Wirtschaft/Karriere

Die digitale Kluft wird größer

Volles Klassenzimmer in der Hauptschule in Alpbach. Im Publikum rund 50 Gäste aus nah und fern. Es fällt auf: Alpbach ist jünger geworden, die 700 Stipendiaten, die hier ihren Sommer verbringen, sind sichtbar, engagieren sich mit Wortmeldungen und lebendiger Diskussion in den Arbeitskreisen.

An diesem Mittwoch am Podium: Staatssekretär Harald Mahrer, Valerie Höllinger, Geschäftsführerin des bfi, AMS-Chef Johannes Kopf, ORF-Finanzboss Richard Grasl und Peter Hermann, Manager bei Microsoft Österreich. Sie diskutieren über die "digitale Kluft", die entsteht, weil es in der Bevölkerung Unterschiede in der Nutzung von Technologien gibt.

Im Vorfeld sagte dazu Viviane Reding, Mitglied des Europäischen Parlaments: "In Sachen fester und mobiler Internetversorgung liegt die Europäische Union im Rückstand. Es führt Asien. Die USA liegen auf Rang 8. EU-Staaten kommen in der Top-10-Liste gar nicht vor. Die ersten Europäer sind Norweger und die sind noch nicht einmal in der EU. Wir haben ein Problem!" Europa sei ein innovativer Kontinent, würde aber die Forschungsergebnisse nicht schnell genug zur Marktreife bringen. Im IT-Bereich würden europäische Ideen zumeist am Aufskalieren scheitern. Europäische Start-ups schafften es nicht, die Größe des gesamten europäischen Marktes zu nutzen, um zu potenziellen Global Player zu werden: zu viele Barrieren hinderten sie daran.

Im Umbruch

Für Harald Mahrer "befinden wir uns in Umbruchszeiten der Sonderklasse. Das Internet und die Digitalisierung sind die größte disruptive Technologie, die es je gab". Dabei sei es keine Frage, ob die digitale Transformation kommt – "sie ist schon da", so Mahrer.

Valerie Höllinger verweist auf die Omnipräsenz des Internets. "Informationen werden überall zur Verfügung gestellt, gleichzeitig ist die Digitalkompetenz der Menschen sehr gering ausgeprägt." Das digitale Zeitalter bringe laut Höllinger keine Gleichheit, ganz im Gegenteil, die Ungleichheit wird größer: "Die, die jetzt schon damit umgehen können, werden davon profitieren, bildungsferne Schichten nicht, weil sie mit dem verfügbaren Wissen und den Möglichkeiten nicht umgehen können."

Laut Arbeitsmarkt-Experten Johannes Kopf "gibt es viele Studien, die sagen, dass durch die Digitalisierung die Jobs weniger werden. Ich glaube das nicht. Seit einer Ewigkeit glauben die Menschen, Technologie wird sie ersetzen. Arbeitsplätze gab und gibt es über die Jahrhunderte betrachtet aber immer mehr."

Richard Grasl sprach über den enormen digitalen Umbruch in der Medienbranche. "Trotzdem haben wir in unseren linearen TV-Programmen ungefähr 99 Prozent der Gesamtnutzung, nur ein Prozent der Zuseher konsumiert über das Internet." Klar sei, dass man das Fernsehen verändern müsse. "Es geht aber nicht darum, etwas zu verbessern, sondern die Dinge völlig neu zu denken." Weshalb der ORF eine Start-up-Initiative starten wird.

Peter Hermann sieht die vier technischen Megatrends in Mobile, Cloud, Big Data und Social. Die Unternehmen müssten ihre Strategien laufend anpassen, "das alles passiert in einem unglaublich schnellen Tempo."

Einig waren sich die Podiumsgäste, dass die digitale Kluft nur durch Bildung und Ausbildung verringert werden kann. "Die Verbesserung der Technologie ist keine Verschlechterung der gesamten Situation", sagt Johannes Kopf, "die Technologie muss aber von den Menschen genutzt werden können." Drei Gruppen sind laut Valerie Höllinger besonders abgeschlagen, wenn es um die Nutzung neuer Technologien geht: bildungsferne Menschen, Migranten und Ältere. "Da muss man niederschwellig ansetzen, ausbilden", so Höllinger.

Die besten Bilder: