Wirtschaft/Immo

Wenn Immobilien versteigert werden

Manchmal kommt niemand, gelegentlich drängen sich 30 oder mehr Interessenten im Gerichtssaal. An einigen Tagen ist die Sache in einer Minute vorbei, an anderen wird eine halbe Stunde geboten. Markus Riedl, Richter am Bezirksgericht Innere Stadt hat schon viele Zwangsversteigerungen von Immobilien abgewickelt: "Es gibt unterschiedliche Taktiken. Manche versuchen, gleich beim ersten Gebot mit einer großen Summe zu beeindrucken, andere bieten in kleinen Schritten."

Meist sind es Profis wie Makler oder Immobilienentwickler, die auf diesem Weg zu günstigen Häusern und Wohnungen kommen wollen. Doch auch Laien können über eine Zwangsversteigerung oder eine sogenannte freiwillige Feilbietung ein Immobilien-Schnäppchen machen.

"Der Grund für eine Zwangsversteigerung ist meistens ein Insolvenz- oder Exekutionsverfahren, wenn also jemand seine Schulden nicht zahlen kann oder will", erklärt Franz Mohr, Leiter der Abteilung für Exekutions- und Insolvenzrecht im Justizministerium. "Auch wenn sich mehrere Eigentümer zerstreiten und man die Liegenschaft nicht sinnvoll aufteilen kann, kommt es im Zuge der Teilungsklage zu einer Zwangsversteigerung."

Ediktsdatei

Die Gerichte tragen die Termine in der Ediktsdatei ein. Hier finden potenzielle Bieter auch das Sachverständigengutachten sowie Bilder, den Grundriss und einen Lageplan von dem Objekt. Bei einer Zwangsversteigerung muss das Gericht die Immobilie von einem Profi schätzen lassen. Dann wird das geringste Gebot festgelegt – in der Regel beginnt die Versteigerung mit dem halben Schätzwert. Auf Antrag der Parteien kann der Richter auch eine höhere Summe festsetzen, unter dem halben Schätzwert darf das geringste Gebot jedoch nicht liegen.

Wer mitbieten will, muss vor der Versteigerung das sogenannte Vadium – ein Sparbuch mit zehn Prozent des Schätzwertes – bei Gericht hinterlegen. "Man sollte vorher ein paar Mal zu einer Versteigerung gehen und sich anschauen, wie so etwas abläuft. Schauen Sie sich außerdem das Objekt unbedingt vorher an und legen Sie eine Maximalhöhe fest. Man lässt sich sonst bei der Versteigerung leicht mitreißen", rät Notar Alexander Winkler. Gewährleistungsansprüche wie beim Kauf gibt es bei der Versteigerung nicht: Ist die Immobilie in einem schlechten Zustand, hat man keine Chance, das Geld zurückzubekommen.

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Einige Objekte wechseln zum geringsten Gebot den Besitzer, für andere wird mehr als der Schätzwert bezahlt. Die Beweggründe der Bieter sind oft sehr subjektiv: "Ich erinnere mich an eine Wohnung, die nach einer spannenden Versteigerung weit über dem Schätzwert weggegangen ist. Ein Interessent hat daneben gewohnt und wollte von seiner Wohnung durchbrechen, ein anderer hat dringend eine Bleibe in der Gegend gebraucht, weil seine kranke Mutter in der Nähe gewohnt hat", erzählt Riedl: "Es gab Zeiten, wo viele Objekte zum geringsten Gebot weggegangen sind. Heute ist es unser Ziel, möglichst viel hereinzubringen, damit die Gläubiger ihr Geld kriegen und auch der Eigentümer einen fairen Preis bekommt." Seit es die Ediktsdatei gibt, ist es für Interessenten leichter, sich einen Überblick über das Angebot zu verschaffen. Vor dem Jahr 2000 konnten sich potenzielle Bieter nur über die Wiener Zeitung und den Aushang an den Gerichten informieren.

Freiwillige Feilbietung

Für die Freiwillige Feilbietung waren früher ebenfalls die Gerichte zuständig. Seit 2009 wird dieses Verfahren von Notaren abgewickelt. Viele arbeiten dabei mit befugten Gewerbetreibenden wie Maklern oder Auktionshäusern zusammen. "Manche Eigentümer entscheiden sich für eine freiwillige Feilbietung bevor es zur Zwangsversteigerung kommt, denn diese Variante ist günstiger und es geht schneller", sagt Notar Alexander Winkler. Einige nützen diese Möglichkeit in der Hoffnung auf hohe Gebote auch als Alternative zum klassischen Verkauf.

Die Termine und die Feilbietungsbedingungen werden in der Ediktsdatei bekannt gemacht. Diese Konditionen kann der Eigentümer definieren – dazu gehören unter anderem die Höhe des geringsten Gebotes, die Zahlungsmodalitäten, an die sich der Bestbieter zu halten hat und die Höhe der Sicherheit (vergleichbar mit dem Vadium bei der Zwangsversteigerung). "Ein Gutachten ist bei der freiwilligen Feilbietung nicht vorgeschrieben. In diesem Fall legt der Eigentümer das Mindestgebot fest", erklärt Winkler. "Man wird sich natürlich anschauen, was ein marktüblicher Preis sein könnte. Wenn das Mindestgebot zu hoch ist, wird keiner mitbieten." Wer eine sehr genaue Vorstellung von seiner Wunschimmobilie hat, wird womöglich lange warten müssen, bis er in der Ediktsdatei das passende Objekt findet – und sich dann sehr schnell entscheiden müssen. Wer aber ganz grundsätzlich sein Geld in Immobilien anlegen will und genug Zeit hat, findet auf diesem Weg vielleicht ein echtes Schnäppchen.

www.edikte.justiz.gv.at