Wirtschaft

Italiens Bankenkrise: Warum Island kein Vorbild sein kann

Geht es nach den sozialen Medien, ist die Antwort klar: Island hat es besser gemacht, weil es weder den Euro hat noch EU-Mitglied ist. Selbstbestimmung ist das, was der Twitter- und Facebook-Gemeinde gefällt. Was sie dabei übersieht, versucht der KURIER im Folgenden zu beantworten.

Schulden im Ausland Als alle drei Banken Islands 2008 zusammenbrachen, setzte die Regierung einen radikalen Schritt. Sie verstaatlichte die Institute und schickte sie in die Pleite. Damit mussten ihre Schulden abgeschrieben werden. Das traf vor allem ausländische Gläubiger. Deutsche, schwedische, niederländische und britische Einlagensicherungsfonds verloren Milliarden. In Italien sind es vor allem Inländer, die bei einem Schuldenschnitt um viel Geld umfallen würden. Das will Italiens Regierung verhindern.

Selbstbestimmung Islands Banken-Radikalkur war mehr ein Verzweiflungsschritt als eine bewusste Selbstbestimmung. Der Staat hätte die enormen Bankschulden gar nicht übernehmen können, ohne selbst pleite zu gehen. Und die Ausländer deckten das Land mit Klagen ein. Teile der Auslandseinlagen mussten zurückbezahlt werden, wofür Island den IWF um Finanzhilfe bat und dessen Auflagen erfüllen musste.

Kleines Land Ein wesentlicher Unterschied zwischen Island und Italien liegt in der Größe der Länder. Die Bankschulden waren für Island zwar enorm – das Zehnfache der Wirtschaftsleistung –, für ausländische Gläubiger aber nicht existenzgefährdend. Italiens Banken dagegen sind eng mit europäischen Instituten – vor allem deutschen – verwoben. Eine Pleite einer italienischen Großbank würde eine Kettenreaktion von Bankpleiten in Europa auslösen.

Abgeschottet Die Bankenkrise 2008 stürzte Island in eine tiefe Rezession. Das Bruttoinlandsprodukt schrumpfte im ersten Jahr nach der Finanzpleite um mehr als fünf Prozent, die Währung wertete auf die Hälfte ihres früheren Wertes ab, die Inflation schnellte in die Höhe. Doch die Krise schwappte nicht auf andere Länder über. Eine Rezession der 350.000-Einwohner-Insel, die vorwiegend vom Tourismus und Fischfang lebt, wirkt sich auf andere EU-Länder kaum aus. Eine derartige Krise in Italien würde vor allem Nachbarländer wie Österreich schwer in Mitleidenschaft ziehen.

EU-Bankenabwicklung Im Gegensatz zu 2008, als es in der EU noch keine Regeln für Bank-Insolvenzen gab, existiert jetzt ein Abwicklungsplan. Aktionäre und Anleihegläubiger der Banken müssen auf Teile ihrer Gelder, die in der Krisenbank stecken, verzichten. Staaten und somit Steuerzahler sollen nur dann für Krisenbanken aufkommen, wenn es um die Abwendung eines großen volkswirtschaftlichen Schadens geht, der durch unvorhersehbare Ereignisse aufgetreten ist. Italien müsste sich eigentlich nach diesem Abwicklungsplan richten. Weil aber viele Kleinanleger Geld verlieren würden, verlangt Rom von der EU eine Ausnahme. Diese dürfte genehmigt werden, zumal Italien viele Fürsprecher in EU-Gremien hat.