Wie lebt es sich im Passivhaus?
Ihre Fragen zum Thema "passives Wohnen" hat klima:aktiv- Experte Johannes Fechner heute bei uns im Live-Chat beantwortet. Hier die Antworten des Beraters zum Nachlesen:
otto e.: womit dämmt man jetzt wirklich am besten? zellulose, stroh, kunstschaum . . . ?
Johannes Fechner: Wichtig ist ein abgestimmtes System, wenn ökologische Aspekte eine Rolle spielen, dann gibt www.baubook.at die besten Informationen, einen eindeutig besten Dämmstoff gibt es natürlich nicht! Wichtiger ist die ausreichende Dämmstärke, auch aus ökologischer Sicht.
elisabeth g.: wie funktioniert das mit dem lüften im passivhaus? den ganzen winter lang nicht? wie hält man dann die luftgüte? und wie wirkt sich das auf allergiker aus?
Johannes Fechner: Die Lüftgüte im Passivhaus ist eindeutig besser als in Häusern ohne kontrollierte Wohnraumlüftung. Die Luft wird gefiltert (Feinstaub, Pollen entfernt zB Filter der Filterklasse 7 zu einem großen Teil) und es strömt immer frische Luft ein. Viele Infos aus den aktuellen Forschungsprojekten finden Sie auf www.komfortlüftung.at
martina b.: gibt es eine fausregel, wieviel fensterfläche und wieviel dämmung man für ein passivhaus braucht? wo kann ich mir das ausrechnen lassen?
Johannes Fechner: Die Berechnung erfolgt mit dem Passivhaus-Projektierungspaket PHPP (sh www.passiv.de). Eine erste Information bieten die Energieberater, zu finden auf www.maps.klimaaktiv.at -> Profisuche. Bei einem Einfamilienhaus betragen die Dämmstärken 30 cm und mehr, je kleiner das Haus, desto schwieriger wird es den Passivhaus Standard zu erreichen. Fensterflächen nach Süden sind gut, sollten allerdings nicht viel mehr als 50 % der Fassade sein, sonst gibt es im Sommer Probleme mit Überhitzung.
ernst w.: Wir haben unser Haus nach Niederenergie-Methode gebaut, mit Fußbodenheizung und Lüftung. Wir sind damit sehr zufrieden. Wie funktioniert das mit der Heizung im Passivhaus - vor allem, wie kalt oder kühl sind die Fußböden? Können die Kinder am Boden spielen ohne sich zu verkühlen?
Johannes Fechner: Die Idee des Passivhauses kommt daher, dass man den Wärmeschutz so weit verbessert, dass man kein übliches, aktives Heizsystem mehr braucht. Bewohner, Geräte und die Sonne produzieren ja Wärme. Da wir aber Frischluft brauchen, muss gelüftet werden und dabei ging bisher viel Wärme verloren. Mit einem Wärmetauscher kann diese Wärme zurückgewonnen werden, dafür braucht man eben ein Lüftungssystem. Die Wände, Fenster und Böden sind im Passivhaus besonders angenehm, da sie praktisch Raumtemperatur haben, das liegt an der optimalen Wärmedämmung.
Rudolf H.: Kommt man im Passivhaus ganz ohne Wärmequelle, wie z.B einen Ofen aus?
Johannes Fechner: Von der Idee her ist das Passivhaus ein Haus, in dem die geringe Wärmemenge, die man für die Erhaltung der Rauimtemperatur braucht, über die Lüftungsanlage eingebracht werden kann. Unter Komfortbedingungen, d.h. max ca 50 Grad Einblastemperatur (nicht spürbar, da Luftstrom an der Decke entlang streicht) und die Luftmenge beträgt nicht mehr als hygienisch erforderlich ist, dh. es werden pro Stunde etwa 30 - 40 % des Luftvolumens erneuert. Dennoch wünschen viele Bewohner verständlicherweise eine warme Heizquelle im Raum, das ist natürlich möglich, wobei die Leistung üblicher Öfen dann schon wieder zu hoch ist. Auch kleine Fußbodenheizungen sind möglich.
Ingo A.: Braucht man für das P-Haus eigentlich spezielle Tür- und Fensterkonstruktionen? Wie dick ist der ideale Wandaufbau mindestens?
Johannes Fechner: Die Fenster und Türen im Passivhaus haben den Komfort besonders verbessert. Es sind 3 Scheiben Verglasungen mit speziellen Rahmenkonstruktionen. Bisher war nämlich oft der Rahmen die Schwachstelle und es gab Kondensat. Ein weiterer Vorteil der Passivhausfenster ist, dass es praktisch keinen Kaltluftabfall mehr gibt, d.h. man braucht keinen Radiator unter dem Fenster. Der Wohnraum wird damit auch besser nutzbar. Ganz wichtig ist noch der richtige Einbau, Vermeidung von Wärmebrücken und Luftdichte sind da die Kriterien. Mehr zu Fenstern sh www.passiv.de
Rudolf H.: Kann die Dichtheit eines Passivhauses über Jahre hinweg gewährleistet werden? Wenn nicht erhöht sich der Heuzwärmebedarf mit der Zeit?
Johannes Fechner: An sich sind Klebebänder wie sie bei Dampfbremsen und Winddichtbahnen verwendet werden auf Alterung geprüft, eine 100% Garantie kann ich hier natürlich nicht geben.
Antonia G.: Kann man ein Passivhaus auch so gestalten, dass es in eine Siedlung von traditionellen Häusern passt? Wir haben hier ziemlich strenge Ensembleschutz-Auflagen.
Johannes Fechner: Ein großer Vorteil des Passivhauses ist, dass anders als bei Solar-Niedrigenergiehäusern die Bauform weniger stark vorgegeben ist. Vorteilhaft ist jedenfalls eine kompakte Bauform, also wenig Oberfläche für möglichste viel Volumen. Auch wenn als Dachform oft das Pultdach gewählt wird sind auch Satteldächer möglich. Natürlich sind Passivhäuser in Massiv- Holz und Mischbauweisen möglich. Beispiele finden Sie z.B. unter www.klimaaktiv-gebaut.at
Antonia G.: Worauf muss man bei der Auswahl der Wärmepumpe achten?
Johannes Fechner: Es kommt auf die möglichst richtige Ermittlung der Jahresarbeitszahl an. Am Prüfstand werden sog. COP Werte ermittelt, die eine Einschätzung ermöglichen wie viel elektrische Energie für bestimmte Betriebszustände aufgewendet werden muss. Jahresarbeitszahlen werden z.B. nach einer VDI Richtlinie bzw. nach dem Programm JAZcalc ermittelt. Werte über 4 sind als günstig zu bewerten. Besonders kritisch sind Luft-Wasserwärmepumpen zu sehen, wenn damit hohe Temperaturen erzeugt werden sollen. Es gibt zertifizierte Wärmepumpeninstallateure, sh www.maps.klimaaktiv.at (Profi) bzw. www.ait.ac.at
Ludwig M.: Sind Sie der Meinung, dass die momentanen Förderungen der Länder zu sehr auf Energiesparen und zu wenig auf ökologische Baustoffe ausgerichtet sind?
Johannes Fechner: Der Ansatz, die Ökologie auch im Sinne einer ÖkoBilanzierung zu erfassen scheint mir zielführend (OI3 Index, zB Wohnbauförderung S, NÖ, V etc.) Auch auf EU Ebene erwarte ich nach dem Energieschwerpunkt in Zukunft mehr zur Gesamtbewertung von Gebäuden, sh. zB www.HAUSderZukunft.at, Total Quality
Elfriede P.: Wie warm ist es drinnen, wenn es draußen null grad hat? und wie regelt man das?
Johannes Fechner: 20 Grad, 22 Grad, wie Sie wünschen. Je nach System mit Thermostat, auch die Luftmengen können meist in 3 Stufen geregelt werden.
Rene B.: Ist es Möglich ein Bungalow als Passivhaus zu bauen, vor allem bezogen auf NÖ?
Johannes Fechner: Je stärker gegliedert desto schwieriger wird es. Eingeschoßige Bauten brauchen Dämmstärken deutlich über 30 cm und da wird es schon schwierig. Mit einer Passivhaus Vorprojektierung kann das rel. einfach abgeschätzt werden. Wenden Sie sich an einen Energieberater bzw. klima:aktiv Kompetenzpartner, sh. www.maps.klimaaktiv.at
Tina B.: Sind alle Passivhäuser gleich gut - gibt es da Unterschiede?
Johannes Fechner: Leider nein, es gab - bedingt durch falsche Fördersignale eine Zeit lang Passivhäuser, die eigentlich nach der Definition des PassivhausInstituts keine waren. Wenn Sie sicher gehen wollen ist eine klima:aktiv Passivhaus Deklaration zu empfehlen. Dahinter steht ein klarer Kriterienkatalog, vereinbaren Sie mit einem Planer eine entspr. Deklaration, dann sind dazu auch die beschriebenen Nachweise zu erbringen. Eine derartige Absicherung empfehle ich sehr! Auch das Passivhaus Institut bietet Zertifizierungen für ein PH Projekt an.
Elfriede P.: Welche Energiequellen nutzt man jetzt am besten für das Warmwasser? Ist es wirklich sinnvoll, unterschiedliche Energie- und Wärmelieferanten in ein Haus einzubauen? Wie amortisiert sich denn das? Und wie aufwändig ist die Erneuerung, wenn ein System einmal den Geist aufgibt?
Johannes Fechner: Meiner Meinung nach ist Solarenergie die zukunftssicherste Energieform. Oft wird ein sog. Kompaktgerät eingebaut, das praktischerweise als Lüftungsgerät mit Wärmetausch, Warmwasserbereitung fungiert. Hier muss man allerdings darauf achten, dass der Stromverbrauch nicht zu hoch wird. Sh auch www.klimaaktivhaus.at -> Kriterienkataloge; bei größeren Gebäuden ist natürlich auch Biowärme eine Option.
Rudolf H.: Ist es sinnvoll in ein Passivhaus eine wärmende Heizquelle für das Wohlbefinden einzubauen?
Johannes Fechner: Durchaus.
Rene B.: Ich habe mal gelesen das ein 80 qm Haus zu klein ist für Passivhaus, ich dachte das um so kleiner um so besser, gibt es hier eine Regel?
Johannes Fechner: Das ist richtig, die Dämmstärken würden sehr groß. Also in dem Fall haben es große Gebäude viel leichter, zB. einen groen Geschoßbau oder ein Bürohaus auf Passivhaus Niveau zu bringen als ein Kleingartenhaus.
Sarah P.: stört eine hundeklappe in den garten das passiv-haus-system?
Johannes Fechner: Ja. Das wäre eine starke Wärmebrücke.
Hannes W.: Wie können in den Räumen verschiedene Temperaturen geregelt werden. ZB Badezimmer. Funktioniert das nur über Zusatzheizung? Kommt man alleine mit einer kontrollierten Wohnraumlüftung aus?
Johannes Fechner: Wenn das gewünscht wird empfehle ich eine kleine Zusatzheizung, zB. Fußboden im Bad, oder Handtuchhalter. Die Energiemengen sind ja sehr gering. Im Passivhaus benötigen Sie für den kältesten Tag eine Heizleistung von 10 Watt pro m2, dh für 100 m2 reicht ein kW!
Sylvia P.: Muss ich im Passivhaus die Vorhänge immer offen lassen? Ich will nicht, dass jeder hineinschauen kann.
Johannes Fechner: nein.
Ludwig M.: Es gibt ja die Möglichkeit, die Zuluft fürs Passivhaus durch ein Rohr in der Erde vorzuwärmen, bzw. im Sommer vorzukühlen. Ist das sinnvoll oder doch eher gefährlich punkto Schimmelbefall?
Johannes Fechner: Erdwärmetauscher wird vor allem zur Frostsicherung vorgesehen, dämpft die Temperaturschwankungen im Sommer und Winter. Wenn richtig ausgeführt, dann sollte es keine Probleme mit Schimmelbefall geben (Gefälle, keine Senken etc.)
Anna K.: Ab wann hab ich die Extra-Kosten für den Bau wieder herinnen?
Johannes Fechner: Die Extra-Kosten hängen ganz stark davon ab, ob die Passivhaus Idee vom Architekten/Planer von Beginn an durchgezogen wird. Bei den dzt. guten Förderungen können Sie je nach Energiepreissteigerung in wenigen Jahren pari aussteigen. Dazu kommt aber noch der Nutzen durch den höheren Komfort der warmen Fenster, Wände, die frische, vorgereinigte Luft - es sind also nicht nur Mehrkosten, es wird auch mehr geboten!
Rudolf H.: Aufgrund der geringen Heizleistung (10W/m² kältesten Tag) wäre da nicht eine Stromheizung die wirtschaftlichste Heizung vor allem in Bezug auf die Anschaffungskosten?
Johannes Fechner: Diese Meinung wird durchaus vertreten, aber nicht von mir. Wir haben in 10 Jahren ca 25 % Stromverbrauchszuwachs in Österr., dh wir importieren! Jede zusätzliche Stromnutzung muss somit einem kalorischen oder Kernkraftwerk zugeordnet werden. Vertretbar erscheint mir die Nutzung von Strom für Niedertemperaturwärme allenfalls mit einer Wärmepumpe mit Jahresarbeitszahlen um 4.
Stefan P.: In Passivhäusern ist das Thema Luftdichtheit ja besonders wichtig. Inwiefern wirkt sich das tägliche Leben auf Luftdichtheit aus, muss jede Schraube in die Aussenwand verfugt werden, etc. (bspw. Küchenregale), aber auch andere Durchbrechungen der luftdichten Ebene? Interessieren würde mich auch die Unterschiede hinsichtlich der Wärmespeicherfähigkeit der verschiedenen Bauweisen (Ziegel vs. Holzriegel etc.).
Johannes Fechner: Was viele nicht wissen: Luftdicht Bauen ist in der ÖNORM für jeden Neubau vorgesehen. Im Passivhaus ist es insofern besonders wichtig, da wir ja eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung haben und wenn die warme Luft durch Fugen entweicht, bekommt der Wärmetauscher zu wenig. Beim PH wird die Luftdichte gemessen (sog. Blower-Door Test) sh. auch www.klimaaktivhaus.at -> Kriterienkataloge. Undichtheiten in der Konstruktion können zudem Feuchteschäden verurschen (Kondensat).
Ludwig M.: Wir sind momentan am Überlegen, ob wir wirklich unbedingt einen Holzofen in unser geplantes Passivhaus einbauen sollen. Welche Alternativen gibt es, um ein "warmes, gemütliches Zentrum" im Wohnzimmer zu schaffen?
Johannes Fechner: Es gibt zB kleine Pellets Zimmeröfen, sogar Öferln die mit Alkohol betrieben werden.
Stefan P.: Als wichtig erachte ich auch den Umstand, dass ausschließlich über Luft beheizte Räume weniger Möglichkeiten zur Regulierung der Luftmenge lassen, weil diese gleichzeitig Wärmeträger ist. Dadurch ist man gerade in der kalten Jahreszeit darauf angewiesen, die Luftmenge hoch zu halten. Das wiederum begünstigt die Austrockung der Luft. Heizsysteme mit Fussbodenheizungen erlauben meines Erachtens eine individuellere Steuerung der Luftmenge. Wie sehen Sie da? Zumal ja das "trockene Luft"-Problem sehr oft als Gegenargument für PH gebracht wird.
Johannes Fechner: Trockene Luft ist ein Thema. Das kann daran liegen, dass ein hoher Luftwechsel eingestellt ist, weil zB die Wärme gebraucht wird. Wenn das PH die (für ein zuluftbeheizbares PH ) geforderte Heizlast überschreitet, dann wird es schwierig. Ungünstig ist auch, wenn ein großes Haus wenig bewohnt wird (geringer Feuchteeintrag). Es kommt also sehr auf die erwartete Nutzung an, Patentrezepte sind da nicht angebracht! Viele Hinweise bietet www.komfortlüftung.at oder die Demonstarzionsbauten im HASU der Zukunft, www.HAUSderZukunft.at, mit Messergebnissen!