Ein Leben lang AUA
Von Sandra Baierl
Es ist eine Karriere, wie es sie heute fast nicht mehr gibt. Heinz Lachinger ist seit 27 Jahren bei der österreichischen Fluglinie Austrian (AUA). Der CFO ist erst 49, hat sieben CEOs überlebt, zwei Fastpleiten, die Privatisierung, Streiks, die Übernahme durch die Lufthansa 2009. Jetzt hat er gerade eingekauft: siebzehn Embraer-Flugzeuge. Gleichzeitig hat er die Fokker-Flotte nach Australien verkauft.
KURIER: Embraer – wieder eine neue Flugzeugmarke. Ein Taxiunternehmer setzt auf nur einen Autotyp, warum nicht Sie?
Heinz Lachinger: Die Marke ist sekundär. Es geht um Flottenkosten und Passagierkapazität. Die Option hat sich kurzfristig innerhalb der Lufthansa ergeben. Wir haben rasch zugegriffen.
Weil Sie zugreifen mussten?
Wir durften. Wir haben die Flugzeuge aus dem Cashflow finanziert. Das zeigt, wo wir stehen. Vor ein paar Jahren hätten wir uns das nicht leisten können.
Wie haben Sie bei der AUA sieben CEOs überlebt?
Das kann ich nicht sagen. Ich hatte nie vor, lange zu bleiben. Aber mir war hier nie langweilig. Als Finanzvorstand müsste man drei Mal das Unternehmen wechseln, um zu erleben, was wir durchgemacht haben.
Im Zuge von Übernahmen geht üblicherweise der Finanzchef als erstes. Warum nicht Sie?
Ehrlich gesagt: ich musste damit rechnen. Es macht mich stolz, dass das nicht passiert ist.
Sie bezeichnen die Turbulenzen der AUA als "nicht langweilig". Für andere wäre so etwas unerträglich.
Die Branche ist extrem sexy, interessant, zyklisch. Unser Geschäft ist fast nicht planbar. Das muss man mögen.
A Smile in the Sky war einst Werbespruch der AUA. Wann ist Ihnen in 27 Jahren das Lachen vergangen?
Der Verkaufsprozess war eine Herausforderung. Mit Interessenten zu sprechen, während sich die Finanzkrise entfaltet hat, war schwierig. Die Treibstoffpreise waren auf höchstem Niveau, unsere Liquidität schwach.
Wie agieren Sie, wenn’s besonders schwierig wird?
Ich beobachte die Liquidität. Es zählt der Cash-Flow, um den Flugbetrieb aufrecht halten zu können. Die Branche hat die härtesten Lieferanten, die muss man bezahlen. Zudem sind alle Flugzeuge in der Bilanz, die gehören uns, da muss man den Finanzierungen nachkommen.
War Ihr Weg zum CFO geplant?
Alle Jobs innerhalb der AUA waren gewollt, meine heutige Position ist trotzdem Zufall.
Sie waren nie am Absprung?
Es gab Überlegungen, es gab Angebote. Aber es hat mich hier immer mehr interessiert.
Welche Kennzahl schauen Sie sich jeden Tag an?
Täglich in diesen Zeiten eigentlich nichts mehr. Wöchentlich den Cashflow, Ertragszahlen, Buchungszahlen.
Die AUA verbindet man mit Sicherheit und Heimatgefühl. Was kann der CFO tun, damit das auch in Zeiten der Kostenreduktion bleibt?
Wir haben massiv redimensioniert, sind um ein Viertel kleiner geworden. Das Problem: Beim Personalabbau gehen nicht immer die schlechtesten Leute. Ich glaube, wir konnten die Richtigen halten. Es gibt einen hohen Identifikationsgrad mit dem Unternehmen – ohne den kriegen Sie so etwas nicht hin.
Lufthansa/AUA ist eine Mutter-Tochter-Beziehung. Wo steht diese Beziehung heute?
Wir sind adoptiert, das war anfangs schwierig. Heute sind wir anerkanntes Familienmitglied, aus dem hässlichen Entlein ist ein passabler Schwan geworden. Man anerkennt, dass uns der Turnaround gelungen ist. Wir werden heuer zum dritten Mal und das erste Mal in relevanter Größenordnung positive Ergebnisse haben.
Wie oft müssen Sie nach Frankfurt?
Drei Mal im Monat. Mittlerweile macht es Spaß, weil wir Gutes berichten können.
Was ist Ihre wichtigste Fähigkeit als Finanzvorstand?
Sie müssen motivieren und sinnstiftend erklären können, was gerade abläuft und wo der Beitrag des Einzelnen ist. Man muss auch ein guter Krisenmanager sein.
Wie viele Mitarbeiter haben Sie?
80. Wir waren auch schon mehr. Das Headcount-Zählen ist aber eine Krankheit. Sie könnten heute mit Null Mitarbeitern arbeiten, können alles auslagern, das macht nichts besser. Personalstandzählen ist ein Beitrag zur Eitelkeit, sonst nichts.
Sind Sie in Ihrer Karriere je nach Ihrem Parteibuch gefragt worden?
Nein.
Was kommt in Ihrer Karriere in den nächsten 16 Jahren?
Wir planen finanziell drei Jahre voraus, alles andere macht keinen Sinn. Wenn Sie mich fragen, was Heinz Lachinger in drei Jahren macht, sage ich: Er ist immer noch CFO in einem Unternehmen, das Gewinne abwirft.
Wird man künftig mit Servus oder dem deutschen Tschüss im Flugzeug verabschiedet?
Ich verfechte "Servus". Deshalb steht das jetzt auch auf den Flugzeugbäuchen.
Der Wiener, geboren 1967, stieg 1988 bei Austrian ein. Parallel schloss er 1999 sein Wirtschaftswissenschafts-Studium an der Fernuni Hagen ab, 2007 den MBA an der Executive Academy der WU Wien. Bei Austrian übernahm Heinz Lachinger 1997 Controlling & Sales, 1999 das Pünktlichkeitsmanagement, gleich darauf die Leitung Controlling, Einsatzplanung und Ressourcenplanung. 2001 übernahm Lachinger das Konzerncontrolling, 2002 wurde er Vice President für Controlling & Accounting betraut. Ab 2008 verantwortete er zusätzlich die Bereiche Procurement, Treasury, Asset Management, Versicherungen, Beteiligungsverwaltung und Risikomanagement. Seit Jänner 2010 gehört er als Chief Financial Officer (CFO) dem erweiterten Vorstand an.