Wirtschaft/Immo

Runder Tisch

Im Juni wurde das neue VRUG (Verbraucherrechte-Richtlinie-Umsetzungsgesetz) eingeführt. Was bedeutet das für Kunden?

Georg Flödl: Die neue EU-Richtlinie ist nun im nationalen Gesetz verankert und dient dem Konsumentenschutz. Es geht darum, dass im Fernabsatz- und Außergeschäftsraum-Geschäft Informationen erteilt werden, wie etwa: Wer ist der Ansprechpartner, was ist die Dienstleistung, wie kommt der Vertrag zustande und wann kann ich davon zurücktreten. Nun gibt es dazu ein neues Formular.

Es geht also darum, dass man das Maklergeschäft nun schriftlich festhält?

Georg Flödl: Ja. Was früher ein schlüssiger konkludent zustande gekommener Maklervertrag war, wird jetzt verschriftlicht. An der Qualität der Dienstleistung und dem Erfolgshonorar hat sich jedoch nichts geändert.

In diesem Zusammenhang gibt es die Meinung, dass dieses Prozedere zu einer Marktbereinigung führt. Stimmt das?

Thomas Malloth: Als Bereinigung sehe ich es nicht. Es zwingt die handelnden Personen, klarer miteinander umzugehen.

Gabriele Zgubic: Das Formular ist einfach eine Klarstellung. Wenn jemand die Dienstleistung eines Maklers in Anspruch nimmt, schließt dieser einen Vertrag ab, der letztlich zum Provisionsanspruch des Maklers führt. Was verwirrt, ist, dass man gleichzeitig auf das Rücktrittsrecht verzichten soll.

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Welche Erfahrungen konnten Sie bislang in diesem Punkt sammeln?

Reinhard Prüfert: Unsere Kunden erhalten nun ein Informationsschreiben, eine Maklervereinbarung, ein Musterwiderrufs-Formular und die Widerrufsbelehrung. Das sind in Summe 20 Seiten, aber der Kunde hat noch keine Informationen zum Objekt. Im besten Fall meldet er sich bei uns direkt und fragt nach. Der weniger gute Fall ist, dass wir bei Kunden sehr oft nachfragen mussten, ob sie das Informationsschreiben erhalten haben und ob es noch Fragen gibt. Bei einem Neukunden setzen wir wieder bei null an. Nur die wenigsten lesen sich die 20 Seiten tatsächlich durch.

Nadja Shah: Darin sehe ich den eigentlichen Nachteil. Es ist eine Formalisierung des Geschäftsablaufes und man schaut nicht auf den Inhalt. Aus meiner Sicht eine Themenverfehlung. Wenn ich einen Verbraucher schützen möchte, dann müsste ich ihm den Inhalt erklären und nicht die Form. Das Positive an der Regelung: Konsumenten bekommen mit, dass sie einen Vertrag abschließen und Auftraggeber des Maklers sind.

Thomas Malloth: Der Konsument hat ein Rücktrittsrecht, aber das hatte er schon immer. Wenn der Kunde jetzt gleich Informationen erhalten und der Makler sich sein eigenes Geschäft nicht kaputt machen will, muss der Makler darauf bestehen, dass der Kunde dieses Formular unterzeichnet. Nur dann kann er für ihn tätig werden. Das kann man Kunden nur schwer erklären und das ist mit dem VRUG schlecht gelöst.

Was ist die Kritik an der Maklerprovision?

Nadja Shah: Die Erfolgsvermittlung. Der Letzte zahlt für etwas, was der Makler bei anderen davor geleistet hat. Ob er zehn oder zwei Besichtigungen durchgeführt hat sieht der Letzte nicht. Der muss es aber de facto zahlen.

Thomas Malloth: Das würde aber auch bedeuten: Wenn mich jemand anruft und nach einer Wohnung fragt sage ich: Sehr gerne und ab jetzt läuft der Tachometer. Sie denken also diese Form würde dem Konsumenten billiger kommen?

Nadja Shah: Die Frage, die sich hier stellt, ist, was ist ein Auftrag und ab wann kommt er zustande? Ist es ein Auftrag, wenn ich bei einem Inserat die angegebene Telefonnummer anrufe und nachfrage? Aus meiner Sicht ist es das nicht.

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Georg Flödl: Wenn der Kunde anruft und nähere Informationen zum Objekt haben möchte, ist das natürlich ein Auftrag. Wir sind Vermittler für Mieter und Vermieter.

Gabriele Zgubic: Je höher ein Makler das Mietobjekt vermieten kann, desto höher fällt die Provision aus, die der Mieter zahlen muss. Das ist schon ein Interessenkonflikt. Konsumenten haben oft den Eindruck, dass nicht ihre, sondern die Interessen des Vermieters vertreten werden. In Deutschland muss künftig der Erst-Auftraggeber den Makler bezahlen. Eine ähnliche Regelung wäre auch in Österreich wünschenswert.

Reinhard Prüfert: Seriöse Makler vertreten beide Interessen. Viele vergessen, dass die Aufbereitung eines Objektes schon im Vorfeld ein großer Aufwand ist.

Gabriele Zgubic: Das würde also bedeuten: Wenn zum Beispiel der Vermieter einer Altbauwohnung zu viel Miete verlangt, sich einen befristeten Vertrag wünscht und sich aber nicht an den 25-prozentigen Befristungsabschlag halten will, müssen Sie den Mieter darüber informieren. Machen Sie das in der Praxis?

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Reinhard Prüfert: Sie nennen hier nur Extrembeispiele. Man kann nicht von Einzelfällen auf alle schließen. Wäre das Besteller-Prinzip ein realistischer Lösungsansatz?

Nadja Shah: Ich denke schon.

Thomas Malloth: Das ist eine viel diskutierte Frage. Wenn man das einführt, nimmt man für den einen Teil Beratung aus dem Markt. Dadurch würde man den Konsumenten dem freien Spiel überlassen, es sei denn, er geht gleich von vornherein zur Arbeiterkammer oder zur Mietervereinigung. Für mich bedeutet das, ich übernehme keinerlei Haftung und berate ausschließlich denjenigen, der das Gut in der Hand hat. Ob das gesellschaftlich gut ist, bezweifle ich.

Nadja Shah: Wenn der Besteller die Leistung honoriert, erhält er bei der Beratung alle Informationen über die rechtlichen Rahmenbedingungen – das ist ein faires System. Jetzt wird der Erfolg honoriert und alle Interessenten vor mir haben nichts bezahlt.

Georg Flödl: Dass würde aber auch bedeuten, Sie suchen eine Wohnung und müssen für jede Besichtigung gesondert bezahlen. Unterm Strich kann das dann teurer kommen.

Nadja Shah: Ich würde mir damit auch viele Besichtigungen ersparen. Es ist eine Anerkennung der Leistung die erbracht wird. Über die Höhe des Honorars muss man dann natürlich diskutieren.

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Thomas Malloth:Jetzt sorgt ein Makler auch beim Mieter für Transparenz. Denn dieser ist sonst nicht in der Lage, sich einen Überblick über den großen Markt zu verschaffen. Das heißt, er braucht einen Übersetzer. Das würde beim Besteller-Prinzip wegfallen. Das wäre ein großer Fehler.

Nadja Shah: Das sehe ich nicht so. Der Makler bleibt der Übersetzer der rechtlichen Normen, nur dass der Mieter jetzt eindeutig sein Kunde ist.

Eine Preisdeckelung bei Mieten wird oft diskutiert. Wie stehen Sie dazu?

Nadja Shah: Der Markt funktioniert bei den privat und teuer vermieteten Wohnungen nicht. Auch wenn eine Wohnung jahrelang nicht vermietet werden kann und leer steht, wird sie nicht billiger angeboten. Ein Vermieter kann das Produkt ewig aus dem Markt herausnehmen. Es gibt zwar ein Recht auf Privateigentum, aber kein Grundrecht auf Profit. Wenn die Mieten nicht mehr zum Einkommen passen, muss der Staat dafür sorgen, dass entweder die Einkommen steigen oder die Mieten sinken.

Thomas Malloth: Privateigentum heißt, dass ich frei darüber verfügen kann. Eine Beschränkung der Miete käme einer materiellen Enteignung gleich, das kann nicht die Lösung sein. Dass Einkommen zu niedrig sind, ist richtig. Aber um dieses Problem zu lösen, muss die Wirtschaft angekurbelt werden.

Nadja Shah: Eine Gesellschaft, die sozialen Frieden will, braucht leistbare Wohnungen.Thomas Malloth: Stimmt. Aber für soziale Fragen, für Menschen, die sich das Wohnen wirklich nicht leisten können, ist nicht der private Vermieter zuständig.

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Gabriele Zgubic: Es geht darum, dass sich die Mittelschicht ihre Wohnung nicht mehr leisten kann. Daher brauchen wir Mietzinsobergrenzen und mehr geförderten Neubau.

Nadja Shah: Der Vermieter soll weiter daran verdienen, allerdings mit einer Gewinnobergrenze.

Reinhard Prüfert: Es geht um Angebot und Nachfrage. Wir müssen Angebot schaffen und das funktioniert mit einer Mietpreisbeschränkung nicht. Kein Investor würde mehr investieren und es gäbe kein neues Wohnungsangebot.

Nadja Shah: Derzeit gibt es keine Mietzinsgrenzen am freifinanzierten Markt – aber ich sehe keinen Bauboom.Thomas Malloth: Und ich sehe keine Mehrheit, die unter der Brücke wohnen muss. Weil der Markt funktioniert.

Was wünschen Sie sich von einem neuen Miet- und Wohnrecht?

Georg Flödl: Wir brauchen ein modernes Wohnrecht, das alle Interessen abdeckt, den Markt widerspiegelt und nicht mit Deckeln und Drohungen arbeitet.

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Gabriele Zgubic: Wir brauchen Mietbegrenzungen, wir wollen die Befristungen eindämmen, die Betriebskosten senken und die Zweckwidmung der Wohnbauförderung wieder einführen.

Nadja Shah: Der Markt funktioniert nur, wo Angebot und Nachfrage in Balance sind. Daher glaube ich an die Deckelung von Mieten für alle Wohnungen. Die Höhe ist eine Diskussions- und Fairnessfrage.

Thomas Malloth: Ich wünsche mir, dass die eindimensionale Diskussion um einzelne Punkte des MRG aufhört und man sich insgesamt die Frage stellt, wie man leistbares Wohnen schaffen kann.

Reinhard Prüfert: Das Mietrecht ist sehr veraltet, teilweise widersprüchlich und unübersichtlich. Es gehört in großen Zügen reformiert, dabei muss auf die subjektive Schutzwürdigkeit jedes Einzelnen eingegangen werden.

Seit Jahren tagt immer wieder eine Arbeitsgruppe im Justizministerium. Wie ist der Stand der Dinge?

Gabriele Zgubic: Beide Koalitionsparteien haben sich im Wahlkampf das leistbare Wohnen auf die Fahnen geheftet. Es gibt auch ein Regierungsübereinkommen mit diesem Kapitel. Wir erwarten eine zügige Umsetzung.

Aber wird es umgesetzt?

Nadja Shah: Wenn zwei Partner an einem Tisch sitzen, die diametral entgegengesetzte Interessen vertreten: Wer kann das sagen?