Wirtschaft/Karriere

Der Olympia-Kaplan

Pater Johannes Paul will „einfach da sein“, wenn die heimischen Sportler bei den anstehenden Olympischen Winterspielen und den Paralympics in Sotschi einen Rat, Halt oder Verständnis brauchen.

Warum braucht es bei den Olympischen Spielen einen Seelsorger?

Für die Sportler sind die Olympischen Spiele eine ganz außergewöhnliche Situation. Viele haben ein ganzes Leben darauf hingearbeitet. Unter diesem extremen Druck, bei dem sie an ihre Grenzen – und darüber hinaus – gehen, ist es gut, wenn jemand dort ist, mit dem sie reden können. Jemand, der sie nicht danach beurteilt, ob sie den ersten oder zweiten Platz gemacht haben.

Wie kam es zum Auftrag ?

Pater Bernhard Maier hat die Seelsorge seit 1984 mit großer Leidenschaft gemacht. Er hat erst die Sensibilität dafür entwickelt, dass es so etwas braucht, dass so etwas wichtig ist. Er fühlte sich dem Ganzen aufgrund seines Alters nicht mehr gewachsen und wollte es in jüngere Hände geben.

Wie wird Ihre Arbeit in Sotschi ablaufen?

Ein Priester ist immer im Dienst, es gibt keine Arbeitszeiten. Ich werde Gottesdienste feiern und einfach da sein. Ein Konzept habe ich und brauche ich nicht, es muss Platz für Offenheit und Spontanität sein. Aus Erfahrung meines Vorgängers weiß ich, dass das von den Sportlern sehr gut angenommen wird.

320 Sportler, Ärzte, Trainer und Betreuer fahren nach Sotschi. Haben Sie für alle ein offenes Ohr?

Ja, ich bin für alle da. Als Priester und Seelsorger bin ich grundsätzlich für alle Menschen da, ich frage sie vorher nicht nach dem Taufschein. Ich will mit ihnen sprechen, ihnen zuhören und Vertrauen aufbauen. Dann wird man sehen, in welche Richtung sich die Seelsorge entwickeln wird.

Wie bereiten Sie sich vor?

Ich habe einige Bücher über den Sport und die Sportseelsorge gelesen. Und ich bete, dass alles gut wird.

Mit welchen Gefühlen haben es Sportler in so einem Wettkampf zu tun?

Auf diese Frage kann ich keine Antwort geben. Auch nach Sotschi nicht. Das ist vertraulich.

Wie schalten Sie ab, wenn Ihnen die Arbeit als Seelsorger zu nahe kommt?

Mir ist wichtig, das Gehörte in mein Gebet hineinzunehmen. Oft reife ich selbst daran, kann meinen Horizont erweitern. Den Menschen, die mir Nöte erzählen, versuche ich, Hoffnung zu geben. Ich bin in Gesprächen aber auch oft mit sehr schönen Dingen konfrontiert.

Drei Eigenschaften, ohne die Ihre Arbeit so nicht machbar wäre?Unkompliziert, offen und menschlich sein. In Sotschi bin ich kein anderer Mensch, als ich hier bin.

Was konnten Sie von Ihrem Vorgänger Pater Bernhard Maier lernen?

Er hat sehr viel positive Stimmung für mich gemacht, hat mir von seinen Erfahrungen erzählt, mich ermutigt mit meiner Art offen in die Sache hineinzugehen.

Worauf freuen Sie sich?

Darauf, die Sportler und Sportlerinnen kennenzulernen.

Worauf nicht so?Ich hoffe, dass die Spiele sicher und fair ablaufen.

Wird Ihr Engagement entlohnt?Nicht mit Geld. Ich kriege eine Aufwandsentschädigung. Aber Priester ist man mit Herz und Leidenschaft, nicht wegen des Geldes.

Welchen Rat haben Sie für die Olympioniken?

Sei ein Mensch und hab’ keine Angst. Und: Ein kleines Stoßgebet kurz vor dem Start.

Lebenslauf

Pater Johannes Paul Chavanne wurde 1983 in Wien geboren. Nach seiner Matura und dem Präsenzdienst arbeitete er beim Grünen Kreuz, engagierte sich bei einem Straßenkinderprojekt in Indien und studierte dann Rechtswissenschaften an der Uni Wien.

Heiligenkreuz 2006 trat er in das Zisterzienserstift ein und absolvierte dort sein Theologiestudium. Gemeinsam mit dem Männerchor des Stifts war er mit dem Album „Chant“ 2008 an der Spitze der Albumcharts. 2013 wurde er zum Priester geweiht. Im Stift ist er u. a. für die Jugend- und Öffentlichkeitsarbeit zuständig, er ist auch Kaplan der Pfarre Würflach.

Seelsorge in Zahlen

320 Personenreisen als Olympia-Mannschaft nach Sotschi.

Seit 20 Jahren werden die heimischen Sportler von einem Seelsorger betreut.