Wirtschaft

Jobkrise: Die 7 wichtigsten Fragen

Das letzte Minus gab es im Juli 2011. Seither steigen die Arbeitslosenzahlen kontinuierlich an. Ende September vermeldete das AMS ein Plus gegenüber dem Vorjahr von 6,1 Prozent auf gut 391.000 Jobsuchende. Die noch unbekannte Zahl an Flüchtlingen könnte die Lage verschärfen. Was aber tut die Regierung? Die letzten Reformen sind Jahre her. Der KURIER fasste die drängendsten Fragen und wichtigsten Rezepte gegen die Jobkrise zusammen.

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Fast 400.000 Menschen ohne Job

1. Wie lange wird die Arbeitslosigkeit in Österreich noch ansteigen?

Die Prognosen verheißen nichts Gutes. Wenn das Wachstum so schwach und der Andrang auf den Arbeitsmarkt so hoch bleibt, wird die Arbeitslosigkeit laut jüngsten Prognosen bis zumindest 2018 nicht sinken.

2. In Deutschland sinkt die Arbeitslosigkeit aber. Was macht Deutschland besser als Österreich?

Da spielen viele Faktoren mit. Erstens gibt es demografisch bedingt einen höheren Arbeitskräftebedarf; zweitens geht es der Wirtschaft besser, das Wachstum ist höher als in Österreich. Drittens ist der Niedriglohnsektor, bedingt durch Hartz-IV-Reformen, viel größer als in Österreich. Schlecht Qualifizierte finden leichter einen, zumindest befristeten, Job.

3. Wie sehr belastet der aktuelle Flüchtlingszustrom den Arbeitsmarkt?

Noch wenig, weil ein Großteil der Migranten noch gar nicht in der AMS-Statistik aufscheint. Dort sind nur anerkannte Flüchtlinge vermerkt. Aktuell sind es knapp 19.000 oder 4,8 Prozent aller Arbeitslosen. Für 2016 rechnet das AMS mit bis zu 35.000 weiteren Jobsuchenden. Größtes Vermittlungshemmnis sind fehlende Deutsch-Kenntnisse und schlechte Qualifikation. 82 Prozent haben nur Pflichtschulabschluss.

4. Wie viele Flüchtlinge verkraftet der heimische Arbeitsmarkt?

Niemand weiß, wie qualifiziert die Neuankömmlinge für den heimischen Arbeitsmarkt sind. Sozialminister Hundstorfer hält bis zu 80.000 Asylwerber pro Jahr für durchaus verkraftbar, davon würden nur etwa 30.000 auf den Arbeitsmarkt kommen. Auch für WIFO-Chef Aiginger sind 30.000 zusätzliche Kräfte im Jahr kein Problem, wenn es entsprechende Ziele und Strategien gibt. Solche fehlen aber noch völlig.

5. Wie kann die Job-Integration besser gelingen?

Wer bleiben darf, soll rascher arbeiten dürfen als jetzt, sind sich Experten einig. Das AMS stockt die Plätze für die ersten Kompetenz-Checks zur Feststellung der Qualifikation auf 9000 auf. Das AMS kann aber nur qualifizieren, die Jobs müssen von der Wirtschaft angeboten werden. Auch Lehre und Zeitarbeit sind ein Thema.

6. Welche Job-Maßnahmen sind am dringlichsten?

Einzelne Maßnahmen reichen nicht, es braucht das längst fällige Arbeitsmarkt-Paket der Sozialpartner mit Reformen vor allem gegen Alters- und Langzeitarbeitslosigkeit (u. a. Bonus-Malus, Kombi-Löhne) und für mehr Beschäftigung (Infrastruktur- und Wohnbau-Offensive). Ein diesbezüglich schon im Mai angekündigter Arbeitsmarktgipfel der Regierung lässt noch immer auf sich warten. AK-Präsident Kaske fordert einen "Big Deal für den Arbeitsmarkt" und will in erster Linie Überstunden verteuern. Die Industrie möchte flexibler arbeiten dürfen - siehe eigener Artikel. Der Sozialminister hofft 2016 auch auf mehr Wachstum durch die Effekte der Steuerreform.

7. Wo gibt es noch die meisten offenen Stellen?

Positiv: Die Zahl der beim AMS gemeldeten offenen Stellen steigt schon seit vier Monaten wieder. Näher betrachtet zeigt sich, dass fast jede dritte der 33.000 Stellen von einer Zeitarbeitsfirma stammt. Nach Bundesländern betrachtet hat Oberösterreich am meisten Jobs zu vergeben, während in Wien auf 5000 Stellen fast 147.000 Arbeitslose kommen.

Was die Wiener Wähler wollen, werden wir am 11. Oktober nachmittags wissen. Sicher kann sich keiner sein, auch wenn FPÖ-Chef Strache weiter vom 1. Platz spricht und die kleinen Parteien – dazu gehört in Wien auch die ÖVP – um Aufmerksamkeit buhlen. Da wird jetzt die Nervosität jeden Tag größer werden, der eine oder die andere könnte ja nach den Wahlen seinen/ihren Job verlieren.

So gesehen müssten die Politiker Verständnis dafür haben, dass viele andere Staatsbürger auch Angst um ihren Job haben. Im September ist die Arbeitslosigkeit wieder gestiegen, fast 400.000 Menschen sind ohne Job. Im Bundesgebiet stieg die Arbeitslosigkeit um 6,1 Prozent, in Wien sogar um 10,3 Prozent. Da tröstet es wenig, dass wir im europäischen Vergleich noch immer recht gut dastehen. Es fehlt das Wachstum, es fehlen Initiativen zur Gründung von Unternehmen.

Uwe Hochgeschurtz, der Chef von Renault in Österreich und in der Schweiz, hat kürzlich in einem KURIER-Interview die beiden Staaten miteinander verglichen. Sein Rat: Wir sollten der Schweiz durch niedrigere Steuern und flexiblere Arbeitsmärkte folgen. Wer hört die Botschaft des Managers?