Wirtschaft/Immo

Warum die Reichen Kitzbühel lieben

Die Tiroler selbst sind das Erfolgsrezept. Ihre Art ist der Grund, warum die Luxus-Gesellschaft in Kitzbühel sesshaft wurde. "Die Kitzbühler sind Prominente gewöhnt und gehen damit relativ relaxt um. Der Reiche wird normal behandelt. Jeder sehnt sich nach Normalität. Egal, wie reich er ist", sagt Sandra Habermann.

Die 36-Jährige bildete mit Sophie Rings 2011 das erfolgreichste Duo der Makler Engel & Völkers. Das seit 2002 in Kitzbühel tätige Unternehmen war im Vorjahr der umsatzstärkste Makler in Kitz. Habermann und Rings dürfen sich als erfolgreichste Makler jener Stadt bezeichnen, in der man unter 8500 Euro "keinen vernünftigen" Quadratmeter bekommt. "Das ist derzeit der Mindestpreis für Wohnungen mit Renovierungsbedarf. Wohnungen in Top-Lage kosten bis zu 17.000 Euro", erklärt Rings einen Quadratmeterpreis, der etwa drei Mal so hoch wie jener in Wien ist. Warum?
"Die Kunden fühlen sich hier unter sich. Viele sagen: In Deutschland ist der Neid groß, wenn man erfolgreich ist." Hier sei das anders, da könne man stolz sein und es auch zeigen, sagt Habermann, deren Kunden zu drei Viertel Deutsche sind. "Und die schätzen, dass sie von Tirolern nie einen Kniefall dafür bekommen werden."

Kitzbühel hält ein Gleichgewicht, das vielen Nobelorten von Saint Tropez bis Davos abhanden gekommen ist: Es bietet die Vorzüge einer pulsierenden Stadt wie München im Rahmen eines ländlichen Vorortes. Reiche sind hier unter sich, aber nicht nur. Das Luxusautomobil wird bewundert, aber nicht angegafft. Das Wochenende der Hahnenkamm-Rennen ist das beste Beispiel: Der Sportevent bietet eine Möglichkeit, sich auf VIP-Partys zu begegnen, während vor der Tür Skifans feiern. Nur wenn die Reichen bewusst durch diese Tür gehen, stehen sie im Rampenlicht.

Normalität

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Habermann glaubt, dass das Teil ihres Erfolges ist: "Wenn Kunden bei der Türe hereinkommen, sage ich ganz normal ‚Griaß di‘. Und dieses Tirolerisch-Liebliche mögen sie eben." Eine willkommene Abwechslung für Menschen, die daheim immer hofiert werden. Hier tauschen sie Anzug gegen Jeans und Macht gegen Augenhöhe. Daher merke man den meisten das Geld auch nicht an. Rings: "Hier ist ihre Freizeit, hier schminken sie sich nicht. Und leben oft überraschend normal. Ich komme in Häuser von Prominenten und erwarte mir großen Pomp. Aber dann sehe ich niemanden Hummer essen, sondern Menschen in Pantoffeln."

Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Flaniert man durch Kitzbühel, riecht nichts nach "wie du und ich". Aus den Auslagen der Nobel-Boutiquen strahlt Luxus, Pelzmäntel steigen in Staatskarossen, Prosecco heißt hier Sekt und Sekt heißt Champagner. Kitzbühel ist der Ort, an dem noch alle Klischees stimmen: Hier wird Polo gespielt, hier kommen Menschen mit einem Geldkoffer, hier gibt es die höchste Dichte an Golfplätzen, Privatärzten und Immobilienmaklern. Was sind also die Unterschiede zwischen Mensch mit und Menschen ohne Geld?

Habermann ohne langes Nachdenken: "Menschen mit Geld haben mehr Möglichkeiten, ihre Speisekarten sind größer. Gerade jetzt in der Wirtschaftskrise müssen sie Entscheidungen treffen: Was mache ich mit meinem Geld, damit es sicher bleibt?" Das treibe auch so viele Deutsche in die Gegend: "In Spanien sind sie mit Immobilien so richtig eingefahren. Österreich, speziell Kitzbühel, ist interessant, weil es gut erreichbar ist, die Sprache und Mentalität vertraut sind."

Ewiger Boom

Die Kritik, dass Kitzbühel seine Seele verkauft habe, verstehen die beiden Maklerinnen nicht. Rings: "Ich bewundere eher, dass Kitzbühel noch immer Kitzbühel ist. Der Tiroler Landhausstil zieht sich durch."
Bei Kitzbühel geht es vor allem um Liebhaberei. Auch wenn Hahnenkammrennen, Typen wie einst Toni Sailer und Ästhetisches wie der Blick auf den Wilden Kaiser schöne Beigaben sind, gehe es den Reichen um anderes, sagt Habermann: "Kitzbühel ist eine Ganzjahresdestination, super erreichbar und interessant, weil so berühmte Menschen aus der Wirtschaft hier leben." Sind das Realwerte, wird das ewig so bleiben? "Die Immobilienpreise hier haben sich in zehn Jahren mehr als verdoppelt. Dabei geht es gar nicht um Prozentrechnung. Wer in Kitzbühel sein will, leistet es sich." Wenn er kann. Baugründe liegen bei gut 4000 Euro pro Quadratmeter. "Das ist aber nur die Wiese. Wenn man Glück hat, ist ein Marienkäfer drauf."
Der ist dann aber ebenso inkludiert wie die unverbogene Tiroler Art.