Wirtschaft

"Galapagos-Effekt" und Teuerung auf der Insel

Eigentlich sind die Japaner seit Jahren Einkaufsmuffel. Nicht so diesen März. Fernseher, Kühlschränke oder Druckerpatronen gingen weg wie warme Semmeln. Der Grund: Mit 1. April wurden sie teurer. Und das sind die Japaner nicht gewöhnt.

In den vergangenen 15 Jahren sind die Preise meist gefallen. Anschaffungen wurden deshalb gern verschoben. Per 1. April hat nun aber die Regierung von Shinzo Abe die Mehrwertsteuer von fünf auf acht Prozent angehoben. So einen Schritt (von drei auf fünf Prozent) wagte die Regierung zuletzt 1997.

Die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt kämpft seit 15 Jahren mit einer Deflation. Premierminister Abe peilt eine Inflation von zwei Prozent an. Die vergangenen Monate gingen zwar in die richtige Richtung, "aber die Teuerung kam vor allem aus dem teuren Import von Rohstoffen", relativiert Martin Glatz, Wirtschaftsdelegierter in Tokio. Nach dem Atomunfall in Fukushima gingen 51 AKW vom Netz. Japan stellte auf – teuer importierte – fossile Brennstoffe wie Öl, Gas und Kohle um, was die Situation verschärfte.

Abe fährt ein ambitioniertes Konjunkturprogramm. Konzernbosse sind aber skeptisch, zögern mit Investitionen und Lohnerhöhungen. Glatz: "Im zweiten Quartal ist kein Wirtschaftswachstum zu erwarten, im Gesamtjahr sollte es sich aber ausgehen."

Japans Konzerne haben zuletzt stark im Ausland investiert – wo die Löhne niedriger und das Wirtschaftswachstum höher sind. Ihre Produkte waren aber oft gar nicht mehr gefragt. "Galapagos-Effekt", nennt das Martin Glatz: "Es wird jahrelang in eine Sache investiert, die außerhalb der Insel keiner will." Dabei war die japanische "kaizen"-Philosophie – also die ständige Verbesserung innerhalb eines Systems – lange ein Erfolgsrezept. Während die Japaner detailverliebt daran tüftelten, wie ein Produkt noch besser werden kann, zog die Konkurrenz mit Innovationen an ihnen vorbei. Flagschiffe wie Sony oder Sharp wurden von Apple oder Samsung (Südkorea) überholt.

Schluss mit Just-in-Time

Auch das von Toyota entwickelte Just-in-Time-Prinzip – bei dem Material erst bestellt wird, wenn es gebraucht wird – wird nun in vielen Konzernen gelockert, weiß Glatz. Auch weil nach Fukushima Produktionen wegen leerer Lager still standen. Volle Lager kosten aber Geld. Japans Industrie sorgt sich, dass nach der Steuererhöhung der Konsum wieder einbricht. Und drosselt die Produktion, um den Lagerbestand zu drücken.