Arbeitswelt 2013: Das geht besser
Die Arbeitslosenzahlen sind massiv gestiegen, die Migration nach Österreich bleibt für Hochqualifizierte unattraktiv, für die Hochschulen gibt es immer noch zu wenig Geld: 2013 lief einiges schief. Die fünf massivsten Problemfälle - und was wir besser machen können.
Das Problem Seit 28 Monaten steigt die Zahl der Arbeitslosen in Österreich – im November waren 381.582 Menschen ohne Job. Für jene kann es kein Trost sein, dass Österreich laut Eurostat weiterhin die niedrigste Arbeitslosenrate in der EU hat. Ob die Regierung genug gegen die Arbeitslosigkeit unternimmt, beantwortete AMS-Boss Johannes Kopf kürzlich im KURIER-Interview: „Natürlich könnte man noch mehr Geld aufwenden. Man muss aber ehrlicherweise sagen, dass die Regierungen seit 2006 diesem Thema hohe Priorität geben, auch ständig das Budget erhöhen.“
Die Lehren daraus 2014 stehen laut Sozialminister Rudolf Hundstorfer 1,3 Milliarden Euro für aktive arbeitsmarktpolitische Maßnahmen zur Verfügung. An der hohen Arbeitslosigkeit wird sich jedoch nicht so schnell etwas ändern. Johannes Kopf rechnet erst Ende 2015 mit einer Trendwende. Jobs für niedrig Qualifizierte wird es immer weniger geben – sie haben schlechte Aussichten. Bildung ist der beste Schutz gegen Arbeitslosigkeit.
Das Problem Seit eine Reportage die Wohn- und Arbeitsbedingungen von Leiharbeitern zeigte, kämpft Amazon gegen das Ausbeuter-Image. Der Versandhändler kündigte zwar die Zeitarbeitsfirma, die für die Unterbringung zuständig war, doch erholen kann sich der Konzern nicht. Das verhindert auch die Belegschaft in zwei deutschen Werken, die seit Mitte des Jahres für höhere Löhne streikt. Ralf Kleber, Deutschland-Chef des Unternehmens, lehnt Gespräche mit der Gewerkschaft ab. Er sieht kein Lohndumping: „Wir zahlen gutes Geld.“ In der Weihnachtszeit heuert Amazon Tausende Teilzeitkräfte an. Brad Stone, Autor von „Der Allesverkäufer“ sagt im Spiegel: „Plötzlich herrschen kriegsähnliche Zustände: Es müssen 40 Prozent mehr Bestellungen bewältigt werden, die Maxime lautet: Arbeiten bis zum Umfallen.“
Die Lehren daraus Amazon wird von bequemen Kunden auf Schnäppchenjagd regelrecht gestürmt. Der Preis ist hoch, den zahlen die Mitarbeiter. Und dem Händler ums Eck fehlt der Umsatz.
Das Problem Mehr qualifizierte Zuwanderung würde Österreichs Wirtschaft guttun, so das Ergebnis der Autoren des OECD-Migrationsberichts. Die Rot-Weiß-Rot-Card, die qualifizierten Zuzug begünstigen sollte, wurde im Sommer vom Integrationsbericht eines Expertenrats jedoch als Flop enttarnt. Der Vorsitzende des Rats und Vizerektor der Uni Wien Heinz Fassmann forderte kürzlich eine Nachjustierung, denn nur 16 Prozent der Studierenden aus Drittstaaten bleiben nach Studienabschluss in Österreich.
Die Lehren daraus Laut Fassmann müsse die Bürokratie vereinfacht werden – derzeit seien drei Ministerien zuständig. Das Einkommensminimum für die Rot-Weiß-Rot-Card müsse von 1998 Euro brutto herabgesetzt werden, denn das Einstiegsgehalt für Jungakademiker liege bei 1530 Euro. Nicht nur Angestellte und Master, auch Selbstständige und Bachelor sollten Anspruch auf die Karte haben. Wir nützen das Potenzial der Migranten zu wenig: laut OECD sind viele Zuwanderer unter ihrer Qualifikation beschäftigt.
Das Problem Im Mai wurde die Österreichische Hochschülerschaft (ÖH) neu gewählt, wenige Monate später auch die Regierung. Grund genug für die ÖH zu resümieren, was die vergangene Regierung im Bereich der Hochschulen von ihren Plänen umgesetzt hat. „Eine Analyse der 25 Punkte aus dem Regierungsprogramm ergab, dass nur acht Punkte umgesetzt wurden“, erklärt Bernhard Lahner vom ÖH-Vorsitzteam. Eine nüchterne Bilanz. Neben dem Ziel, zwei Prozent des BIP für den tertiären Bildungssektor zur Verfügung zu stellen, seien viele weitere Punkte nicht einmal angetastet. So wie es zu Redaktionsschluss (Freitag früh) aussieht, wird die ÖH mit einem neuen Wissenschaftsminister weiter diskutieren.
Die Lehren daraus Die Uni hat in Österreich keinen besonders hohen Stellenwert. Die öffentlichen Mittel werden auch künftig nicht genug sein. Um die Überlastung zu kompensieren, wurde bereits die Studienplatzfinanzierung beschlossen – de facto heißt das: mehr Zulassungsbeschränkungen.
Das Problem 2,4 Arbeitsplätze schafft ein neu gegründetes Unternehmen im Durchschnitt direkt, 5,3 indirekt und 181.000 Euro an Wertschöpfung. Start-ups, also innovative Jungunternehmen, sollen noch mehr Kraft haben: Würde es einem österreichischen Team gelingen, nur ein Vierzigstel des Umsatzes von Apple zu erwirtschaften, würde das heimische BIP um ein Prozent wachsen, rechnen die Autoren des AustrianStart-up-Reports 2013 vor. Ein schöner Traum. Denn noch sind viele Hürden vorhanden.
Die Lehren daraus Österreich hat durchaus das Potenzial zum Start-up-Land – am nötigen Mindset wird mit TV-Shows, Gründer-Events und Co-Working-Spaces gearbeitet. Was fehlt, definierten Oliver Holle, CEO vom Business-Angel-Fond SpeedInvest und Christoph Jeschke vom Verein AustrianStartups in ihrem Report: privates Risikokapital, steuerliche Absetzbarkeit von Business-Angel-Investments, Bildungsangebote zum Thema Entrepreneurship, eine moderne Gewerbeordnung stehen erst am Anfang.