Glück: "Österreich ist ein Macho-Land"
Lange war
Heidi Glück die Frau, die hinter Wolfgang Schüssel ihren Mann stand. Als Sprecherin und Beraterin des Ex-Kanzlers kannte sie Männerbünde von innen. Heute nutzt Glück ihr Wissen als Beraterin.
KURIER: Frauendiskriminierung in der Wirtschaft - liegt das auch daran, dass sich die Politik für Frauen weniger einsetzt?
Heidi Glück: Bei Geschlechterpolitik ist es wie bei jeder Politik: Es ändert sich nur was, wenn der Druck groß genug ist. Wir sind in dieser Frage nach wie vor Macho-Land und Männer-Bastion. Was bisher erstritten wurde, ist mehr dem Mut von Frauen in ihrem persönlichen Aktionsumfeld als den Errungenschaften der Frauenpolitik zu verdanken.
Wann wird es echte Gleichbehandlung geben?
Gleichbehandlung ist ein komisches Wort. Das klingt so, als ob eine übergeordnete Instanz Männer und Frauen gleich behandeln soll. In Wirklichkeit "behandeln" ja die Männer die Frauen ungleich.
Was müssen Frauen tun?
Frauen müssen sich nicht nur gute Positionen, sondern immer mehr Entscheidungspositionen erobern, um die Disproportionen in den Karriereverläufen zu korrigieren. Da ist schon einiges passiert, aber die Schlüsselfrage ist, ob die Frauen auch besser kämpfen lernen, selbstbewusster auftreten, sich mehr zutrauen, sich bewerben. Aus der Politik weiß ich, dass die Suche nach Frauen für Funktionen oft schwierig ist und sich nicht immer die besten am meisten interessieren. Das ist bei Männern auch so, aber Männer sind viel weniger von Selbstzweifeln geplagt.
Ein weiter Weg zum Ziel.
Das Ziel ist erreicht, wenn Frauen sich die gleiche Augenhöhe erobert haben. Von der Bildung her haben Frauen die Männer schon überholt.
Wer steht zum Feminismus? Wie ist die politische Stimmung in Sachen "Frauenfrage"?
Die Stimmung wendet sich langsam. Inzwischen schwant auch den letzten Männerbündlern, dass der tendenzielle Verzicht auf weibliche Humanressourcen im letztlich globalen Wettbewerb Standortnachteile und Wohlstandsverluste bedeutet und dass die Teamarbeit von Frauen und Männern ein Erfolgsmodell ist und kein Hierarchiemodell mehr. In der Wirtschaft hat man das teilweise begriffen, selbst in Unternehmen aus "Männerbranchen".
Geht es nicht zu langsam?
Zugegebenermaßen Ja. Aber das Thema hat Rückenwind. Die Quotenfrage ist ein Beispiel dafür. Feminismus? Mein Gott. Simone de Beauvoir sagte, man wird nicht als Frau geboren, sondern man wird dazu gemacht. Lennon sang: "Woman is the Nigger of the World." Radikalismus war als Initialzündung wichtig, jetzt sind wir ein Stück weiter bei den Mühen der emanzipatorischen Ebene. Aber es gibt erste Gipfelsiege. Der K2 der Erfolgsfrau ist der Vorstandsposten. Da ist noch viel Potenzial nach oben.
Wer kämpft heute noch? Wozu lohnt es sich zu kämpfen?
Schön wäre, wenn Frauen nun die Kampfzone verlassen und in die Dialogzone vordringen könnten. Aber so weit sind wir noch nicht. Wichtig wäre, wenn auch Männer ein bisschen für die Frauen kämpfen. Das tun sie dann am besten, wenn sie beispielsweise als Väter mehr für Kind und Haushalt tun und als Vorgesetzte bei Beförderungen mehr auf Leistung schauen. Das würde vielen Frauen helfen. Für familiäre und gesellschaftliche Rahmenbedingungen ist die Politik zuständig. Sie tut hier weniger als sie könnte. Aber ich bin auch hier Optimistin.
Die Beraterin: Von der Politik zur Firma
Heidi Glück, geboren 1962, begann ihre Karriere in der Außenkommunikation des ORF. Sie war Pressesprecherin von Bildungsministerin Gehrer und sieben Jahre strategische Beraterin und Sprecherin von Bundeskanzler
Wolfgang Schüssel. Seit 2007 leitet sie das Beratungsunternehmen Heidi GLÜCK media+public affairs consulting in Wien.