Wirtschaft/Immo

Ausmalen, abreißen, anbauen: Darf man das überhaupt?

Ein neuer Anstrich wäre notwendig. Da könnte man doch gleich die Wand zu diesem winzigen Kabinett abreißen und so das Wohnzimmer vergrößern. Und wenn man schon dabei ist, auch das Badezimmer umbauen und die Loggia verglasen. Gute Idee, aber bei so einer Totalerneuerung haben auch andere ein Wörtchen mitzureden. Mieter müssen den Vermieter fragen und auch Wohnungseigentümer sind nicht so autark wie viele glauben. Für manche Umbaumaßnahmen brauchen sie die Zustimmung der übrigen Eigentümer. Dazu gehören Änderungen der Außenfenster oder der Wohnungseingangstür, die Verglasung der Loggia oder die Verbindung von zwei Wohnungen. „Sobald allgemeine Teile des Hauses betroffen sind – und das ist auch bei tragenden Wänden im Inneren der Wohnung der Fall – müssen alle anderen einverstanden sein“, betont Sigrid Räth, Rechtsanwältin und Wohnrechtsexpertin der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Auch für eine Umwidmung – zum Beispiel für die Verwendung einer Wohnung als Arztpraxis oder Büro – braucht man die Erlaubnis aller übrigen Eigentümer. Weigert sich einer, kann dessen Zustimmung unter gewissen Umständen vom Gericht ersetzt werden.

Ein Umbau ohne Erlaubnis ist jedenfalls nicht ratsam. Eigenmächtige Veränderungen sorgen nicht nur für schlechte Stimmung im Haus, sie können auch teuer werden. Zum Beispiel, wenn die Miteigentümer auf Unterlassung oder Entfernung klagen. „Auch ein Einzelner kann einen Rückbau erzwingen. Eine Mehrheit braucht man dafür nicht“, sagt Räth. Wer also Umbaumaßnahmen nicht für viel Geld rückgängig machen will, sollte sich im Vorfeld absichern.

Auf die Solidarität der Nachbarn kann man sich leider nicht immer verlassen. Räth erzählt ein besonders kurioses Beispiel: „Ein Eigentümer wollte einen Balkon anbauen. Er hat alle Miteigentümer gefragt und sie haben zugestimmt. Später kamen auch andere auf die Idee. Da verweigerte er seine Zustimmung, weil er bei der Nutzung seines Balkons nicht gestört werden wollte. Als die anderen die Zustimmung vom Gericht ersetzen lassen wollten, wurde der Antrag abgelehnt.“

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Auch Mieter können ihre Wohnung einrichten, wie es ihnen gefällt. Unwesentliche Änderungen wie das Ausmalen in üblichen und dezenten Farben, das Einschlagen von Nägeln zum Aufhängen von Bildern und das Bohren von Löchern zum Befestigen von Möbeln an der Wand sind kein Problem. Wer die Räume kunterbunt gestalten möchte, darf auch das tun. Er muss allerdings frisch ausmalen, wenn er wieder auszieht. „Ein Mieter hat in einem Zimmer eine Wand schwarz ausgemalt. Gegenüber hat er teilweise den Putz entfernt und Steine aufgeklebt. Das musste er rückbauen“, bringt Räth ein Beispiel.

Über wesentliche Änderungen müssen Mieter den Vermieter informieren: Wer also den alten Parkett-Boden durch einen Spannteppich ersetzen oder eine neue Sicherheitstür einbauen will, sollte – am besten mit einem eingeschriebenen Brief – um Erlaubnis fragen. Lehnt der Vermieter die Änderung nicht innerhalb von zwei Monaten ab, gilt sein Schweigen als Zustimmung.

Doch auch wenn sich der Vermieter weigert, ist noch nicht aller Tage Abend. Unterliegt die Wohnung dem Mietrechtsgesetz, kann man den Fall überprüfen lassen und die Zustimmung erzwingen, indem man einen Antrag auf Durchführung der geplanten Maßnahmen bei der Schlichtungsstelle oder dem zuständigen Bezirksgericht einbringt.

Unter bestimmten Voraussetzungen darf der Vermieter seine Einwilligung nämlich gar nicht verweigern. Er muss den Veränderungen zustimmen, wenn:die Änderung dem Stand der Technik entspricht; die Änderung verkehrsüblich ist und einem wichtigen Interesse des Mieters dient (zum Beispiel Errichtung oder Umgestaltung von Versorgungsleitungen und Sanitäranlagen oder Energiesparmaßnahmen); die einwandfreie Ausführung gewährleistet ist;der Mieter die Kosten trägt;keine Schädigung des Hauses, keine Beeinträchtigung der Interessen des Vermieters oder der Hausbewohner zu erwarten ist.

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Wenn ein Mieter ohne Erlaubnis Umbauarbeiten vornimmt und zum Beispiel Räume zusammenlegt, neue Wände aufstellt oder Türen versetzt kann der Vermieter eine Besitzstörungsklage einbringen und die Beseitigung der Veränderungen durchsetzen. Schließlich können solche Maßnahmen statische Konsequenzen für das Gebäude haben. Im schlimmsten Fall könnte der Vermieter sogar eine Kündigung wegen erheblich nachteiligen Gebrauchs der Wohnung durchsetzen. Entsprechende Entscheidungen gibt es bereits – etwa wegen einer Substanzgefährdung des Hauses durch den nicht sach- und fachgerechten Einbau von Duschkabinen.

Anders ist die Situation, wenn für die Wohnung das Mietrechtsgesetz nicht oder nur teilweise gilt. Das ist bei freifinanzierten Neubauten und bei Ein- und Zweifamilienhäusern der Fall. Hier kommt es vor allem darauf an, was im Mietvertrag geregelt wurde. Im Zweifel gilt hier: Lieber vorher den Vermieter fragen, als nachher vor Gericht darüber streiten.