Eigentümerversammlung: Streiten oder lieber abstimmen?
Von Ursula Horvath
Man trifft sich in einem Gemeinschaftsraum des Hauses oder im Extrazimmer beim Wirten ums Eck. Es wird berichtet, meistens diskutiert, oft gestritten und manchmal abgestimmt.
Alle zwei Jahre muss der Hausverwalter eine Eigentümerversammlung einberufen – sofern nichts anderes vereinbart wurde. Aus wichtigen Gründen kann auch eine Minderheit (mindestens drei Eigentümer, die zusammen ein Viertel der Anteile haben) die Durchführung einer außerordentlichen Eigentümerversammlung verlangen. Auf eigene Kosten kann auch jeder Einzelne eine solche Zusammenkunft organisieren.
Termin
Die rechtzeitige Einberufung ist die erste Voraussetzung für eine gültige Abstimmung. Die Einladung und die Tagesordnung mit den Punkten, über die abgestimmt werden soll, müssen mindestens zwei Wochen vor dem Termin ausgehängt und allen Eigentümern zugesendet werden. „Bei den vielen Termine, die heute jeder hat, sind zwei Wochen für die meisten zu knapp. Wir schicken daher schon Monate vorher ein Termin-Aviso“, sagt Udo Weinberger, Geschäftsführer der Hausverwaltung Weinberger Biletti.
Ablauf
Wie ein solcher Abend abläuft, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Eine gut vorbereitete Versammlung dauert ein bis zwei Stunden – vorausgesetzt das Gesprächsklima im Haus ist in Ordnung. Der Verwalter berichtet über seine Tätigkeiten, vielleicht wird über die Einsetzung oder Abberufung einer Hausvertrauensperson diskutiert und über Anschaffungen oder Sanierungsmaßnahmen abgestimmt. Maßnahmen der „außerordentlichen Verwaltung“ – dazu gehört etwa der Einbau eines Lifts, ein Dachbodenausbau oder die Umstellung einer Ölheizung auf Fernwärme – muss die einfache Mehrheit zustimmen.
Streitpunkte
Konstruktiv diskutiert wird nicht immer. An einem solchen Abend können auch die Emotionen hochgehen – vor allem, wenn jemand ein Projekt unbedingt umsetzen oder um jeden Preis verhindern will. „Wenn der Verwalter gut vorbereitet ist, wird über große Sanierungsmaßnahmen meistens ganz vernünftig gesprochen“, erzählt Weinberger. „Streit gibt es eher, wenn es unterschiedliche Meinungen über das Verhalten von Einzelnen gibt – wenn etwa jemand immer den Mist vor die Tür stellt, mit dem Fahrrad den Gang blockiert oder zu laut Musik hört. Dann wird erwartet, dass der Verwalter eingreift. Es ist aber nicht seine Aufgabe, den Hauspolizisten zu spielen. Solche Probleme müssen die Bewohner untereinander klären.“
In der Praxis wird bei Eigentümerversammlungen mehr informiert und diskutiert als abgestimmt. „Oft gibt es Fragen, die erst noch geklärt werden müssen“, sagt Weinberger. „In diesem Fall recherchieren wir und fassen die Infos zusammen. Die Entscheidung wird dann im Wege eines Umlaufbeschlusses getroffen.“
Beschlüsse
Rechtswirksam ist eine Entscheidung nur dann, wenn jeder Wohnungseigentümer die Möglichkeit hatte, sich zu äußern. „Es reicht, dass allen diese Gelegenheit gegeben wurde. Es ist nicht erforderlich, dass sich alle tatsächlich geäußert haben“, betont Sochor.
Nach der Eigentümerversammlung muss das Protokoll im Haus aufgehängt und den Eigentümern zugeschickt werden. Wurden Beschlüsse gefasst, muss außerdem ein Hinweis über die Einspruchsfristen (siehe rechts) beigefügt werden. Diese beginnen mit dem Tag des Anschlags am Schwarzen Brett zu laufen.
Mietwohnung
Mieter haben übrigens keinen Anspruch auf eine ähnliche Veranstaltung oder auf Mitbestimmung. Einige Genossenschaften führen dennoch alle paar Jahre eine Mieterversammlung durch. Und manche Eigentümer informieren die Mieter vor größeren Sanierungsmaßnahmen. „Da wird dann zum Beispiel über den Einbau eines Lifts diskutiert“, erklärt Weinberger. „Denn wenn die Mehrheit der Mieter das gar nicht will, hätte so eine Maßnahme wenig Sinn.“
Innerhalb von einem Monat kann jeder Eigentümer einen Beschluss wegen formeller Mängel, Gesetzwidrigkeit oder fehlender Mehrheit anfechten. Trifft einer dieser Punkte zu, kann das Gericht die Rechtsunwirksamkeit des Beschlusses feststellen.
Drei Monate hat jeder Eigentümer Zeit, um Beschlüsse in Angelegenheiten der außerordentlichen Verwaltung (wichtige Entscheidungen, für die eine Abstimmung notwendig ist) anzufechten. Aussicht auf Erfolg gibt es, wenn der überstimmte Eigentümer von der beschlossenen Maßnahme übermäßig beeinträchtigt wird oder die Kosten des beschlossenes Projektes nicht aus der Rücklage gedeckt werden können.
Jeder Einzelne muss über die geplante Beschlussfassung informiert werden bzw. einen Umlaufbeschluss zugeschickt bekommen. Wer nicht verständigt wurde, kann innerhalb von sechs Monaten zu Gericht gehen.