Wirtschaft/Karriere

Lehrlinge: Ausbildung 3.0 kommt

Die duale Lehrlingsausbildung ist ein heimisches Erfolgsmodell, das über die Grenzen hinaus bekannt ist. Delegationen besuchen Österreich, um sie zu studieren, Experten bereisen die Welt, um sie zu propagieren.

Trotz der guten Qualität leidet ihr Image. Auf dem Arbeitsmarkt bleiben viele Fachkraft-Stellen unbesetzt. Vor allem in der Technik: 90 Prozent der heimischen Industriebetriebe haben Schwierigkeiten damit, die passenden Mitarbeiter zu finden, sagt die Industriellenvereinigung. Lehrlinge fordern laut einer Umfrage der Wirtschaftskammer und des Sozialministeriums zudem mehr Betreuung und zeitgemäße Inhalte in ihrer Lehre. Um die duale Lehre auch in Zukunft hochhalten zu können, brauchen Lehrlinge die besten und modernsten Ausbildner. Nicht immer sind das die eigenen Lehrbetriebe.

Wenn Experten schulen

"Es kann gut sein, dass die triale Ausbildung der Weg ist, den man in der Lehre in Zukunft weitergeht", sagt Alfred Freundlinger von der Abteilung für Bildungspolitik der WKO. Dabei gibt es diesen Begriff formell gar nicht. Die triale Ausbildung entsteht vielmehr aus der Eigeninitiative von Lehrbetrieben, anderen Unternehmen oder Instituten. "Trial heißt, dass ein dritter Bildungspartner – ein Spezialist auf einem bestimmten Fachgebiet – an der Lehrlingsausbildung beteiligt ist", so Freundlinger. Vor allem in der Technik und der Baubranche sei das bereits Usus. "Wir könnten den Lehrling in allen Bereichen schulen – in den meisten tun wir das auch" , sagt Andreas Rogler, Ausbildungsverantwortlicher im technischen Bereich bei Wien Energie. "Aber es ist wichtig, dass wir in ihn investieren und vertiefende Fähigkeiten, die wir nicht bestmöglich umsetzen können, die aber im Berufsbild festgelegt sind, an einen Experten auslagern." Nicht alle Betriebe würden auf so eine qualitative Ausbildung achten. "Oft soll der Lehrling dem Gesellen nur über die Schulter schauen, statt es selbst zu tun."

Wien Energie kooperiert je nach Bedarf mit drei bis vier Partnerbetrieben, sagt Rogler. Einer davon ist seit 2009 Festo Didactic. Jährlich absolvieren alle Lehrlinge des zweiten, dritten und vierten Lehrjahres hier vier ihrer verpflichtenden Seminare. Mit dabei ist heuer auch Daniel Graber. Der 17-Jährige lernt Elektrotechnik und Anlagen- und Betriebstechniker. Er schätzt die einwöchigen Intensiv-Kurse und das gute Betreuungsverhältnis – ein Ausbildner kommt auf acht Lehrlinge statt auf 16 in der Berufsschule. "Als Ausbildungspartner musst du modernste Technik, passendes Equipment und Personal haben. Das alles als Lehrbetrieb allein zu stemmen ist schwierig", sagt sein Chef Rogler. Viel praktischer sei es dagegen, wenn die Lehrlinge Geräte und Know-how des Partner-Unternehmens nutzen könnten.

Tendenziell hätten eher größere Betriebe die finanziellen Mittel, ihre Lehrlinge trial ausbilden zu lassen, sagt Freundlinger, allerdings: "Die österreichische Lehrlingsausbildung findet zu 80, 90 Prozent in KMU statt." Trotzdem verzeichnet Freundlinger einen milden Trend dazu. Durch die steigenden Anforderungen an Fachkräfte kämen Betriebe nicht umhin, stärker auf die triale Ausbildung zu setzen, bestätigt auch Hermann Studnitzka von Festo Didactic. "Die Arbeitswelt verändert sich schnell. Wir sind heute dafür verantwortlich, dass die zukünftigen Arbeitskräfte mit den passenden Kompetenzen ausgestattet sind."

In Österreich wird die Kooperation von Lehrbetrieben und Instituten untereinander in Ausbildungsverbünden organisiert. Hier bieten Unternehmen ihre Dienstleistungen für Lehrlinge untereinander an, nicht immer muss dabei zwischen den Partnerbetrieben Geld fließen.

2014 lernten in Österreich 105.861 Lehrlinge in 31.773 Lehrbetrieben. Um die Qualität der Ausbildung zu steigern, haben 7000 dieser Betriebe untereinander kooperiert, 30.000 Lehrlinge haben davon profitiert. Sie besuchten entweder die Lehrwerkstätte anderer Betriebe oder machten Seminare bei externen Bildungsanbietern. „Der Großteil davon waren freiwillige, also über das vorgeschriebene Berufsbild hinausreichende Ausbildungsmaßnahmen“, sagt Helmut Dornmayr vom Institut für Bildungsforschung der Wirtschaft. Oft sind das Soft Skills und etwa Sprachen. 80 bis 90 Prozent dieser Betriebe nahmen dafür eine Förderung in Anspruch, die bis zu 1000 Euro der Ausbildungskosten pro Lehrling deckelt. Pro Förderfall fiel die durchschnittliche Höhe auf 211 Euro aus.