Wirtschaft/Immo

Wissen Sie, wie viel Ihr Haus wert ist?

Ein Gutachten von einem Sachverständigen braucht man öfter, als die meisten denken: Bei einer Scheidung oder Schenkung, der Aufteilung einer Erbschaft, für einen Verkauf, zur Besicherung eines Kredites oder im Rahmen eines Exekutionsverfahrens. Professionelle und seriöse Bewerter findet man zum Beispiel beim Hauptverband der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen Österreichs.

"Je nach Wert der Immobilie und Umfang der Erhebungen bewegen sich die Kosten meist zwischen 1500 und 3000 Euro", sagt Georg Edlauer, Chef der Realkanzlei Edlauer in Niederösterreich und einer der Referenten beim ARS-Lehrgang Immobilienbewertung. Anders formuliert: Zwischen zwei und fünf Promille des Kaufpreises sollte man budgetieren.

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"Man neigt dazu, das eigene Hab und Gut höher zu bewerten. Weil man Erinnerungen hat, Eigenleistungen gebracht hat, weil schon die Oma in dem Haus gewohnt hat", erklärt Edlauer. Doch Fehleinschätzungen gibt es in beide Richtungen. "Es könnte auch sein, dass der Eigentümer gar nicht weiß, dass er eine höhere Flächenwidmung hat", so Edlauer. So könnte zum Beispiel beim Kauf der hintere Teil des Garten als Grünland gewidmet gewesen sein. Im Lauf der Jahre könnte dieser Teil aber als Bauland umgewidmet und damit aufgewertet worden sein.

Der Klassiker unter den Kriterien ist nach wie vor die Lage. Eine moderne Architektenvilla auf einem Hektar Grund mit 500 Quadratmetern Wohnfläche, Schwimmhalle und Weinkeller hätte rein rechnerisch einen Sachwert von 800.000 Euro. Steht diese Villa aber ganz oben im Waldviertel, in einem strukturell benachteiligtem Gebiet wird man wahrscheinlich nur 300.000 dafür bekommen. In der Hinterbrühl südwestlich von Wien hat man sofort zehn Interessenten, die auch eine Million zahlen würden.

"Ist eine Gegend ständig von Hochwasser bedroht, mindert auch das den Wert der Immobilie. Früher war das nicht so ein Thema, aber durch die vielen Katastrophen gibt es hier eine starke Sensibilisierung der Marktteilnehmer", beobachtet Edlauer.

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Zu einer guten Bewertung gehört auch eine rechtliche Einschätzung. Denn diese Umstände können zu einer starken Entwertung einer Liegenschaft führen: "Ein vermietetes Einfamilienhaus kann in der gleichen Lage und mit derselben Ausstattung 250.000 oder 50.000 Euro wert sein - je nachdem, ob der Mietvertrag im Dezember 2001 oder im Jänner 2002 abgeschlossen wurde", berichtet Edlauer. "Da gab es nämlich eine Änderung im Gesetz: Der alte Vertrag schützt den Mieter, der neue unterliegt dem ABGB und daher kann der Vermieter den Mieter leicht kündigen."

Auch Servitute (Nutzungsrechte) gehören zu den rechtlichen Themen. "Es ist natürlich ein großer Unterschied ob der Nachbar zu jeder Tages- und Nachtzeit mit seinen landwirtschaftlichen Geräten quer über ein Grundstück fahren darf, oder ob er nur zu Fuß einen Teil des Grundes betreten darf und das nur an hohen Feiertagen", bringt Edlauer ein überspitztes Beispiel.

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Ein gutes Gutachten kann man nicht am Schreibtisch erstellen. "Die Besichtigung und der Befund vor Ort sind wichtig", betont Edlauer. Er empfiehlt grundsätzlich einen gerichtlich beeideten Sachverständigen, relativiert aber: "Ein Makler am Land kennt seinen Markt. Der kann auch ohne Zertifikat sehr gute Bewertungen machen , weil er einfach 50 Häuser pro Jahr verkauft. Und ein Zinshaus in Wien muss er schließlich nicht bewerten können."

Dafür gibt es Profis wie den Sachverständige Max Wohlgemuth von Spiegelfeld & Wohlgemuth Liegenschaftsbewertungen. Auch er betont: "Es gibt kein Standard-Raster, man muss sich immer den Einzelfall anschauen. In der Regel ist eine Wohnung im Dachgeschoß mehr wert als die im Erdgeschoß. Wenn es im Haus keinen Lift gibt, sieht die Sache aber ganz anders aus." Und während man für eine ebenerdige Wohnung an einer befahrenen Straße nicht viel bekommen wird, kann eine Erdgeschoßwohnung mit Eigengarten in einem ruhigen Innenhof hohe Preise erzielen.

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