Wirtschaft

Immofinanz sieht sich "Covid-fit" trotz Mietstundungen für Retailer

Die auf Büro- und Einzelhandelsimmobilien spezialisierte Immofinanz AG sieht sich aufgrund ihrer Liquidität und ihrer Schuldenstruktur "Covid-fit". 2020/21 gebe es keinen großen Refinanzierungsbedarf, betonte der Vorstand am Mittwoch im Bilanzpressegespräch. Mit den großen Retail-Mietern verhandelt man über Lösungen - rund 40 Prozent des Portfolios sind Einzelhandelsimmobilien.

Für April habe man die Einzelhandelsmieten gestundet, um die Retailer zu entlasten, für März seien sie noch regulär vorgeschrieben worden. Für März und April habe man 54 Prozent der Mieterlöse erhalten. Per 17. April seien 27,5 Prozent der Retail-Flächen geöffnet gewesen, so COO Dietmar Reindl. Mit den 20 größten Retailern, die 50 Prozent des Portfolios ausmachen, strebe man für die nächsten vier Wochen Lösungen an. Im Bürobereich gebe es keine behördlichen Restriktionen, da sei man nur von Geschäftsschließungen im Erdgeschoß betroffen.

Vom Bestandsportfolio der Immofinanz von 4,75 Mrd. Euro Buchwert Ende 2019 entfielen rund 3,0 Mrd. Euro auf Büroobjekte und 1,7 Mrd. Euro auf Retail. Währungsrisiko gebe es bei den Mieteinnahmen kaum, weil fast 100 Prozent in Euro verrechnet oder an diesen gekoppelt seien, so CFO Stefan Schönauer. Nur 2 Prozent entfielen auf andere Währungen, insgesamt sehe man sich gut aufgestellt. Auch die Immo-Bewertungsfrage sieht er entspannt: Ein paar Monate hätten keinen großen Effekt. Die Bewertungen würden von den langfristigen Erträgen abhängen, nur eine jahrelange Rezession würde sich in den Werten wiederfinden, meinte Schönauer.

52 Prozent des Buchwerts der Bestandsimmobilien entfielen 2019 auf den Bürobereich. Die 23 Standorte des "myhive"-Office-Konzepts in sechs Ländern mit 556.000 Quadratmetern Fläche waren zu 95,0 Prozent vermietet. Drei weitere "myhive"-Standorte in Wien, Düsseldorf und Bukarest werden vorbereitet. "VIVO!"-Shopping-Center gab es 10 (8 davon in Rumänien und Polen), mit 314.000 Quadratmetern Fläche zu 97,5 Prozent vermietet. An "Stop Shop"-Retail-Parks gab es 89 mit 637.000 Quadratmetern Fläche, zu 98,8 Prozent vermietet - zuletzt ist die "Stop Shop"-Anzahl auf 90 gestiegen.

Bestimmte Baustellen etwa zu "myhive" in Düsseldorf und Bukarest führe man weiter, auch in Wien zwei größere Umbauten, die mit Mietverträgen abgesichert seien, so Reindl. Wo noch keine Bauverträge abgeschlossen seien, zum Beispiel zu zwei Stop Shops in Ungarn, verschiebe man Projekte aber im Hinblick auf die Liquidität. In Summe sei das Volumen an laufenden Projektentwicklungen mit knapp 112 Mio. Euro derzeit gering. Die Ankäufe von in Evaluierung befindlichen Immobilien hat man gestoppt. Zudem sollen die Betriebskosten und sonstige betriebliche Aufwendungen reduziert und mögliche Steuerstundungen evaluiert werden. Mit Banken sei man in Verhandlung über die Aussetzung von Kapitaltilgungen, teils sei das schon umgesetzt.

Zwar bedeute Covid-19 "für die Weltwirtschaft und für unsere Märkte ordentlich Gegenwind", doch sei man "auch für diese Phase gut positioniert", betonte Reindl. Man beschäftigte sich bereits damit, wie man das Geschäft der Mieter beim Hochfahren der Wirtschaft unterstützen könne. "Mit dem Hochfahren der Geschäfte werden wir mit wichtigen, neuen Botschaften aufwarten" -und diese auch werblich unterstützen.

Auch als Zweier-Vorstand könne man die Immofinanz ganz gut durch die aktuelle Coronakrise führen, meinte Reindl. Mitte April hatte ja Vorstandschef Oliver Schumy urplötzlich "aus persönlichen Gründen einvernehmlich" das Unternehmen verlassen. Das Thema CEO-Nachbesetzung sei Aufsichtsratsangelegenheit, hieß es heute.

Eine "Wiederaufnahme von Gesprächen" mit der s Immo über ein mögliches Zusammengehen der beiden Unternehmen sei "prinzipiell nicht ausgeschlossen", dem stehe man nach wie vor offen gegenüber meinte COO Reindl. Mit dem, was man heute an Themen auf dem Tisch habe, könne der zeitliche Horizont nicht abgeschätzt werden. Anfang April hatte s-Immo-Chef Ernst Vejdovszky erklärt, die Gespräche dazu lägen wegen der Krise auf Eis. "Derzeit haben wir wirklich alle miteinander andere Dinge zu tun, als die Fusion zu beplaudern. Wir können uns nicht einmal treffen. Die Aktionärsstruktur bietet aber Optionen", so der s-Immo-Chef damals.

Die Immofinanz hält 29 Prozent an der s Immo, diese wiederum 12 Prozent an der Immofinanz. Dem Investor Ronny Pecik gehören (mit unterschiedlichen Partnern) 10,7 Prozent an der Immofinanz und 14,2 Prozent an der s Immo. Ob man als Immofinanz-Vorstand mit Pecik darüber gesprochen habe, was dessen Intentionen seien? "Wir sprechen prinzipiell ganz offen mit allen Aktionären über unser Geschäft", so Reindl lapidar. Da gebe es von verschiedenen Aktionären Ideen und Vorschläge. Pecik soll nicht ganz unbeteiligt gewesen sein am Abgang von CEO Schumy, war in den vergangenen Wochen aus Aktionärs- bzw. Aufsichtsratskreisen zu hören.

2019 wuchs der Nettogewinn der Immofinanz um 62 Prozent auf 352,1 Mio. Euro. Bei der Cash-Generierung (FFO 1) wurden 137,4 Mio. Euro erreicht, mehr als geplant. 75 Prozent des FFO 1 sollen an sich an die Aktionäre gehen, doch will man über die Dividende definitiv erst zu den Halbjahreszahlen im August entscheiden. Die Hauptversammlung wurde bereits auf den 1. Oktober verschoben.

Die liquiden Mittel betrugen Ende 2019 rund 345 Mio. Euro; heuer sei dieser Polster auf 450 Mio. Euro ausgebaut worden, so Schönauer. die Netto-Finanzverbindlichkeiten wuchsen um 38,4 Prozent auf 2,48 Mrd. Euro. Die Beleihungsquote (Loan-to-Value) lag netto bei 43,0 (37,3) Prozent - weiter unter dem Zielwert von 45 Prozent. Die gesamten Finanzierungskosten wurden auf 1,91 (2,14) Prozent gesenkt. Der Wert des Immo-Portfolios wuchs im Jahresabstand um 18 Prozent auf 5,12 (4,34) Mrd. Euro, lässt man die IFRS-16-Änderungen außer Acht. Die vermietbare Fläche stieg um 5,8 Prozent auf 2,00 (1,89) Mio. Quadratmeter, der Vermietungsgrad auf 96,8 (95,8) Prozent.