Sind Kleinwindkraftwerke wirtschaftlich rentabel?
Von Julia Beirer
Kurt Leonhartsberger hat noch keine Kleinwindkraftanlage auf seinem Dach. Das soll sich in den nächsten zwei Jahren aber ändern. „Spätestens dann wird es Anlagen geben, die auch in dicht besiedelten Gebieten effizient, sicher und wirtschaftlich Strom erzeugen können“, ist der Experte für „Erneuerbare Urbane Energiesysteme“ vom FH Technikum Wien überzeugt.
Neben seiner Lehrtätigkeit testet er Kleinwindkraftanlagen im Energieforschungspark Lichtenegg in Niederösterreich. Da es im Gegensatz zu Großwindanlagen in der Kleinwindkraft technisch viele Möglichkeiten gibt, Strom zu erzeugen, wird derzeit viel getestet.
Keine genormten Richtlinien in Österreich
„In Österreich gibt es zudem keine Richtlinien. Die Anlagen können ohne Qualitätsprüfung verkauft werden“, fügt Stefan Moidl von der Interessensvertretung Windkraft hinzu. Daher sei bei einem Kauf zu hinterfragen, ob das Gerät nach gängigen Normen produziert und von unabhängigen Stellen überprüft wurde.
Das betrifft vor allem die zu erwartende Leistung der Geräte. Laut den Experten wird häufig eine höhere „Nennleistung“ angegeben, als tatsächlich zu erwarten ist.
Zur Erklärung: Die Nennleistung gibt an, wie viel Energie eine Kleinwindkraftanlage unter bestimmten Windbedingungen produzieren kann und ermöglicht somit verschiedene Anlagen zu vergleichen. Ein durchschnittlicher Haushalt, sprich ein Einfamilienhaus, benötigt 3.500 bis 4.000 Kilowattstunden pro Jahr.
Laut Leonhartsberger kann das eine Anlage mit 10 bis 15 Metern Höhe, einem Rotordurchmesser von 6 Metern und einer Nennleistung von 5 Kilowatt an einem guten Standort durchaus produzieren. Dafür sind inklusive Aufbau, Betonfundament und Mast rund 20.000 Euro zu investieren.
Welcher Standort eignet sich für ein Windkraftwerk?
Wer Strom mit Kleinwindkraft in seinem Einfamilienhaus erzeugen will, sollte zuerst eine Standortbewertung machen lassen. Diese kostet zwischen 200 bis 400 Euro. „Fachleute können mittels Ortsangaben und moderner Technologie präzise Aussagen treffen“, erklärt Kurt Leonhartsberger.
Eignet sich der Standort, empfiehlt der Energieexperte eine sogenannte Windmessung (Kostenpunkt 2.000 Euro). Dabei wird über einen längeren Zeitraum in 10 bis 15 Metern Höhe am zukünftigen Standort die Windgeschwindigkeit gemessen.
Ebenfalls zu beachten sind Schall- und Schattenwurf der Geräte. „Manche Anlagen sind nicht gerade leise. Lärm darf die Nachbarn aber genauso wenig beeinträchtigen wie der Schatten, den sie werfen“, klärt Leonhartsberger auf. Ansonsten werde die nötige Bau- und Betriebsgenehmigung vom zuständigen Amt nicht ausgestellt.
Dafür muss auch ein gewisser Abstand zum Nachbargrundstück eingehalten werden. Dieser ist von Bundesland zu Bundesland anders geregelt und vor allem in Siedlungsgebieten schwierig einzuhalten.
Garten- vs. Dachanlage
Viele weichen auf das Dach aus. „Das ist prinzipiell auch eine gute Idee, allerdings interagieren Anlage und Gebäude miteinander“, sagt Stefan Moidl. Durch die mechanische Stromerzeugung entsteht Bewegung, die auf das Gebäude übertragen werden kann. „Die Anlage schwingt vor allem bei böigem und unstetigem Wind – und das kann im Haus als Vibration spürbar sein.“
Dagegen wirken Schwingungsentkoppler. Ob diese nötig sind oder nicht, wird ebenfalls im Energieforschungspark Lichtenegg gemessen. Kurt Leonhartsbergers Erfahrungen nach werde dieser Punkt von Konsument und Hersteller häufig unterschätzt.
Sind private Windräder wirtschaftlich?
Viele private Windräder rentieren sich finanziell allerdings (noch) nicht. „In Österreich stehen circa 350 Kleinwindkraftanlagen. Der Großteil davon ist wirtschaftlich nicht rentabel“, weiß Leonhartsberger.
Im Vordergrund stehe aber der ökologische Gedanke und das Bewusstsein, dass unsere derzeitige Energieversorgung nicht zukunftsfähig ist. Starke Nutzer der Windenergie sind Landwirte: „Sie haben häufig einen Selbstversorgerwunsch und erkannt, dass Windenergie eine gute Ergänzung zu ihren meist schon bestehenden Photovoltaikanlagen am Dach ist.“