Wirtschaft/Karriere

Die Welt im Bauchladen

Sie fährt  mit dem Zug, borgt sich Fahrräder aus. Isst gerne, wie sie sagt.    Sie trägt  fair produzierte Kleidung von Göttin des Glücks.   So weit, so stimmig. Selten aber auch nicht so fair produzierte von H&M.  Ein Widerspruch? Nicht unbedingt. Gudrun Danter steht für eine  neue Generation der Bewussten: Sie tadelt nicht, sie lernt.

KURIER: Sie sind erst 32 Jahre alt  und haben im September die ARGE Weltläden übernommen. Wie kommen Sie an?

Gudrun Danter: Es ist alles sehr spannend. Viele Begegnungen, sehr intensiv. Es ist eine    Verantwortung. Ich stehe einfach wirklich hinter dem Fairen Handel, ich  vertrete die Werte, so fülle ich die  Funktion mit Leben. Man kann nie alles  wissen.

Haben Sie ein neues Team um sich?

Durch den Umzug von Feldkirch nach Innsbruck sind wir großteils  ein neues Team: Neu sind der Verkaufsberater für Mitte West, die Buchhaltungsmitarbeiterin, die Kollegin aus dem  Marketing und ich.

Wie wurde der Wechsel wahrgenommen?
Es gab eine lange Vorbereitung.  Meine  Vorgängerin  Barbara  Kofler  ist nach 30 Jahren in Pension gegangen.  Sie war eine Pionierin der Fairen Handelsbewegung.  Wir hatten eine tolle Übergabe und ich darf immer noch nachfragen. Sie sagt immer: „Gudrun, du machst das gut. Du hast   deinen eigenen Weg und Stil.“ Das tut gut.

Wie kommt es, dass Sie sich für das Thema  Fairer Handel  interessieren?
Die politische Sozialisierung habe ich von meinen Eltern bekommen. Sie sind politisch  sehr interessiert. Mein Vater war politisch  aktiv. Aber er hatte immer eine andere Ausrichtung als ich. Wir haben  viel diskutiert. Für mich war immer der gesellschaftliche Aspekt von  Politik  interessant: Wie kann man mit Politik die Gesellschaft verändern?   Die Arbeit bei  INTERSOL, einem Verein  zur Förderung internationaler Solidarität, war prägend für mich.  Wir haben stark auf Augenhöhe mit den Projektpartnern in Asien, in Mittel- und Südamerika zusammengearbeitet. Dann bekommt man ganz viel mit, was Globalisierung wirklich heißt.

Haben Sie ein konkretes Beispiel?
Ich habe mich  stark mit  Bergbau in  Bolivien befasst und welche sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen der Abbau hat. Der Reichtum hat an diesen Orten immer Armut hervorgebracht. Weil der  Reichtum exportiert wird.  Die Erzaufbereitungsanlagen  sind   noch in örtlichen  Händen, exportiert wird von   internationalen Konzernen. Aber auch die örtlichen Besitzer der  Bergbaugesellschaften investieren das Geld nicht vor Ort, sondern gehen in Gegenden, wo sie besser leben können. Da kommt man an den  Punkt sich zu fragen, was ist  Gerechtigkeit, was   Ungerechtigkeit und wie profitieren wir davon?

Was heißt Gerechtigkeit für Sie?
Jemand, der auf der  ersten Stufe der Produktionskette sitzt, soll von dem Preis  die Produktionskosten decken können, sein Leben und im besten Fall noch gemeinschaftliche Projekte abgelten können.   Das ist Gerechtigkeit  den Preis betreffend  und zeigt  Wertschätzung gegenüber dem Menschen.


Mit welchen Gedanken gehen Sie zu Bett?

Ich mache ganz gerne eine Tagesbilanz. Was ist gut gelaufen, wo haben wir noch Bedarf. Meistens enden meine Tage sehr spät.
Stört es Sie,  wenn  Sie  ins Öko-Eck gestellt werden?
Wenn man ökologisch bewusst  und  nachhaltig lebt und dann ins Öko-Eck gestellt wird, nehme ich das  als Kompliment.

Macht es Sie mürbe, wenn Menschen  die Zusammenhänge  nicht verstehen?
Ich glaube da braucht man aktive Gelassenheit. Es geht darum zu informieren. Wenn man  eine Gedankenschleife mit den Menschen geht, ihnen ein paar  Punkte erklärt, ihnen Bilder gibt, dann verstehen sie auch. Jedes Jahr haben wir eine große Informationskampagne und einen Weltladen-Tag. Und wir haben politische Forderungen.

Werden Sie damit ernst genommen?
Politisch gesehen werfen wir uns nicht auf eine Partei. Es ist eine Gerechtigkeitsfrage, das kommt bei allen  vor. Im Gros der Bevölkerung wird unsere Arbeit geschätzt. Ich glaube die Menschen  haben  ein gutes Gespür, auf der anderen Seite hat der bewusste Konsum durch die Vielfalt abgenommen. Man soll sich  nie der Illusion hingeben, dass man alle Menschen erreicht.