Haben Sie dafür studiert?
Tiefkühlerbsen einsortieren, Konservendosen schlichten, Extrawurst aufschneiden – wer im Handel Karriere machen will, darf sich vor dem Anpacken nicht scheuen. Auch, wenn man einen akademischen Titel mitbringt und eigentlich ins Management will. Denn: „Management-Trainees müssen selbstverständlich ihren Job von der Pike auf erlernen – und dazu gehört die Arbeit im Supermarkt“, sagt Verena Wegscheider, Kommunikationsmanagerin bei der Spar AG. Auch bei Hofer können zukünftige Manager die sogenannte „Filialzeit“ nicht überspringen: Denn: „Regionalverkaufsleiter sollen genau wissen, welche Arbeiten die Mitarbeiter leisten“, heißt es von Hofer.
Führungsnachwuchs
Lockt man so Uniabsolventen an? Oder schreckt man sie ab? 529.000 unselbstständig Beschäftige zählt man in Österreich im Handel. Nur 6,5 Prozent davon sind Akademiker. Doch die Branche braucht Führungsnachwuchs und sucht Jungakademiker. Auch Spar: „Die Karrierechancen für Akademiker stehen sehr gut: Wir bieten vor allem in unserem Headquarter in Salzburg eine Vielzahl an Berufen, etwa im Sortimentsmanagement, Personalbereich, Marketing, Controlling“, so Wegscheider. Chancen, die viele Jungakademiker nicht sehen oder nicht sehen wollen. Denn für eine große Lebensmittelkette zu arbeiten, assoziieren die wenigsten mit einem hippen, kreativen Job. Der Lebensmittel-Einzelhandel hat kein makelloses Image – Skandale wie die Bespitzelung von Mitarbeitern haben zusätzlich geschadet. Der Jobeinstieg gilt als hart, die Arbeitszeit als lang, der Umgangston oft als rau. Prestigeträchtig? Ist jedenfalls die Trainee-Phase in den Filialen nicht.
Alle Türen stehen offen
Matthias Bauer hat sich trotzdem dafür entschieden. Warum? „Lebensmittel sind ein Thema, das jeden Einzelnen betrifft. Es ist einfach spannend, weil es so viele Bereiche gibt – vom Einkauf bis zum Controlling“, sagt der gebürtige Welser. Nach dem Studium der Internationalen BWL an der WU Wien startete er als Trainee in der Logistik, absolvierte einen zweimonatigen Auslandsaufenthalt bei Spar Italien, wechselte in die Abteilung Warenfluss und schließlich ins Sortimentsmanagement. Zweieinhalb Jahre später ist der 28-Jährige bereits Abteilungsleiter. Rasch die Karriereleiter hinauf – recht typisch für die Karrieren von Akademikern im Handel. „Die Aufstiegschancen sind sehr gut“, heißt es von Spar. „Nach oben hin stehen engagierten, motivierten und verantwortungsbewussten Mitarbeitern alle Türen offen“, bei Hofer. Dort steigt man mit Titel – ein Bachelor genügt – direkt ins mittlere Management ein und leitet bis zu sieben Filialen. Und: Hofer zahlt deutlich mehr als das Kollektivvertragsgehalt von 2232 Euro und bietet als „Zuckerl“ einen Audi A4 als Dienstwagen, der privat genutzt werden darf.
Rainer Gritsch, Experte für Einzelhandel beim AMS Wien, weiß, dass nicht nur der Lebensmittelhandel um Jungakademiker wirbt:„ Apotheken und auch der Buchhandel suchen immer wieder nach Mitarbeitern mit Hochschulabschluss. Und große Konzerne wie Peek & Cloppenburg und Möbel Ludwig bieten Trainee-Programme für Nachwuchsführungskräfte mit akademischem Abschluss an – von der Regionsleiter-Ebene aufwärts bis ins obere Management.“
In Österreich gibt es im Handel rund 529.000 unselbstständig Beschäftige. Die Akademiker-Quote liegt bei mageren 6,5Prozent und steigt nur langsam: Im Jahr 2000 lag sie im Vergleich bei 4,0 Prozent. Für den Handel wird die Bindung von Personal mit Uniabschluss zur Herausforderung:Trainee-Programme und rasche Aufstiegschancen sollen Nachwuchsführungskräfte anlocken.