In Immobilien investieren: Zinhaus
Von Ankica Nikolić
ZINSHAUSMARKT
Spannend für heimische Anleger ist der Zinshausmarkt, der Anteil internationaler Investoren ist hier gering. Unangefochtener Spitzenreiter in puncto Nachfrage ist nach wie vor Wien. Hier natürlich vor allem die Lagen innerhalb des Gürtels, wobei das Angebot mehr als knapp ist. Die Experten von Otto Immobilien konnten Preisanstiege im 5., 6., 7., 8., 9. aber auch im 15. Bezirk beobachten. Laut ihrem aktuellen Zinshausmarkbericht wurde bei den Maximalpreisen der höchste Zuwachs im 16. und 17. Bezirk mit einem Plus von 5 Prozent verzichtet. „Generell kann man sagen, dass in Wien aktuell kein durchschnittlich ausgestattetes Zinshaus unter einem Preis von 1000 Euro/ angeboten wird“, sagt Richard Buxbaum, Leiter der Abteilung für Wohnimmobilien und Zinshäuser.
Dass der Markt in extremer Bewegung ist, bestätigt auch Gerhard Hudej vom gleichnamigen Unternehmen, das sich ausschließlich mit der Vermittlung von Zinshäusern beschäftigt. „Die Preise werden mit Sicherheit anziehen, in den Bundesländern durchaus stärker als in der Hauptstadt. Für heuer gehen wir davon aus, dass in Wien die Transaktionsanzahl zwar sinkt, aber das Volumen steigt.“ Allein in Wien rechnet Hudej mit 1,5 bis 1,8 Mrd. Euro, die größte Gruppe bilden gewerbliche, gefolgt von privaten Interessenten und Stiftungen.
Mit Dependancen in Salzburg und Graz, eine weitere soll in Linz folgen, will man dieses Jahr sogar die Drei-Milliarden-Marke knacken. „In den Bundesländern geht es nicht mehr um die klassische Rendite. Viele interessiert in erster Linie die Nachhaltigkeit und zu welchem Quadratmeterpreis sie das Zinshaus kaufen können, um eine langfristige Planung zu gewährleisten.“ Für diejenigen, die Vermögen aufbauen wollen, ein logischer Lösungsansatz. Allgemein lassen sich freibleibende Objekte jeder Art beobachten. Ökonom Gottfried Haber: „Je nach Lage gibt es entsprechende Leerstände. Dies weist darauf hin, dass sich Investoren zum derzeitigen Mietzinsniveau nicht mittel- oder langfristig binden wollen – in der Hoffnung, dass ein Anstieg der Renditen möglich ist.“
SHARE DEALS
Ein verstärktes Aufkommen wird von vielen Zinshausspezialisten in diesem Bereich verortet, hier werden Unternehmen mitgekauft. „Sie waren zwar schon immer ein Bestandteil dieses Segments, aber nun wird dieses Modell viel öfter genutzt“, sagt Markus Arnold vom gleichnamigen Unternehmen. „Häuser werden heute schneller weiterverwertet als früher. Diejenigen, die jetzt ein Zinshaus erwerben, gründen Projektgesellschaften, weil sie wissen dass sie es in einem Jahr verkaufen werden.“ Share Deals wurden heuer auch von Otto Immobilien bei ihrer Auswertung berücksichtigt. Gemeinsam mit Florian Schmidl (Partner bei Morre Stephens) wurden die Verkäufe rückwirkend bis 2009 ermittelt. „Im Durchschnitt beträgt der Anteil der durch Share Deals transaktionierten Gründerzeit-Zinshäuser 5,9 Prozent – bei steigender Tendenz. Ab dem Jahr 2013 hat der Anteil deutlich zugenommen und betrug 2015 bereits 10,3 Prozent“, erklärt Alexander Bosak, Leiter der Abteilung Immobilien Research bei Otto.
Auffallend ist auch die Tatsache, dass Mikrolagen bei den Transaktionen einen nicht unbedeutenden Stellenwert einnehmen. „Vorsichtig gesprochen – die Postleitzahl ist nebensächlicher geworden. Vor Kurzem haben wir in Wien Favoriten einen Share Deal um 2 Millionen Euro veräußert, vor fünf Jahren wäre das noch undenkbar gewesen. Ein weiteres Beispiel für den Zehnten: der Hauptbahnhof. Hier werden zum Teil Wohnungen um 6000,– Euro pro Quadratmeter verkauft“, beschreibt Markus Arnold. Dass man mittlerweile auch schon sehr vom Plan weg kauft, ist eine weitere Strömung, die sich bemerkbar macht. „Aus der Sicht eines großen Fonds ist das verständlich. Die Kapitalbeträge, die es zu investieren gilt, sind groß, viele suchen beim Entwickler direkt nach Möglichkeiten“, erklärt Arnold. Die Vorteile liegen zum Teil darin, dass man schon relativ früh in den Planungsprozess eingebunden ist, die Renditen wesentlicher höher sind, man den Nutzungsmix festlegen und die Grundrisse selbst definieren kann. Zudem werden Neubauten immer öfters auch Teil bereits bestehender Portfolios.
Haber sieht allerdings auch Risiken: „Zukünftige Bauprojekte geraten in Konkurrenz zu jenen, die nur ein paar Jahre alt sein werden. Dies kann zu einem Wertverlust führen, vor allem aufgrund der Bausubstanz. Neue Entwicklungszonen in Ballungsräumen wie Wien können dazu führen, dass ein Preisdruck auf nicht mehr ganz aktuelle Neubauten entsteht. Im Moment gehen wir aber davon aus, dass sich die Nachfrage positiv entwickeln wird.“
KLEINANLEGER
Aufgrund des niedrigen Zinsniveaus ist auch diese Gruppe weiter auf der Suche nach passenden Anlageprodukten. Das Investieren in Bausubstanz ist nach wie vor beliebt. Nur die Suchkriterien haben sich geändert. Gottfried Haber: „Die Ein-Zimmer-Garçonnière hat ausgedient. Objekte müssen skalierbar und flexibler für verschiedene Lebenssituationen sein.“ Digitale und Gesundheits-Infrastruktur werden noch wichtiger, integrierte Konzepte relevanter. Keine Frage, der Stellenwert des Wohnens wird weiter steigen – auch aufgrund demografischer Entwicklungen. Solange sich keine Alternativen ergeben, wird die Stimmung am Markt weiter positiv sein. Ein Ende ist derzeit nämlich noch lange nicht in Sicht.
Mitarbeit: Mario Kopf