Preiskampf in der Luxusklasse
Von Simone Hoepke
KURIER: Was regt Sie als Hotelgast regelmäßig auf?
Elisabeth Gürtler: Duschen, bei denen man nicht auf den ersten Blick weiß, wo das Warmwasser ist und wo das Wasser rauskommen wird. Das macht mich narrisch. Oder wenn ich nicht weiß, wo die vielen Lichter im Zimmer abgedreht werden können.
In Hilton-Hotels wird man bald mit dem Smartphone die Zimmertüre sperren können. Wird es das im Sacher auch geben?
Keinesfalls. Wir haben kundige Portiers und wollen den Kontakt zu den Gästen. Wir hängen extra einen großen Schlüsselanhänger an den Schlüssel, dass ihn die Gäste beim Portier abgeben.
Und wenn der Gast das gar nicht mehr will?
Dann muss er in ein anderes Hotel gehen. Für jeden Geschmack gibt es ein Hotel.
Sie haben mit dem Park Hyatt einen neuen Konkurrenten in der Stadt. Mussten Sie bei den Zimmerpreisen reagieren?
Das Sacher positioniert sich ganz oben – in jeder Hinsicht. Für die beste Leistung sind die Gäste auch bereit, mehr zu bezahlen. Unsere Preise sind stabil, sonst sind wir nicht glaubwürdig.
Gibt es trotz Krise noch genug Gäste in der Luxuskategorie?
Es gibt nicht viele Gäste in dieser Kategorie, aber mit der entsprechenden Leistung kann man sich seinen Platz sichern. Es ist falsch, sich preislich nach unten zu positionieren, dort kämpfen zu viele um den Gast.
Stimmt es, dass man mit Billighotels am besten verdient?
Überspitzt gesagt: Wer nur gewinnorientiert ist, muss fast in diese Schiene gehen.
Warum haben Sie noch Luxushotels?
Als Eigentümer denkt man über Generationen. Es gibt ja auch noch die Wertsteigerung der Immobilie und der Marke. Betreiber wollen wegen ihrer Bonuszahlung kurzfristig Gewinne schreiben, ich nicht. Ich will ja nicht viel Steuern zahlen. Wir sind übrigens das einzige Luxushotel Wiens, das vom Eigentümer geführt wird.
Was macht das für einen Unterschied?
Die Ketten haben das Phänomen, dass Eigentümer und Betreiber getrennt sind. Der Betreiber ist hauptsächlich an Umsatz interessiert, weil er in der Regel eine Umsatzbeteiligung bekommt, auch wenn er keinen Gewinn macht. Meistens bekommt der Betreiber auch einen Bonus, also auch einen Prozentsatz vom Gewinn.
Und der Eigentümer?
Er erhält den Rest von dem, was der Betreiber erwirtschaftet. Das ist seine Rendite, davon muss er aber auch wieder investieren. Die Krux ist, dass er auch nach einigen Jahren meist nicht so viel eingenommen hat, wie er dann wieder investieren müsste. Wenn Investitionen anstehen, das Geld aber nicht verdient ist, verkauft der Investor wieder. Das ist beim Intercont oder Hilton schon x-mal passiert. Schauen Sie, wie oft die Hotels den Besitzer wechseln.
Der Betreiber ist aber in einer komfortablen Situation, oder?
Deswegen wollen die meisten Betreiber die Häuser ja auch nicht mehr besitzen.
Warum werden dann trotzdem ständig neue Hotels gebaut?
Es gibt viel Geld auf der Welt, aus Russland, der Ukraine, dem arabischen Raum.
Warum Wien?
Unternehmensberater rechnen vor, dass Hotels höhere Renditen bringen als Büros. Wien hatte unglaubliche Nächtigungssteigerungen, der Tourismus hat in den letzten Jahren geboomt. Die Investoren haben hier Wachstum gesehen. Jetzt ist das Bettenangebot aber schneller gewachsen als die Nachfrage.
Wenn das alles so klar ist, warum wird noch immer investiert?
Die Investoren haben wenig Ahnung vom operativen Hotelgeschäft, brauchen also einen Betreiber. Der schlägt dann den Umbau des Restaurants vor, erklärt, dass der Spa erneuert werden muss ... Sie haben keine Ahnung, wie viele Investments schon bald nötig sein werden.
Warum betreiben Sie nicht alle Ihre Häuser selbst?
Das würde ich gerne! Aber aufgrund bestehender Betreiberverträge ist das manchmal nicht möglich. Zudem sind nicht alle Häuser geeignet, unter der Marke Sacher geführt zu werden.
Wie setzen Sie sich als Kleiner gegen die Konzerne durch?
Wir sind Teil der Leading Hotels-Gruppe, zu der 430 Luxushotels in den USA, Asien und Europa gehören.
Ein Vermarktungstool?
Auch, schließlich müssen wir uns international vermarkten und von den Gästen auch gefunden werden. Es geht aber auch um das GDS.
Was ist das?
Jedes Hotel braucht ein Global Distribution System, also ein Reservierungssystem, wie es Airlines haben. Hilton oder Intercontinental haben ein eigenes, wir können uns das nicht leisten.
Ohne das geht nichts mehr?
Nein, das Reisebüro in Australien ruft ja nicht bei uns an oder schickt uns ein Mail, wenn es ein Zimmer braucht. Es will am Bildschirm sehen, welche Zimmer wir zu welchem Preis verfügbar haben. So wie verfügbare Flüge auf Knopfdruck geprüft werden.
Hotel Sacher
Familiensache Die Sacher-Hotels in Wien und Salzburg sind über Stiftungslösungen im Besitz der Familie Gürtler und werden auch von ihr betrieben. Zudem gehören der Familie die Häuser des Hotel Sheraton in Salzburg und das Wiener Ringstraßenhotel Bristol – diese werden von Betreibern geführt. Das Sacher in Wien hat 149 Zimmer und bis zu 380 Vollzeitmitarbeiter.
Geschichte Das Sacher wurde 1876 von Eduard Sacher gegründet. Nach dem Tod von Peter Gürtler 1990 erbten die gemeinsamen – noch minderjährigen – Kinder von Peter und Elisabeth Gürtler das Hotel. Elisabeth Gürtler übernahm das operative Geschäft.
Um 8 Uhr treffen sich rund 20 Stubenfrauen im 5. Stock des Hotels zur Besprechung. Wer reist ab, wer hat spezielle Kopfpolster bestellt, welcher Stammgast schläft lange? In der Werkstatt nebenan bezieht Tapezierer Zoran Jovanovic einen Sessel neu. Risse in Polstermöbeln kann sich das Sacher nicht leisten. Der Maler rückt mit dem Farbkübel aus, um Spuren, die Gäste mit ihren Koffern an der Wand hinterlassen, verschwinden zu lassen. Das Sacher hat hauseigene Tischler, Installateure und Elektriker.
Hausherrin Gürtler hat einen Termin in der Bar und bittet den Kellner höflich, aber bestimmt, die Musik leiser zu stellen. Diese Lounge-Musik mache sie heute nervös, sagt sie und lächelt. Eigentlich sei sie gar nicht mehr operativ tätig, hat bereits an ihre Kinder und den Schwiegersohn übergeben. Trotzdem sei sie beschäftigt. Auch mit der Spanischen Hofreitschule, mit der sie die letzten Wochenenden in Sheffield, London, Brüssel und Amsterdam war. In Luxushotels wurde nicht genächtigt. „Wir müssen auf den Preis schauen.“
Aus Hotelierssicht ist es „ein diffiziles Spiel“, den richtigen Zimmerpreis zu finden. Gürtler: „Man muss spüren, wann man nachgeben kann und wann man sich den Preis kaputt macht.“ Das ist der Job des Reservierungsmanagers.
Er macht Verträge mit Veranstaltern und Buchungsplattformen. Er schnürt Pakete und bestimmt, wann das Reservierungssystem nicht mehr auf seine Zimmer zugreifen kann. Etwa weil er diese in Kongresszeiten selbst gewinnbringender verkaufen kann. Und er dreht an Preisschrauben – von denen es viele gibt, schon allein, weil es viele Zimmerkategorien gibt. Will er die Auslastung erhöhen, macht er Angebote für Standardzimmer. „Da sprechen wir Kunden an, die das günstige Zimmer in der 5-Stern-Kategorie suchen.“