denken,  omnipräsent zu sein und eine Balance zwischen stationärem Einzelhandelsgeschäft und Online-Geschäft zu halten. 

Das alles klingt nach großer Transformation  innerhalb des Unternehmens. Wie funktioniert dies während einer Pandemie, in der der physische Kontakt innerhalb des Unternehmens beschränkt ist?
2020 war sicher eines der anspruchsvollsten Jahre in meiner Karriere. Gleichzeitig hat uns die Pandemie  gezeigt, dass vieles, was wir für unmöglich hielten, plötzlich möglich war. Das erfordert natürlich sehr viel Agilität und Flexibilität  des gesamten Teams, aber auch eine offene und transparente Kommunikationskultur und Vertrauen den MitarbeiterInnen gegenüber. 


Wie stellt man sicher, dass  in Zeiten der sozialen Isolation die Kreativität der Mitarbeiter nicht verloren geht?
Kreativität wird in unserer Gesellschaft häufig vernachlässigt. Wir haben deshalb versucht, mit unterschiedlichen Formaten den Horizont unserer MitarbeiterInnen auch im Homeoffice zu erweitern. So haben wir beispielsweise verschiedene Experten eingeladen, um zu unterschiedlichsten Themen zu sprechen und  innerhalb des Unternehmens eine Diskussion anzuregen. In Österreich gab es beispielsweise auch das Format „Stay connected“, bei dem alle KollegInnen in virtuellen Workshops entweder anonym oder  direkt Fragen an Führungskräfte stellen konnten. Das war enorm wichtig für den Austausch untereinander und auch, um in Verbindung zu bleiben.