Im Geschäftsleben: Wann Dialekt aneckt
Von Andrea Vyslozil
Langsam, deutlich, ruhig und Hochdeutsch: So klingt Alexander Van der Bellens Stimme, wenn der Bundespräsident öffentlich spricht. Sei es bei der Pressekonferenz zum Besuch des iranischen Präsidenten oder beim Fernsehinterview zum Handelsabkommen mit Kanada.
„Set koana muana, dass a kan andara braucht. Du brauchsch mi und i brauch di.“ Auch das ist Van der Bellen. Vor drei Jahren präsentierte er sich in einem Wahlkampfvideo mit Kaunertaler Dialekt.
Kein Widerspruch, meint Alexandra Lenz von der Uni Wien, der immer wieder Politiker auffallen, die mit Dialekt Heimatverbundenheit oder andere Emotionen vermitteln. „Neben der Informationsübertragung wirkt Sprache auf einer psychosozialen Ebene. Mit Dialekt oder Hochsprache können wir Nähe und Distanz erzeugen“, so die Sprachwissenschafterin.
Kein Wunder also, dass etwa Gewerkschafter bevorzugt auf Dialekt setzen. „Wia schließen jeden Tag anahoib Kollektivverträge ab“, erklärte Gewerkschaftsbund-Chef Wolfgang Katzian kürzlich in einem schauTV-Interview. Auch Rainer Wimmer, Chef der Produktionsgewerkschaft, lässt oft den Oberösterreicher durchhören.
Natürlich versus intelligent
Natürlich, humorvoll, ehrlich und gemütlich sind die Attribute, die Dialektsprechern zugeschrieben werden. Wohingegen Standardsprecher eher als vornehm, gebildet, intelligent und höflich wahrgenommen werden. Zu diesem Ergebnis kam vor Jahren eine Diplomarbeit an der Uni Wien, im Zuge derer 185 Personen Audioproben von Grazer Hochdeutschsprechern und steirischen Dialektsprechern vorgespielt worden waren. Laut Sprachwissenschaftlerin Lenz deckt sich dieses Ergebnis mit Untersuchungen in anderen Dialektregionen.
Zählt das auch im Geschäftsleben? Bei der Frage nach mehr Gehalt mit dem Chef für mehr Kompetenz besser Hochdeutsch sprechen? „Das kommt darauf an. Wenn Sie sonst mit ihm Dialekt sprechen, schaffen Sie mit dem abrupten Wechsel möglicherweise Distanz“, gibt Lenz zu Bedenken. „Die Berufswelt verlangt uns heute hohe Flexibilität ab. Das gilt auch für die Sprache.“ Die Dialektloyalität sei in vielen Regionen Österreichs, etwa im Burgenland oder Tirol, hoch. Auch am Arbeitsplatz. Es sei sinnvoll, in der Kommunikation mit Kollegen, Vorgesetzten oder Kunden bewusst abzuwägen, welche Sprechweise und -lage wie wirke, so die Mainzer Linguistin.
Sprache gezielt einsetzen
Wichtig sei neben Emotion auch die Verständlichkeit. Kommunikation verlange gegenseitiges Entgegenkommen, von Österreichern ebenso wie von jenen, die aus dem Ausland auf den Arbeitsmarkt kommen. „Dialekt ist eine wunderbare Ressource“, so Lenz. „Setzten Sie ihn als solche ein, wo er passt.“
Der beliebteste Bundesländerdialekt ist laut einer Imas-Umfrage aus 2014 übrigens Kärntnerisch, gefolgt von Tirolerisch und Oberösterreichisch. Anlass für diese kuriose Erhebung könnte damals Albertina-Chef Klaus Albrecht Schröder gewesen sein. Er hatte mit seiner Aussage, er habe seinen oberösterreichischen Dialekt nicht gemocht und sich ihn deshalb bewusst abgewöhnt, für einen Eklat gesorgt.