Kapsch gegen "Sozialpartner-Proporz"
Von Anita Staudacher
Ohne die Sozialpartner, also die vier großen Interessensverbände von Arbeitgeber und Arbeitnehmer, läuft in Österreichs Verwaltung und Sozialpolitik gar nichts. Sie wirken in zahlreichen Gremien, Kommissionen, Beiräten oder Ausschüssen mit: Bei der Kontrolle von Arbeitsbedingungen, bei der Ausstellung von Ursprungszeugnissen, im Kartellwesen, in der Arbeitsmarktpolitik (AMS), dem Konsumentenschutz oder bei der Vergabe von Fördergelder, um nur einige Beispiel zu nennen. Weiters entsenden sie ihre Vertreter in die Pensions-, Kranken- und Unfallversicherungen, die ja als Selbstverwaltungskörper organisiert sind.
Machtfülle
Der Industriellenvereinigung (IV), als freiwillige Interssensvertretung nicht Teil der Sozialpartner, geht diese Machtfülle zu weit. Sie sieht darin einen Hauptgrund für den Reform-Stillstand. Der wiedergewählte IV-Präsident Georg Kapsch sagt daher den "Sozialpartner-Proporz" in wichtigen Gremien den Kampf an. Erstes Zielobjekt: Die Sozialversicherung. Bis Mitte nächsten Jahres evaluiert die IV, ob die Sozialversicherung tatsächlich eine Selbstverwaltung braucht oder ob sich dieses System überholt hat und nur zu einer Blockade führt.
"Ich glaube, es braucht in keinem Gremium einen Sozialpartner-Proporz", meint Kapsch, wobei er die Kollektivvertragsverhandlungen ausdrücklich ausnimmt. "Diese sind aus meiner Sicht nicht Teil der Sozialpartnerschaft, weil sie von Fachverbänden und Gewerkschaften geführt werden."
Zwölf Stunden
Kapsch hat für seine zweite Amtsperiode bis 2020 fünf Schwerpunkte gesetzt, darunter bereits bekannte Forderungen wie Lohnnebenkostensenkung, Bürokratieabbau, die Belebung des Kapitalmarktes sowie die Ausweitung der Tageshöchstarbeitszeit von zehn auf zwölf Stunden. Die Verlängerung einzelner Arbeitstage in Richtung zwölf Stunden "tut niemandem weh", so Kapsch. Im Herbst soll weiters ein eigenes Papier zur Klima- und Energiepolitik "mit völlig neuen Ansätzen" präsentiert werden.
Für vier Jahre wiedergewählt
Am Donnerstag wurde Georg Kapsch als Präsident der IV für weitere vier Jahre gewählt. Seine Stellvertreter im IV-Präsidium sind Hubert Bertsch (Bertsch Holding) Otmar Petschnig (Fleischmann & Petschnig Dachdeckungs- Ges.m.b.H) sowie Axel Greiner, Vorsitzender des Familiengesellschafterrates der Greiner Gruppe und Präsident der Industriellenvereinigung Oberösterreich.