Guten Morgen, wie geht’s?
Von Sandra Baierl
Fitnesscenter, Nichtraucherkurs, Burn-out-Prophylaxe – was sich anhört wie das ausgefeilte Kursprogramm eines urbanen Gesundheitstempels, gehört in manchen Firmen inzwischen zum regulären Angebot für Mitarbeiter. Das Ziel dahinter: eine gesunde, motivierte Belegschaft, damit wirtschaftlicher Erfolg und Wettbewerbsfähigkeit stimmen.
Aber wie viel Interesse haben Unternehmen tatsächlich am "Wellbeing" ihrer Mitarbeiter? Darüber diskutierten bei der Fachmesse Personal Austria Johannes Kopf, Vorstand des Arbeitsmarktservice Österreich, Bertold Meyer, Professor für Organisations- und Wirtschaftspsychologie an der TU Chemnitz, Sandra Dobrig, Leiterin des Gesundheitsmanagements bei den ÖBB, und Martina Zidek, Personalchefin des Dorotheums.
Halbzeit Arbeit
Die Keynote von Bertold Meyer wartete mit einem interessanten Detail auf: Die Hälfte der wachen Zeit verbringt der Mensch im arbeitsfähigen Alter in der Arbeit. Die Gesundheit der Mitarbeiter müsse im Interesse der Unternehmen liegen, es handle sich dabei um eine Verantwortung der Firmen aus ökonomischer und auch aus gesellschaftlicher Sicht. Denn wenn Menschen aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeiten können, gehen sie als Mitarbeiter verloren und werden zum Fall für das Sozialsystem. Für Meyer gewinnt das Gesundheitsmanagement an Bedeutung: Das Arbeiten 4.0, wo sämtliche Wertschöpfungsketten digitalisiert sind, verlangt flexiblere Mitarbeiter. Zur Flexibilität und zum digitalen Wandel kommt die demografische Komponente hinzu: Mitarbeiter werden älter, müssen länger arbeiten und fit bleiben.
In den vergangenen Jahren hätten sich die psychischen Belastungen bei Mitarbeitern aber verdoppelt. Ein Drittel der Mitarbeiter in Unternehmen fragt sich: "Wie soll ich die ständig steigenden Anforderungen bewältigen?" Dass sich Gesundheitsförderung in Firmen auszahlt, zeigt eine Studie von MAN: für einen Euro Investition in gesundheitsfördernde Maßnahmen sparte das Unternehmen mindestens fünf Euro an Kosten ein.
FührungssacheFür Johannes Kopf ist die Gesundheitsförderung der Mitarbeiter eine Führungsaufgabe. Die Vorbildwirkung und Sensibilität der Chefs sei entscheidend. Martina Zidek vom Dorotheum beschäftigt viele Mitarbeiter über 50. "Kostendruck und Optimierung darf kein Widerspruch zum Gesundheitsmanagement sein. Jedes Mal, wenn es in Firmen um die Reduzierung der Mitarbeiter geht, muss man schauen, wie es den Menschen geht." Sandra Dobrig, ÖBB: "Die Reduzierung von körperlichen Belastungen ist bei uns seit Jahrzehnten Thema. Der Fokus auf die psychische Gesundheit ist aber neu: Da geht es vor allem um eine Vertrauenskultur zwischen Mitarbeitern und Chefs, damit Probleme früh erkannt werden."