Jede zweite Firma beschäftigt zu wenig Ältere
Von Anita Staudacher
Sehr spät und stark abgemildert tritt ab 2018 in Österreich das "Bonus-Malus-System" zur Ankurbelung der Beschäftigung von über 55-Jährigen in Kraft. Unternehmen ab 25 Mitarbeiter, die bei der Beschäftigung über ihrem Branchenvergleich liegen, erhalten dann einen Bonus in Form einer Senkung des Beitrages zum Familienlastenausgleichsfonds (FLAF) von 0,1 Prozentpunkten. Betriebe, die unter ihrem Branchenschnitt liegen, müssen bei einer Kündigung eine doppelte Auflösungsabgabe in Höhe von 236 Euro zahlen.
Dem KURIER liegen aktuelle Daten aus dem Sozialministerium vor, wie sich die Beschäftigung Älterer im Branchenvergleich darstellt und wie viele Bonus- und Malus-Betriebe es gibt. Demnach wären Ende Juni insgesamt 16.051 Unternehmen mit 2,49 Millionen Beschäftigten (ohne Lehrlinge) in die Bonus-Malus-Regelung gefallen. Der Anteil der über 55-Jährigen am gesamten Beschäftigtenstand betrug 12,1 Prozent, wobei es nach Branchen betrachtet deutliche Unterschiede gibt.
Müllabfuhr Spitze
So haben Betriebe im öffentlichen Umfeld wie Müllabfuhr, Energieversorger oder öffentliche Verwaltung die mit Abstand höchsten "Älteren"-Quoten, während die Luftfahrt, Telekommunikation und das Veterinärwesen das Schlusslicht bilden (siehe Grafik unten). Weit unter dem Durchschnitt liegen etwa auch der Einzelhandel und die Gastronomie.
Mit Stichtag Ende Juni würden 9108 Betriebe (57 Prozent) weniger 55-Jährige beschäftigen als ihr Branchenschnitt und daher einen Malus erhalten. Zugleich könnten sich 6943 über einen Mini-Bonus bei den Lohnnebenkosten freuen. Allerdings müssten 2000 Malus-Betriebe nur einen einzigen älteren Mitarbeiter einstellen, um zu einem Bonus-Betrieb zu werden. Weitere rund 2000 müssten mindestens zwei einstellen.
Sozialminister Rudolf Hundstorfer sieht das Bonus-Malus-System daher vor allem als Anreiz-System: "Wer Ältere einstellt oder länger in Beschäftigung hält, bekommt dafür relativ viel Geld, während der Malus vergleichsweise gering ist." Der Bonus sei besser als der Malus. Beispiel: Ein Maschinenbauer mit 100 Mitarbeiter beschäftigt bei einer Branchenquote von 10,4 Prozent mehr als zehn über 55-Jährige. Der Bonus würde pro Jahr 3600 Euro ausmachen.
Die Lohnnebenkostensenkung werde durch die höhere Beschäftigung mehr als wettgemacht, meint Hundstorfer. Dass eine Strafe von 236 Euro tatsächlich einen Betrieb abhalten wird, Ältere zu kündigen, glaubt der Minister nicht. "Aber sie müssen zumindest etwas dafür zahlen." Das Geld soll in AMS-Maßnahmen fließen.
Neue Job-Initiativen
Kritik, dass das Bonus-Malus-System trotz massiv steigender Altersarbeitslosigkeit erst 2018 in Kraft tritt, kontert Hundstorfer nun mit zwei neuen Beschäftigungsinitiativen für ältere Langzeitarbeitslose. "Wir versuchen für sie, vermehrt dauerhaft subventionierte Arbeitsplätze zu finden", kündigt Hundstorfer an. In erster Linie geht es um die Überbrückung bis zur Erreichung des Pensionsantrittsalters.
Mit dem "Projekt 2020" können ab 2016 ältere Arbeitslose bis zu drei Jahre bei gemeinnützigen Beschäftigungsträgern (AMS-Partnern) bleiben, wenn diese von marktwirtschaftlichen Betrieben für bestimmte Projekte eingesetzt werden. Um nicht Lohndumping zu betreiben, soll die Entlohnung nach dem jeweiligen Kollektivvertrag erfolgen. Ferner sollen im Bereich Behinderten- und Altenbetreuung, etwa bei Fahrten- und Begleitdiensten, Jobs für Ältere gefunden werden. Das AMS übernimmt hier zwei Drittel der Lohnkosten für bis zu zwei Jahre.