Wirtschaft/Karriere

Chef, ich bin dann mal fort

Plötzlich ist dieses Gefühl da: Man verpasst etwas. Die Zeit zieht in Form von Arbeitstagen an einem vorbei, die Themen am To-do-Zettel des Lebens bleiben unerledigt: Endlich alle Tolstoi-Romane lesen, Mandarin lernen, einen Road-Trip durch die USA machen, das Wochenendhaus umbauen – all das hatte man einmal vor.

Das aus dem Jüdischen stammende Wort Sabbatical steht dafür, worüber sich viele Menschen Gedanken machen: Die Arbeitswelt auf Pause zu schalten. Sich auf sich selbst zu besinnen, um auch noch in Zukunft mit dem überschnellen Arbeitstempo mithalten zu können. Die Akzeptanz für das Thema nimmt unter Arbeitgebern zu. Sie wissen mittlerweile: Sabbaticals und Bildungskarenzen zu ermöglichen, macht als Arbeitgeber attraktiv. Vielen Arbeitnehmern fehlt es aber an Entschlossenheit, die Möglichkeit zu nutzen. Sechs Gründe, sich zu trauen:

1. Man lernt nie aus

Einmal im Hamsterrad der Arbeit, kommt man schwer wieder raus. Man arrangiert sich gut mit dem Job und nutzt die freie Zeit zur Erholung – das lebenslange Lernen bleibt dabei auf der Strecke. Sabbaticals eignen sich aufgrund der lang anberaumten freien Zeit für eine zusätzliche Ausbildung, für neue Kurse, das Fertigmachen des Uni-Abschlusses oder für eine Sprachreise.

2. Sie sind nicht unverzichtbar

Herauszufinden, dass Ihre Firma auch ohne Sie überleben kann, kann im ersten Moment schmerzen. Im zweiten aber entlastet es. Sie dürfen gehen. Sie sollen abschalten. Ist die Vereinbarung über ein Sabbatical einmal getroffen, steht Ihr Leben im Vordergrund – der Arbeitgeber wird sich mit Ihrer Abwesenheit schon arrangieren.

3. Es braucht Role Models

Wenn Sie jemanden kennen, der ein Sabbatical gemacht hat, gehören Sie zu einer Minderheit. Die berufliche Auszeit haben viele nicht am Radar, weshalb auch viele Mythen auf dem Thema haften.

4. Wagen Sie das Abenteuer

Es muss nicht immer die Weiterbildung sein. Schließlich darf man im Leben auch noch was erleben. Bereichern Sie es um Erlebnisse der lang ersehnten Rucksack-Reise durch Myanmar oder einem anderen Wunsch, den Sie bisher stets aufgeschoben haben.

5. Dem steigenden Druck einen Riegel vorschieben

"Es gibt Wichtigeres im Leben, als beständig dessen Geschwindigkeit zu erhöhen", sagt Gandhi. Dass die Arbeitswelt in den vergangenen Jahren mächtig an Tempo zugelegt hat, ist wohl niemandem entgangen. Noch ist unsere Gesellschaft am Herausfinden, wie sie damit umgehen soll. Fakt ist: So arbeiten wie bisher, wird nicht mehr funktionieren. In Österreich finden 67 Prozent der Menschen keine Balance mehr zwischen ihrem Berufs- und Privatleben. Psychische Probleme und Depressionen können die Folge sein.

6. Abstand gewinnen, Status quo beurteilen

Wer nie stehen bleibt, weiß auch nicht, wohin er geht. Wann haben Sie sich das letzte Mal in Ruhe auf Ihre Karriere, Ihre Träume und Ihre Ziele besinnt? Machen Sie immer noch das, was Sie früher einmal werden wollten? Wenn nicht: Wird es nicht Zeit, das zu ändern?

Eine längere Freistellung von der Arbeitspflicht – ohne das Arbeitsverhältnis zu beenden – kann in Österreich auf zwei Arten erfolgen: Entweder „urlauben“ Mitarbeiter die Zeit ab, die sie davor zu viel gearbeitet haben, oder sie verzichten über einen längeren Zeitraum auf einen Teil des Gehalts, um dieses „Entgeltguthaben“ dann in ihrem Sabbatical zu erhalten. Sie können auch in Bildungsteilzeit gehen – hier reduziert sich Arbeitszeit und Gehalt, das AMS steuert eine anteilsmäßige Ausgleichszahlung bei. Prinzipiell sind Sabbaticals Vereinbarungs-Sache zwischen Chefs und Angestellten: Arbeitnehmer haben keinen Rechtsanspruch, sie können auch nicht dazu gezwungen werden. Damit Sabbaticals gelingen, sollten alle Konditionen transparent gemacht werden. Es ist zu klären: Kann der Mitarbeiter überhaupt eine längere Auszeit nehmen? Kann man ihn vertreten? Von wem? Jeder Mitarbeiter sollte jedenfalls eine Einzelvereinbarung über den Zeitraum der Auszeit, die Reduktion des Entgelts, die Regelung für den Fall einer Erkrankung und die Wiedereingliederung schließen.