Wirtschaft/Immo

Dann zahle ich eben weniger

Wenn ein Rohrbruch die ganze Wohnung unter Wasser setzt, der kaputte Aufzug wochenlang nicht repariert wird oder der Baulärm vom Nachbargrundstück unerträglich wird, ist das schlecht für die Nerven. Aber gut fürs Konto. Denn bei intensiven Beeinträchtigungen darf der Mieter seine monatliche Zahlung reduzieren. Berechnet wird die Reduktion immer von der Brutto-Miete. Eine gesetzliche Vorgabe für das Ausmaß gibt es nicht. Wie viel Geld man behalten darf, hängt davon ab wie intensiv die Beeinträchtigung ist und wie lange sie dauert. Wer für einen Tag kein warmes Wasser hat, wird die Miete nicht reduzieren können. Bei einer undichten Gasleitung ist eine Minderung von 100 Prozent legitim.

Wie viel darf man abziehen?

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Richtwerte kann man aus den Entscheidungen der Gerichte ableiten: "Bei Unbenützbarkeit der Dusche und schadhaften Heizungsregulatoren haben die Gerichte zwischen zehn und15 Prozent als angemessen angesehen. Übermäßige Zugluft hat zu einer Reduktion von 20 Prozent geführt und Baustellenlärm zu einer Minderung von 30 Prozent", sagt die Wiener Rechtsanwältin Katharina Braun. "Bei einem gesundheitsgefährdenden Schimmelbefall ist eine Mietreduktion von bis zu 100 Prozent möglich. Allergikern steht in Extremfällen sogar ein Kostenersatz für eine sporenfreie Unterbringung zu. In einem Fall mussten einer jungen Mutter mit einem Baby die Kosten für ein Hotel während der Zeit des Schimmelbefalles ersetzt werden."

Kühlen Kopf bewahren

Einen neuen Trend ortet Eike Lindinger, Rechtsanwalt und Autor des Manz-Ratgebers "Mietzinsminderung". War früher eher die kaputte Heizung ein Thema, sind es heute immer öfter die fehlende Beschattung oder das defekte Klimagerät. "Der Oberste Gerichtshof hat ausgesprochen, dass eine Mietzinsminderung auch wegen überhitzter Wohnungen in Betracht kommt. Schon eine fehlende Beschattung kann – wenn diese eine starke Hitzeentwicklung verursacht – einen Mietzinsminderungsanspruch auslösen", sagt Lindinger. "In einem Fall wurde ein Klimagerät im Zuge einer Fassadensanierung demontiert und anschließend nicht wieder in Betrieb genommen. Der Mieter konnte für die Dauer der Beeinträchtigung eine Minderung von 25 Prozent geltend machen."

Wie funktioniert das Prozedere?

Bevor man einen Teil des Geldes einbehält, sollte man den Vermieter über den Mangel informieren – am besten schriftlich und mit Fotos dokumentiert. "In diesem Punkt gibt es unterschiedliche Rechtssprechungen", sagt Lindinger: "Ein Senat des Obersten Gerichtshofs hat entschieden, dass die Anzeige eines Mangels die Voraussetzung für eine Mietzinsminderung ist. Ein anderer Senat hat festgestellt, dass allein das objektive Vorliegen eines Mangels – konkret ging es um eine kaputte Elektroleitung – schon ausreicht."

Wer auf der sicheren Seite sein will, sollte also eine Anzeige machen und gleichzeitig bekannt geben, dass die Miete nur unter Vorbehalt der Rückforderung geleistet wird. Oder man informiert den Eigentümer darüber, dass man den Zins gleich um einen gewissen Prozentsatz mindert. Zu viel Zeit lassen sollte man sich damit nicht: Eine rückwirkende Mietzinsminderung ist nicht möglich.

Mietzinsklage

Der Vermieter muss das Minus auch dann akzeptieren, wenn er gar nichts für das Problem kann – etwa bei Lärm durch Bauarbeiten. Andererseits kann er eine Räumungs- und/oder Mietzinsklage einbringen, wenn er nicht den vereinbarten Betrag erhält. Dann entscheidet das Gericht, ob die Mietzinsminderung bzw. deren Ausmaß gerechtfertigt war. Hat der Mieter übertrieben, muss er den zu Unrecht einbehaltenen Teil nachzahlen und als Verlierer auch die Prozesskosten tragen. Wer dieses Risiko nicht eingehen will, kann – statt selbst einen Prozentsatz festzulegen – eine Feststellungsklage beim Bezirksgericht einbringen. Das ist allerdings ein sehr aufwendiger Weg.In manchen Fällen ist die Mietzinsminderung nicht das richtige Instrument. Ist etwa die Heizung kaputt, ist das Wichtigste eine rasche Reparatur. Behebt der Vermieter einen wesentlichen Mangel nicht freiwillig, kann man einen Antrag auf Durchführung notwendiger Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten bei der Schlichtungsstelle oder dem Bezirksgericht stellen.

  • Nur Beeinträchtigungen, die den Bewohner spürbar in der Nutzung der Wohnung einschränken berechtigen zur Minderung. Ein tropfender Wasserhahn, eine quietschende Tür oder ein Haarriss in der Decke gehören nicht dazu. Auch die Angst vor Strahlungsbelastung durch Mobilfunkantennen oder der Lärm von einem Kinderspielplatz sind kein Grund, die Zahlungen zu kürzen.
  • Das Recht zur Reduktion bezieht sich nur auf Mängel, die dem Mieter beim Vertragsabschluss nicht bekannt waren. Wenn dieser vom Vermieter jedoch über gewisse Beeinträchtigungen – etwa den Lärm von einer nahegelegenen Sportanlage – informiert wurde, kann er sich später nicht beschweren.
  • Der Bewohner darf den Schaden nicht selbst verursacht haben. Wer Zwischenwände aufstellt, in dem fensterlosen Raum Wäsche trocknet und dann wegen eines Schimmelbefalls weniger zahlen will, wird damit nicht durchkommen. Im Gegenteil: Der Vermieter wird womöglich Schadenersatz geltend machen.
  • Wer den Eigentümer an der Behebung des Problems hindert, indem er etwa die Handwerker nicht in die Wohnung lässt, verwirkt sein Minderungsrecht.
  • Gibt es ein Problem, sollte man sich sofort an die Verwaltung wenden: Wer sich mehrere Jahre lang nicht über den Schimmel an der Wand beklagt, kann nicht von heute auf morgen die Miete reduzieren.
  • Wer einen Defekt selbst behebt, verliert das Recht auf Mietzinsminderung. Außerdem könnte der Vermieter sagen, dass der Mangel nicht fachgerecht behoben wurde und es Folgeschäden gibt.