Wirtschaft

Riesenkrach um Zukunft der Hypo

„Unverantwortlich“. „Das ist ein Kapitulationskonzept für die Bank, das die Steuerzahler teuer zu stehen kommt.“ Der Aufsichtsratschef der verstaatlichten Hypo-Alpe-Adria-Bank, Johannes Ditz – ehemaliger Wirtschaftsminister und ÖIAG-Vorstand – hat genug. Am Montag gab er nach einer heftigen Auseinandersetzung mit Finanzministerin Maria Fekter über das Strategiepapier für die Bank, das Fekter nach Brüssel geschickt hat, seinen Rücktritt bekannt.

Er könne die Linie, die die Politik mit der Bank verfolge, nicht mittragen, sagte Ditz im Gespräch mit dem KURIER. Strategische Differenzen, Vertrauensverlust und die Tatsache, dass die Entscheidungen nicht mehr in der Bank, sondern von der Politik gefällt werden, machten eine weitere Arbeit in der Hypo unmöglich.

Ditz hat sich vehement für die Einrichtung einer Bad Bank eingesetzt: In diese Bad Bank sollten alle nicht wirtschaftlichen Geschäfte übertragen werden. Der Vorteil: Die Bad Bank ist keine Bank mehr und braucht daher weniger Eigenkapital, sprich: weniger Staatszuschuss. Und Ditz wollte, dass sich Fekter in Brüssel für eine möglichst lange Frist zum Verkauf der Balkan-Töchter der Hypo stark macht. Denn derzeit sind diese nur zu Diskontpreisen und damit hohen Verlusten für die Hypo veräußerbar. Schon am 2. Mai teilte Ditz dies der Ministerin brieflich mit. Antwort gab es keine. Vergangenen Freitag hat Fekter der EU ein Grobkonzept für die Zukunft der Hypo übermittelt: Die Vorschläge des Bankers blieben unbeachtet. Damit war der Krach programmiert. Ditz ist aber nicht der einzige, der den Fekter-Kurs in der Bank nicht mittragen will.

Weitere Rücktritte?

Sogar der Abgang von Hypo-Vorstandsvorsitzenden Gottwald Kranebitter wird inzwischen nicht mehr ausgeschlossen. Sein Vertrag wurde allerdings erst am 1. April auf drei Jahre verlängert.

Aber auch ein anderer Aufsichtsrat lässt seinem Ärger über Fekter freien Lauf. „Es ist unglaublich, wie verantwortungslos Finanzministerium, Finanzmarktaufsicht und Nationalbank auf Kosten der Steuerzahler und der Bank agieren“, tobt ein Hypo-Aufsichtsrat, der nicht genannt werden will. Das nach Brüssel gelieferte Konzept, das dem Aufsichtsrat im Detail nicht vorliege und heute, Dienstag, bei der Sitzung des Gremiums eingefordert wird, sei nichts anderes als ein Zerschlagungsplan. Sollte dieser umgesetzt werden, müsste die Bank die Balkan-Töchter massiv abwerten. Schon die Halbjahresbilanz 2013 wäre ohne Staatshilfe nicht machbar. 2,5 bis drei Milliarden Euro bräuchte die Bank noch heuer.

Kritisiert wird zudem die „permanente Umgehung des Aktien- und des Bankwesengesetzes. Die Organe der Bank werden ignoriert“. Österreich sei in Brüssel als „reiner Bittsteller“ aufgetreten, wird mit Verweis auf andere Banklösungen wie Spanien oder Bayern kritisiert. Das sei nicht nur ein Problem von Fekter, sondern auch von Kanzler Faymann.

Im Finanzministerium nimmt man den Rücktritt von Ditz „mit Bedauern zur Kenntnis“ und will „zeitnah“ einen Nachfolger bestellen. Ditz-Vize Rudolf Scholten wird zunächst einspringen.

Es passierte in den Boomjahren zwischen 2000 und 2007: Die mehrheitlich dem Land Kärnten gehörende Hypo Alpe-Adria-Bank stellte die Weichen auf Expansion am Balkan. Das Geld dafür bekam sie über Anleihen, für die das Land eine Haftung übernahm.

22 Milliarden Euro flossen der Bank auf diese Weise bis Ende März 2007 zu. Dann stellte die EU diese Art von öffentlichen Haftungen für Banken europaweit ein. Erworben haben diese Anleihen der Hypo Versicherungen und Banken, die sie zum Teil in Investmentfonds verpackten oder an Kleinanleger weiter veräußerten. Denn die Anleihen galten wegen der Landeshaftung als bombensicher.

Kärntner Dilemma

Dass Kärnten dabei Haftungen übernommen hat, die das Zehnfache seines Jahresbudgets ausmachten, kümmerte damals offenbar niemanden – weder den Bund, noch den Rechnungshof und schon gar nicht Finanzanalysten in den Banken. Mit einer Finanzkrise hat damals keiner gerechnet.

Mit der drohenden Abwicklung der Hypo aber könnte Kärnten auf einem Berg von Haftungen für diese sitzen bleiben, den es niemals zahlen kann. „Die Kärntner Politiker müssen dann mit einem Blumenstrauß in der Hand nach Wien pilgern und um Unterstützung bitten“, sagt der Kärntner Grüne Rolf Holub.

Der Bund wird also einspringen müssen und die Anleihe-Inhaber auszahlen. Das muss er aber erst dann machen, wenn die Hypo zahlungsunfähig, also insolvent ist. So rasch wird das nicht passieren. Zuvor muss die Bank alle Tochterbanken, Immobilien und sonstigen Objekte zu Geld machen und dieses für die Auszahlung der Anleihe-Gläubiger verwenden. Auch die Rückflüsse aus Krediten werden zur Tilgung dieser Anleihen herangezogen. 2017 wird der größte Teil dieser Bonds auslaufen. Jener Teil, den die Hypo dann nicht mehr zurückzahlen kann, wird vom Bund übernommen werden müssen.

Geboren am 22. 6. 1951 in Kirchberg am Wechsel hat Johannes Ditz die Handelsakademie in Wiener Neustadt und dann die Wirtschaftsuniversität Wien abgeschlossen. Nach Zwischenschritten bei der Industriellenvereinigung und der Abteilung für Wirtschaftspolitik der ÖVP wurde er 1987 bereits mit noch nicht ganz 36 Jahren Staatssekretär im Finanzministerium, allerdings vorerst nur bis 1988, als er sich mit dem damaligen ÖVP-Obmann Alois Mock überwarf. Von 1991 bis 1995 war Ditz abermals Finanzstaatssekretär, um dann für gut ein Jahr - bis Juni 1996 - Wolfgang Schüssel als Wirtschaftsminister zu folgen. 1996 legte er freiwillig seine Funktion zurück, nachdem der bei der Wahl 1995 proklamierte "Schüssel-Ditz-Kurs" keinen Anklang gefunden hatte. 1996 schied er auch aus dem Nationalrat aus, dem er seit 1989 mit Unterbrechungen angehört hatte.

Ditz wechselte vorerst in die staatsnahe Wirtschaft und wurde stellvertretender Generaldirektor der Post & Telekom Austria. 1999 übernahm er gemeinsam mit Rudolf Streicher (S) den Vorstand der ÖIAG, wo er im September 2001 gehen musste, als Schwarz-blau statt Rot-Schwarz die Regierung stellte. 2004 wurde er interimistisch für neun Monate Vorstand der Energie Steiermark AG (ESTAG), 2006 für fünf Wochen Vorstandsvorsitzender der A-Tec. "Unterschiedliche Auffassungen über die strategische Ausrichtung" des Unternehmens führten damals zum Zerwürfnis mit A-Tec Gründer Mirko Kovats.

Ditz war 2001-2002 ein gutes Jahr lang Aufsichtsratsvorsitzender der AUA, wo er die Ablöse des Führungsduos Bammer/Rehulka durchsetzte, aber selbst gehen musste, weil er nicht mehr ÖIAG-Vorstand war. 2003-2005 war er, unterbrochen von seiner Vorstandstätigkeit bei dem Unternehmen, Aufsichtsratschef bei der ESTAG, wo er die Suspendierung der drei damaligen Vorstandsdirektoren durchdrückte. Gehen musste er nach dem Machtwechsel in der Steiermark von ÖVP zu SPÖ. Und seit 2010 führte er den Aufsichtsrat der Hypo Alpe Adria, wo er nun das Handtuch geworfen hat, weil er nicht mehr das Vertrauen der Bundesregierung fühlte.

2007 bis 2010 war Ditz auch Präsident der zum Wirtschaftsbund gehörenden Julius-Raab-Stiftung, seit Jänner 2010 und noch bis 2018 ist er eines der vier von der Bundesregierung bestellten Mitglieder des Universitätsrates der Universität Wien. Die nun durch seinen Rücktritt bei der Hypo Alpe Adria freiwerdenden Zeit will Ditz auch dazu nutzen, sich auf den nächsten Marathon in Irland gut vorzubereiten.