Wirtschaft/Karriere

Aus fremd wird daheim

Es war kurz vor Silvester, als Angelica Schempp eine Wohnung in Wien bezog, die sie nur von Bildern aus eMails kannte. Die 32-Jährige kam alleine in eine fremde Stadt. In ein neues Land. Sie ließ Freunde und Familie in der Schweiz zurück und folgte der beruflichen Herausforderung, in Wien für vier Monate als Attaché bei der Ständigen Schweizer Delegation der OSZE zu arbeiten. Julia Mende und Jelena Milenovic griffen ihr beim Fußfassen in der Stadt unter die Arme.


Öffnen Tür und Tor

Julia Mende (30) und Jelena Milenovic Mende (33) machten sich die Unterstützung beim Einleben von ausländischen Arbeitskräften zum Beruf. „Wien ist unsere Stadt. Es gibt keine auf der Welt, die wir besser kennen“, sagen die Gründerinnen. Dieses Wissen um die Stadt wollen sie teilen. Rund 20.000 Expatriats leben derzeit in Wien, viele kämen beim Organisieren ihres Aufenthalts alleine zurecht. Andere wiederum würden nach Starthilfe fragen.

Wie diese aussieht, wissen Mende und Milenovic aus eigener Erfahrung. Beide lebten bereits in anderen Ländern, beide lernten dabei die bürokratischen und sozialen Hürden kennen. Zurück in Wien, entwickelte sich aus einer ursprünglichen Freundschafts-Leistung für Bekannte im Juni ihr Start-up. Ein halbes Jahr später betreut „Presup“ klassische Expats wie Manager und Ingenieure, Privatpersonen mit Familie oder aber auch (betuchtere) Studierende, die temporär nach Wien kommen.

Von den bisherigen Expat-Hilfsstellen heben sie sich mit einer besonderen Leistung ab: Sie gehen mit ihren Kunden mit. Zum Amt, zum Arzt oder zum Einkaufen. Sie unterstützen sie beim Übersetzen, Ausfüllen von Formularen, Verhandeln und bemühen sich um rasche Abwicklung. Das können sie zusammen in acht Sprachen.


Wünsche in Wien

„Behördengänge zu erledigen, und eine geeignete Unterkunft zu finden ist zu Beginn das Wichtigste“, sagt Mende. Oft wollen die Kunden nach den ersten erbrachten Leistungen aber bleiben und weitere Bereiche ihres Lebens, abseits der Arbeit, von Presup organisiert wissen. Sie haben die unterschiedlichsten Anliegen. Angelica Schempp etwa sehnte sich nach gutem Brot, wie daheim in der Schweiz. Ein anderer Expat bestellte im Café Landtmann einen Coffee to go – bekam aber bloß einen Coffee to stay.


Nicht alle Kunden würden jedoch offen sagen, was sie sich in Wien wünschen. Hier ist initiatives Handel der Presup-Gründerinnen angesagt. Sie geben Restaurant-Tipps, organisieren Schulplätze für die Kinder, finden passende Bankkonten und Telefontarife oder erklären, dass man hier Müll trennt, es in Wohnhäusern eine Hausordnung gibt und dass man auf der Rolltreppe rechts steht, links geht. „So banal das klingt: Die Menschen wissen das nicht, wenn Sie nach Wien kommen“, erklärt Milenovic. „Es ist Teil des interkulturellen Trainings.“


Maßgeschneidert

Die Betreuung der Expats ist individuell. „Wir schicken unseren Kunden nicht einfach eine fix-fertige Preisliste. Alle Services können je nach Bedarf maßgeschneidert werden“, sagt Mende. Presup wäre kein Service für die breite Masse, man buche keine Busse für eine Fahrt zur MA 35. Die Betreuung erfordere viel Zeit und viel Gefühl für jeden Einzelnen. Ein besonderer Fokus von Presup liegt auf der sozialen Integration. „Viele leben in einer Expat-Blase, lernen die Sprache und Einheimische überhaupt nicht kennen“, erklärt Milenovic. Mit Events und dem Presup-Club wollen sie diese Blase platzen lassen. Doch nicht für alles haben die beiden immer eine Lösung. Julia Mende: „Wenn wir einmal wirklich nicht helfen können, kennen wir jemanden, der es kann.“

Am 12. Februar ist Presup Mitveranstalter eines Abends der offenen Tür im Palais Palffy, Start um 17 Uhr. Am 27. Februar gibt ein Business Lunch des Expat Centers Vienna Über- blick über die wichtigsten Steuer- gesetze. Bei der CareerFAIR, der ersten österreichischen Karriere- messe für junge, internationale Men- schen am 21. März im Austria Center Vienna, wird geworkshopt und beraten.