Die Master-Frage
Vor 15 Jahren war das Studentenleben einfach. Man entschied sich entweder für ein Diplomstudium oder ließ es bleiben. Seit der Bologna-Erklärung 1999 und dem Einzug von Bachelor- und Master-Abschlüssen an den Hochschulen hat man nach rund drei Jahren Studium die Wahl: Weiterlernen oder nicht?
85 Prozent der Bachelor-Absolventen entscheiden sich spätestens zwei Jahre nach ihrem Abschluss doch noch, einen Master dranzuhängen.
5 Gründe: Tu es!
1. Auf ins Ausland Wer weiterstudieren will, aber keine Lust mehr auf weitere Jahre der Uni-Routine hat, geht ins Ausland. Die Reise kann in die ganze Welt führen, in Europa geht das Weiterstudieren allerdings am einfachsten. Die meisten Bildungseinrichtungen beteiligen sich am Erasmus-Programm, das die Vergleich- und Kombinierbarkeit der Studiengänge gewährleistet. Österreich liegt mit der Reiselust ihrer Studierenden auf Platz fünf in Europa, im vergangenen Studienjahr gingen 5700 Studierende zum Lernen in die Ferne. Der angenehme Nebeneffekt am Master-Abschluss im Ausland: neue Sprache, neue Kultur, neue Bekanntschaften, neue Perspektiven. Zudem mögen Personalisten Auslandsaufenthalte im Lebenslauf. Diese beweisen Eigenständigkeit und Wissensdurst.
2. Kein Master, kein Job Obwohl Arbeitgeber gute Miene zum Bachelor machen, können sie ihre Augen nicht vor der Qualifikation derjenigen Absolventen verschließen, die fünf statt nur drei Jahre in ihre Ausbildung investiert haben. Besonders, wer seinen Traumberuf in der Technik, der Medizin, der Forschung oder den Rechtswissenschaften sieht, muss weiterlernen. Zum Teil werden diese Studien immer noch als Diplomstudium angeboten. Wenn zudem eine Promotion für den Traumjob erforderlich ist, wie es meist in den Naturwissenschaften der Fall ist, kommt man um den Master schon gar nicht herum.
3. Es gibt mehr Geld Das durchschnittliche Einstiegsgehalt eines Master-Absolventen beträgt 38.400 Euro brutto im Jahr. Das sind um 4500 Euro mehr, als ein Bachelor bekommt, zeigt die 2014 Kienbaum-Studie zur Vergütung der Absolventen in Österreich. In wirtschaftlichen Berufen, so die neueste Studie des ÖPWZ, verdienen Master-Absolventen rund 200 bis 300 Euro brutto mehr im Monat als Bachelor. Der Master-Abschluss an sich unterscheidet sich aber auch in der Entlohnung: Ein Uni-Absolvent arbeitet im Schnitt für 100 Euro brutto mehr im Monat als ein FH-Absolvent.
4. Neue Vertiefung Der Bachelor dient zum Erlangen einer breiten Wissensbasis, mit dem Master-Abschluss wird man Spezialist. Wer weiterlernen und sich vertiefen will, hat viele Möglichkeiten. Mit genügend ECTS-Punkten kann man auch in eine andere Fachrichtung wechseln.
5. Lernen und arbeiten Beim Master muss man nicht zwangsläufig aufs Einkommen verzichten. Besonders Motivierte machen ihn berufsbegleitend und schlagen zwei Fliegen mit einer Klappe: Sie setzen die an der Uni gelernte Theorie gleich in die Praxis um und haben gleichzeitig einen Titel in der Tasche. Das Privatleben steht für die Dauer des Studiums allerdings hinten an.
5 Gründe: Lass es!
Ist keinen Master zu haben wirklich ein Desaster? Im Studienjahr 2011/2012 überholten die Bachelor-Absolventen an heimischen Unis und FHs erstmals Absolventen des Diplom-Studiums. Ihre Akzeptanz am Arbeitsmarkt wächst. Und obwohl in der österreichischen Gesellschaft viel Wert auf das Kürzel vor oder hinter dem Namen gelegt wird, legen Personalisten ihren Fokus auf das Engagement der Bewerber. Das ist auch, was die Bologna-Reform versprochen hat. Viele Bachelor-Absolventen fragen sich daher, warum sie noch weiterlernen müssen. Müssen sie nicht. Die top fünf Gründe gegen einen Master:
1. Erwartungen drängen Den Bachelor in der Tasche, jetzt geht es gleich an das Master-Studium, nicht? Nicht unbedingt. Die Erwartungshaltungen von Eltern, Freunden und Kollegen können zur falschen Entscheidung drängen. Viele Absolventen stehen unter Druck, wollen nicht enttäuschen. Obwohl die Ausbildung mit dem BA- und MA-System ganz individuell zusammenstellbar ist, haben viele Angst, genau dadurch aus der Reihe zu tanzen und sich ihre berufliche Zukunft zu verspielen. Dabei sind es gerade die kantigen und mutigen Lebensläufe, die Personalverantwortliche beeindrucken.
2. Es gibt früher Geld Während Studierende, die sich für ein reguläres Master-Studium entscheiden, noch mindestens zwei weitere Jahre auf Praktika, Nebenjobs und Taschengeld angewiesen sind, können Bachelor-Absolventen bereits Geld verdienen. Laut der 2014 Kienbaum-Studie zur Vergütung der Absolventen entgehen Master-Studierenden so rund 34.000 Euro brutto im Jahr. Diesen Vorsprung gilt es erstmal einzuarbeiten. Bei der Jobsuche sind sie nicht benachteiligt. Laut der Uni-Wien-Karriereberatung Uniport und Statistik Austria finden Bachelor-Absolventen, so wie andere Akademiker auch, ihren Job nach durchschnittlich zweieinhalb Monaten.
3. Erstmal um die Welt Einerseits sind sie reif für den Arbeitsmarkt, andererseits kann man Bachelor-Absolventen nicht einen gewissen Welpenstatus absprechen. Viele brauchen Zeit, um sich zu finden. Weiß man noch nicht, wohin die Reise nach dem Abschluss gehen soll, könnte man ja erstmal um die Welt fahren? Oder eine außeruniversitäre Weiterbildung machen? Oder doch schon in den ersten Job reinschnuppern? Noch hat man keine Verpflichtungen und genießt gewisse Narrenfreiheit. Die sollte man nutzen. Das Gute: Der Master rennt einem nicht weg, er kann jederzeit später nachgemacht werden.
4. Der Erfolg ist schon da Haben Bachelor-Absolventen das Zeug zu einem zweiten Richard Branson oder Bill Gates (beide Studienabbrecher) oder verdienen sie bereits viel Geld mit ihrer spektakulären Idee zur Rettung der Welt, müssen sie keinen Master mehr machen. Viele bekommen nach ihrem Pflicht-Praktikum im Studium dank ihrer überzeugenden Leistung eine Stelle angeboten – das ist auch eine Überlegung wert.
5. Umorientierung wagen Es braucht kein Studium nur um des Titels willen. Wer im Studium draufkommt, ihm liegt die praktische Arbeit mehr als die Theorie, muss sich nicht weiter quälen. Wer sich also lieber um Tiere kümmert oder an Autos schraubt, anstatt darüber zu schreiben, soll das tun.