Kaminfeuer? Nur am Bildschirm
Von Simone Hoepke
Das offene Feuer in der Lobby wirkt heimelig und wärmend. Erst auf den zweiten Blick merkt der unbedarfte Gast, dass es gar nicht echt ist, sondern nur über einen Flachbildschirm flimmert. Es gibt keine Hotelbar, kein Pool am Dach und schon gar kein Zimmerservice. Trotzdem checken Touristen und Geschäftsleute im Hotel ein.
"Städtereisende wollen oft nur ein Bett, gut schlafen und ein Frühstück", sagt Matthias Hautli, Geschäftsleiter des Tourismusberaters Kohl&Partner in Wien. Und sie wollen nicht für Schnickschnack, den sie nicht nutzen, bezahlen. Also etwa für die Minibar im Kleiderkasten, der ohnehin nie geöffnet wurde. Für die unbenutzte Sauna oder das nie bestellte Zimmerservice. Solche Services streichen die Betreiber von Budget-Hotels – und mit ihnen auch einige Kostenstellen, die die Zimmerpreise in Nobelherbergen in die Höhe schnellen lassen.
Rasante Entwicklung
Das Konzept geht auf. Experten rechnen damit, dass Budget-Hotels ihr Bettenangebot in den kommenden Jahren um bis zu 40 Prozent ausbauen werden. In Deutschland hat es vor zwei Jahren knapp 270 Billighotels gegeben, heute sind es bereits 350. Auch in Österreich kommt die Entwicklung seit 2011 in Fahrt. "Eine große Anzahl an Budgetbetten wird in Kürze am Hauptbahnhof eröffnen", erklärt Tourismusberater Hautli. "Im Bau sind unter anderem ein Motel One mit mehr als 500 Zimmern und direkt daneben ein neues Star Inn Hotel mit rund 300 Zimmern." Im Vorjahr hat am Hauptbahnhof zudem bereits das A&0 Hotel/Hostel eröffnet, das ebenfalls dem Budget-Segment zugeordnet werden kann. Über weitere Billighotel-Projekte wird bereits spekuliert, weiß Hautli.
Ein neuer Trend ist es, dass Budget Hotels längst nicht mehr nur an Autobahnabfahrten stehen (daher auch Namen wie Motel One), sondern in teuren Innenstadtlagen. Motel One eröffnet heuer seinen fünften Standort in Österreich – und zwar direkt bei der Wiener Staatsoper. Die Münchener Gruppe ist über ein Joint Venture mit dem Verkehrsbüro bereits mit jeweils zwei Standorten in Wien und Salzburg vertreten. Zur Gruppe zählen aktuell 50 Hotels mit insgesamt rund 11.500 Zimmern in Deutschland, Österreich und Großbritannien. Ziel bis 2017 sind 74 Hotels mit rund 18.000 Zimmern. Im Vorjahr setzte Motel One 205 Millionen Euro um. Der Gewinn vor Steuern (EBITDA) stieg um 17 Prozent auf 73 Millionen Euro. Zu den großen internationalen Konkurrenten in diesem Segment zählen Ibis, B&B Hotels oder Holiday Inn Express.
Ikea will Hotels bauen
Jetzt drängen neue Anbieter in den Markt. Der US-Hotelkonzern Marriott betreibt weltweit 3800 Hotels und baut seine Kapazitäten weiter aus. Aktuell baut Marriott 110.000 zusätzliche Zimmer. Und plant eine Billigschiene mit dem schwedischen Möbelbauer Ikea. Erklärtes Ziel: Insgesamt 150 Hoteleröffnungen binnen zehn Jahren in Deutschland, Österreich, Großbritannien, Irland, den Niederlanden, Finnland, Norwegen und Schweden. Die neue Marke soll "Moxy Hotels" heißen.
Hotelmarkt: Mehr Betten
Seit 2004 sind die Bettenkapazitäten in Wien um 53 Prozent gestiegen, geht aus dem Hotelmarktbericht 2014 des Tourismusberaters Kohl&Partner hervor. Die Nächtigungszahlen stiegen im selben Zeitraum um 51 Prozent. Hotels in der 1- und 2-Stern-Kategorie haben Marktanteile gewonnen. Einbrüche erlitten vor allem
die 4-Stern-Häuser. 2013 waren die Wiener Hotels im Jahresdurchschnitt zu 70,63 Prozent ausgelastet. Die Zimmerrate lag im Vorjahr im Durchschnitt bei 94,38 Euro und damit unter dem Wert von 2009.