Geschäftsessen: Weit vom Schicki-Micki-Hype im Schwarzenberg
Es ist eines der großen Häuser am Ring, traditionell, exklusiv, die Jahrhunderte überdauernd. Das Café Schwarzenberg, 1861 als Café Hochleitner eröffnet, ist weit weg vom Schicki-Micki-Hype.
Es zeigt auch heute noch, was klassische Kaffeehauskultur in dieser Stadt ausmacht: die Kellner sind authentisch, flink und haben Schmäh, das Interieur stammt aus einer anderen Zeit. Serviert wird traditionelle Wiener Küche höchster Güte, die Mehlspeisen sind durchwegs eine Versuchung wert.
Der Apfelstrudel mit Vanillesoße schmeckt nirgendwo besser als hier, der Krapfen (um 3,10 Euro keine Aktionsware, aber man isst ihn hier auch mit Gabel...) ist riesig, flaumig, wir unterstellen, er ist hausgemacht. Das Szegediner Krautfleisch, diese Woche auf der Mittagskarte, ist rahmig, würzig, zum Niederknien gut. Als einheimischer Gast steht man hier etwas weniger unter Beobachtung als in den anderen Ringstraßen-Häusern: Senioren, Geschäftsleute, viele Touristen.
Essen/Trinken: **** (4/5)
Service: ***** (5/5)
Ambiente: ***** (5/5)
Preise: Moderat. Adresse: Kärntner Ring 17, 1010 Wien. Tel.: : 01 5128998. www.cafe-schwarzenberg.at
- Autorin und Testerin: Sandra Baierl
Erst seit kurzem ist die Bar im Fabios neu: Eleganter, weiblicher, heller, erklärt Inhaber Fabio Giacobello. Die Seidentapeten hat er von einer Künstlerin handbemalen lassen, die Polsterung ist jetzt grün, wirkt frischer. „In Österreich geht man in eine Bar nur am Abend“, sagt der Chef, „in Mailand, wo ich herkomme, ist die Bar auch nachmittags gut besucht.“
Bunter, frischer, heller
Dieses Konzept will er im Fabios durchsetzen. Die Menschen sollen reinkommen, sich wohl fühlen, sich ungezwungen unterhalten und konsumieren. Das konnte man im Fabios immer schon vorzüglich: das Essen ist wunderbar, die Getränke von höchster Qualität.
Gute Barkeeper, ein tolles Service-Personal (in neuen Peschev-Kleidern) und ein DJ tun das Übrige. Teuer ist es im Fabios immer noch, und nach wie vor ist es der City-Ort zum Sehen- und Gesehenwerden.
Essen/Trinken: ***** (5/5)
Im Fabios passt, das war schon immer so, alles. Essen immer gut, Getränke top.
Service: ***** (5/5)
KellnerInnen im neuen Look. Da wirkt das Service noch frischer.
Ambiente: **** (4/5)
Bunter als früher, immer noch schummrig. Ein Ort zum Gesehenwerden.
Preise: Hoch. Adresse: Tuchlauben 4-6, 1010 Wien. Tel.: +41 (01) 532 22 22. fabios@fabios.at
- Autorin und Testerin: Sandra Baierl
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Geschäftsessen: Zu Gast im Herzig
Sören Herzig löst sich aus dem Windschatten von Michelin-Starkoch Juan Amador - er eröffnet was Eigenes. Wir waren als Erste dort.
„Na gut, dann überlassen wir den ersten Bezirk den Touristen.“ Das könnte der Gedanke des Gastro-Paares Sören Herzig und Saskia Leberzipf gewesen sein. Geführt hat das zu einer der spannendsten Neueröffnungen in Wien in diesem Jahr. So wie sein Lehrmeister Juan Amador, kürzlich dekoriert mit 3 Michelin Sternen, hat sich Herzig dazu entschieden, in die Vorstadt zu gehen. Statt dem noblen Grinzing ist es hier der 15. Bezirk geworden, unweit der Johnstraße, eine Gegend, die sich erst entwickeln muss. Up and coming.
Das Haus, in dem sich Herzig angesiedelt hat, könnte hipper nicht sein. Das ehemalige Dorotheum – ja, da draußen seit den 30er-Jahren! – ist ein Baujuwel vom österreichischen Weltarchitekten Michael Rosenauer. Liebevoll renoviert und neu adaptiert (neben dem Restaurant auch Büros) von der Industriellen-Familie Kahane. Das Erdgeschoß (samt Untergeschoß) beherbergt das Restaurant, ganz oben am Dach findet man eine Terrasse zum Staunen. Rundumblick Hilfsausdruck. Die 360-Grad-Aussicht geht ordentlich in die Weite, vom AKH bis City bis Schönbrunn bis Schneeberg. Inklusive Sonnenuntergang dort. Wer nett fragt, darf oben Aperitif trinken.
Aber jetzt zum Wesentlichen.
100 Jahre alter Holzboden, dessen Bretter im ganzen Haus zusammen gesammelt und hier neu verlegt wurden. Farblich, wie es gerade en vogue ist: dunkle Wände, noble salbeigrüne Samtsessel von Wittmann („die bequemsten, die ich kenne“, sagt Herzig); schweres Steingut-Geschirr und filigrane Glas-Elemente, auf denen die Speisen gereicht werden. Farbtupfer bildet die CMYK-Palette (Cyan, Magenta, Yellow und Schwarz), die sich in Kunst an der Wand und auf den Tellern wiederfindet.
Das Stahlbad einer 3-Michelin-Sterne-Ausbildung merkt man in jedem Detail. „Ich kenne jedes Rezept von Juan bis ins kleinste Detail auswendig“, sagt Sören Herzig nach jahrelanger Gefolgschaft. Der gebürtige Hamburger ging mit Amador von Deutschland nach Österreich. Jetzt kocht er erstmals an eigener Adresse. Sein Essen ist eine Melange aus seiner nördlichen Herkunft, sechs Jahren im Team von Amador und Neuinterpretationen von Küchenklassikern. Raus aus dem Windschatten des Großen, rein ins Unternehmertum. Mit einem 9-köpfigen Team und seiner Verlobten Saskia Leberzipf will man die Gastroszene in Wien aufmischen. Sein Konzept: Mittags serviert das Herzig Menüs für die umliegenden Büromenschen, Kantine aber richtig, einmal die Woche etwa auch Schweinsbraten. Abends Fine Dining, ein Restaurant, das nach den Sternen greift. Mit einem Menü, siebengängig um 135 Euro, sieben Mal Weinbegleitung um 85 Euro, wer keinen Alkohol will, wählt sieben Säfte für 45 Euro.
Vorspeisen-Reigen
Die Vorspeisen geben eine klare Richtung vor: detailverliebt, kleine Kunstwerke, die unkonventionell serviert werden. Die Zwiebel-Essenz mit Comte-Käse-Schaum wird in Reagenzgläsern serviert; das Mettbrötchen im Zwiebelbaiser schaut aus wie ein Makron; Hamachi (Fisch) mit Karotte und Ingwer erinnert an ein japanisches Maki – innen cremig, außen krachig-knusprig (ein Favorit!). Die Miniatur-Carbonara ist versteckt in einem Döschen, kommt als cremig-schaumiges Süppchen, in dem sich alle Bestandteile der klassischen Carbonara befinden (Speck, Ei, Pasta-Reis) – eine von Sören Herzigs Signature-Kreationen. Zum Abschluss des Vorspeisen-Reigens salziges Brioche (frisch aus dem Ofen, eh klar) mit Verhackertem und Salzbutter.
Hauptspeisen-Zauber
Die Hauptspeisen, vier im Menü, haben durchaus ansprechende Größe. Makrele mit „Folien“-Kartöffelchen, Speck und Zimtblüte schmeckt rauchig-würzig; Sandwich von der Seezunge, eine weitere Hommage an Hamburg, mit Estragon und Spargel ist unser nächster Favorit: weil opulent und außergewöhnlich harmonisch im Geschmack. Wir mögen das frittierte Finish. Das Brathähnchen sot ly laisse (kleine, knusprig gebratene Stücke) mit Mimolette-Käse und Getreide ist wieder cremig-suppenartig und unser nächster Favorit. Weiter geht’s mit Lammrücken und Rharbarber, Dill und Anchovie, ein gelungener Cross-over zwischen Herzigs alter und neuer Heimat.
Nachspeisen - leider nein
Jetzt kommt der härteste Teil des Abends: Käse und Nachspeisen, nochmals sechs verschiedene Kreationen, mussten wir leider auslassen. Weil „Fastenzeit“ (ja eh, wir haben bis dahin sündig geschlemmt), weil bis dahin alles wunderbar, weil nicht immer alles geht.
Die Weine, umsichtig ausgewählt von Jungsommelier Johann Artner (früher Steirereck) kommen aus allen Ecken der Welt, viele aus Frankreich, aber auch Heimisches wird serviert, etwa der wunderbare Weißwein vom Tegernseerhof in der Wachau. Mit dem Sommelier ist ein junger Könner am Werk – so wie auch die anderen Teammitglieder die vom Gastro-Paar von den Top-Adressen Wiens rekrutiert wurden.
Essen/Trinken: ***** (5/5)
Wird den hohen Erwartungen gerecht: Kunstwerke am Teller, geschmacklich überraschend und überwältigend. Kocht man garantiert nicht zu Hause.
Service: ** (5/5)
Proaktiv und zuvorkommend. Total nett.
Ambiente: **** (5/5)
Trendig, ohne aufdringlich zu sein. Lokal überschaubar groß, deshalb sehr persönlich.
Preise: Hoch. Adresse: Herzig, Schanzstraße 14, 1150 Wien. Tel.: +43 664 1150 300. www.restaurant-herzig.at
- Autorin und Testerin: Sandra Baierl
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Zu Gast im Kitcha: Ein Kontinent auf dem Tisch
Im Kitcha in Wien zeigen die früheren Food-Truck-Betreiber, wie Fusionsküche aus Asien auf höchstem Level funktioniert.
Skepsis. Die schleicht sich beim Wort Fusionsküche regelmäßig ein. Brauchen wir wirklich eine Melange am Teller, die sich über Traditionelles aus einzelnen Länder hinwegsetzt? Nach dem Besuch von „Kitcha – Sticks and Rolls“ steht fest: Wir brauchen! Der gemischte Tappas-Teller kommt mit würzigen Edamame-Bohnen, frittierten Süßkartoffeln, Wan Tans und weiteren Köstlichkeiten daher. Die japanischen „Rolls“ bestechen bei jedem Bissen: Mal wegen der Safran-Fäden, dann wegen dem Klecks Avocado-Sauce, schließlich wegen des scharfen Thunfischs. Das koreanische Crispy Chili Chicken übertrifft alles bisher Gekostete aus Korea.
Essen/Trinken: ***** (5/5)
Raffiniert und liebevoll. Fleisch und Fisch werden von einem echten Robata-Grill geküsst.
Service: ** (2/5)
Die Kellner sind leider etwas verträumt.
Ambiente: **** (4/5)
Schummriges Licht, Gäste von nah und fern, immer sehr voll, Reservieren ist ein Muss.
Preise: Mittel. Zu finden sind all diese Landespezialitäten von einem ganzen Kontinent im ersten Bezirk in Wien, Vorlaufstraße 2. Tel.: 01/9926703, www.kitcha.at
- Autorin und Testerin: Magdalena Vachova