Wohnen, wo früher gearbeitet wurde
Von Ursula Horvath
Es wurde operiert, repariert und produziert. Heute sind aus den ehemaligen Krankenhäusern, Werkstätten und Fabriken gefragte Wohnungen geworden. Noch häufiger werden Büroflächen umgewidmet.
die Nachfrage nach Wohnraum ist enorm gestiegen, die Preise auch. Dem Büromarkt jedoch ging es schon einmal besser. Also machen Immobilienentwickler aus der Not eine Tugend und aus Büros kurzerhand Wohnungen. „Die Möglichkeit einer Neunutzung zu Wohnzwecken wurde jahrelang diskutiert, jetzt ist das Thema in der Praxis angekommen“, sagt Michael Ehlmaier, Geschäftsführender Gesellschafter von EHL Immobilien. „Die Wohnungspreise haben stark zugelegt und gleichzeitig sind ältere Büroflächen selbst nach aufwendigen Modernisierungen nicht leicht zu vermarkten. In vielen Fällen lohnt es sich, etwas mehr Geld in die Hand zu nehmen und einen Umbau in Wohnungen durchzuführen.“
Die Umwidmung ist in der Regel kein Problem, der Umbau in Wohnungen ist mitunter mühsam: „Man muss zum Beispiel die Stellplatzverpflichtung erfüllen oder eine Ausgleichsabgabe zahlen und man braucht einen Notkamin in jeder Wohnung. Trotzdem zahlt sich der Aufwand aus“, sagt ÖRAG-Vorstand Johannes Endl. „Die Büromiete liegt heute oft im einstelligen Bereich. Eine Wohnung kann man teurer vermieten. Noch attraktiver ist für den Hauseigentümer der Abverkauf von Eigentumswohnungen.“
Beispiele für erfolgreiche Umnutzungen gibt es viele: Im zweiten Bezirk wurden unter dem Titel „Fifty Four easy apartments“ 4400 Quadratmeter Bürofläche zu 54 Wohnungen umgebaut, die meisten sind bereits verkauft.
Eines der spektakulärsten Projekte befindet sich im ersten Bezirk: Zuletzt hat das Palais Principe am Hohen Markt eine Versicherung beherbergt. Jetzt sind im Haus bei der Ankeruhr einige der exklusivsten Wohnungen der Stadt entstanden. Die zwei Objekte im Dachgeschoß sind noch zu haben: Für 12,5 bzw. 14 Millionen Euro. Doch nicht immer werden ganze Häuser umgebaut. Auch in gemischt genutzten Objekten werden einzelne Büroetagen (teilweise wieder) zu Wohnungen. Ehemalige Fabriken und Werkstätten werden ebenfalls neu genützt.
Eine frühere Bänderfabrik im siebten Bezirk hat die Thurn & Bauer Immobiliengruppe zu modernen Lofts umgebaut. „Uns war es wichtig, dass der industrielle Charme der Fabrikhallen erhalten bleibt, diese jedoch den modernen Ansprüchen des Wohnens gerecht werden. Alte Elemente, wie die Metallsäulen, wurden bewusst erhalten“, sagt die geschäftsführende Gesellschafterin Birgitt Kohl. Während sich bis vor einigen Jahren fast ausschließlich Kreative für solche Projekte interessierten, haben in der Bandgasse vor allem Wirtschaftsmanager und Familien gekauft. Ein Loft mit 276 Quadratmeter Wohnfläche plus 69 Quadratmeter Außenflächen ist noch zu haben. Preis auf Anfrage.
„Neben der Entwicklung von städtischen Erweiterungsgebieten wird in Zukunft ein Fokus auf der inneren Stadtentwicklung liegen. Denn vor dem Hintergrund der wachsenden Bevölkerung und der Sicherung der hohen Lebensqualität ist es notwendig, bestehende urbane Gebiete bestmöglich zu nutzen“, sagt Wohnbaustadtrat Ludwig. „Dazu zählt auch die Nutzung von Brachflächen – von Industrie-Arealen, Kasernen und Bahnhöfen – für den geförderten Wohnbau.“ Auf dem ehemaligen Areal der Siemensgründe im 10. Bezirk entstehen derzeit ebenso geförderte Wohnungen wie auf den früheren Mautner-Markhof-Gründen im 11. Bezirk und dem Gelände der Waagner-Biró im 22. Bezirk. Alle drei Projekte sollen 2015 fertiggestellt sein. Egal, ob leer stehendes Büro oder geschlossene Fabrik: Das Konzept der neuen Nutzung geht auf.