Wirtschaft/Karriere

Bei Google: "Ich habe die Chancen gesehen"

KURIER: Google Österreich feiert heuer zehn Jahre, Sie haben es damals gegründet.

Karl Pall: Es war eine einmalige Chance im Leben. Ich hatte ein absolutes Start-up-Feeling, hatte damals weder Kunden, noch Mitarbeiter, noch Büro. Ich hatte gerade einmal ein bisschen Wissen über das, was Google so macht (lacht). Einige haben damals gesagt, das sei ja kein Job, ich solle doch was Anständiges machen. Man hat vor zehn Jahren noch nicht wirklich verstanden, was die Geschäftsmodelle sind.

Sie haben die Geschäftsmodelle gesehen?

Ich habe die Chancen gesehen. Das Interessante war das Neue, die Innovationskraft, die dahinterstand.

Sie waren fünf Jahre Country Manager bei Google Österreich, wechselten dann zu Google Kanada als Vertriebsmanager. Warum?

Wenn sich in einem globalen Unternehmen die Möglichkeit ergibt, in einem anderen Land Ähnliches zu tun, macht man das. In Kanada gab es einen Country Manager mit viel mehr Google-Erfahrung als ich, da konnte ich mit meiner Start-up-Erfahrung gut zur Seite stehen. Es gibt bei uns aber auch nicht die Rolle des klassischen Vertriebsmanagers, Google ist dafür einfach viel zu komplex. Wenn ich heute mit meinen Kunden spreche, ist es eher holistisch. Auf meiner Visitenkarte in Kanada stand "Solutionist". Das sagt schon viel.

Sie haben Toronto bald wieder verlassen, sind jetzt Director Brand Solutions DACH in Hamburg. Wie wichtig ist internationale Erfahrung?

Es wird gutgeheißen, wenn man etwas anderes macht. Zwei meiner Mitarbeiter sind gerade auf Rotation, eine im Silicon Valley, der andere in Großbritannien. Das habe ich auch forciert. Mir ist wichtig, über meinen eigenen Aufgabenbereich hinauszudenken. Aber als Manager ist es nicht so einfach, gute Mitarbeiter für ein halbes Jahr gehen zu lassen.

Gibt es eine typische Google-Karriere?

Nein. Dafür gibt es uns vielleicht noch nicht lang genug. Ich habe es hier mit sehr wissbegierigen, innovativen Menschen zu tun, die immer nach Veränderung suchen, sie als Chance sehen.

Bei Google wirkt die Arbeit wie Spaß. Wie ist das Arbeiten wirklich?

Es geht nicht darum, ob wir Spielräume und Feuerwehrrutschen haben oder unsere Besprechungsräume bunt sind. Es geht ausschließlich um die Menschen. Wenn ich mich irgendwo wohlfühle, gestalte ich gerne meine Umwelt. Am alten Standort von Google Zürich saßen die Ingenieure früher im Keller. Sie waren es, die gesagt haben, wie sie sich das neue Büro wünschen.

Die Ingenieure haben sich einen Aquarium-Raum zum Schlafen gewünscht?

Genau. Man wollte einen Ruheraum, so sind die Dinge dann zusammengekommen.

Bei Google gibt es gratis Essen, Frisöre und Fitnesscenter. Es scheint, Mitarbeiter leben in einer Blase.

Ja, zum Glück. Sie haben zwei Möglichkeiten als Unternehmen: Entweder Sie haben das, oder Sie haben das nicht. Ob es was Negatives ist? Ich glaube nicht. Mitarbeiter machen sich nicht dadurch abhängig, dass sie in der Firma zur Massage gehen. Die Kritik daran ist nur der Neid (lacht).

Wie kommt man zu Google?

Die Grundvoraussetzungen fußen auf wenigen Säulen: Wie passt man in die Kultur? Wie setzt man seine Intelligenz ein? Leadership und Abschlüsse sind etwas ganz Wichtiges, das gilt fürs Management wie auch für Studenten.

Sie haben auch ungewöhnlichere Recruiting-Methoden: Ein Mathematiker suchte im Netz nach der Programmiersprache Python und wurde zu einem Google-Job-Test umgeleitet.

Ja. Das passiert nicht jeden Tag, aber es gibt interessante Möglichkeiten, kluge Köpfe zu kriegen. Am Ende des Tages ist es ein People-Business, wie überall anders auch. Beide Seiten müssen sich wohlfühlen. Ich hatte 14 Interviews, bevor ich bei Google unterschrieben habe. Das war sehr viel, aber es war richtig so. Nach jedem weiteren wusste ich: Das ist es.