Wirtschaft

Heftige Grabenkämpfe um die OMV

Hinter den Kulissen des heimischen Öl- und Gaskonzerns OMV spielt es sich schon seit Monaten ab. Begonnen hatte der Machtkampf mit gravierenden Differenzen über die Strategie von Österreichs wichtigstem Energieversorger. Besorgte und uneinige Aufsichtsräte, ein heillos zerstrittener Vorstand, ein ungeschickt agierender Aufsichtsratsvorsitzender (ÖIAG-Chef Rudolf Kemler), eine ratlose Politik – alles ausgerechnet zu einer Zeit, in der dem 27.000 Mitarbeiter großen Konzern marktbedingt auch noch der Gewinn einbricht. Wie übrigens in der gesamten Branche.

Das Chaos ist inzwischen perfekt. Die tatsächlichen Motive sind schon längst nicht mehr erkennbar, viele der Beteiligten kämpfen mit verdecktem Visier. Jetzt droht auch noch die Auflösung des Spitzenmanagements. Der KURIER berichtete bereits vor drei Wochen, dass OMV-Chef Gerhard Roiss, 62, vorzeitig abgehen könnte. Das Präsidium des Aufsichtsrates, dem neben Kemler noch Wolfgang C. Berndt und Murtadha Al Hashmi (Finanzvorstand der IPIC, des Staatsfonds von Abu Dhabi) angehören, einigte sich am Mittwoch darauf, dass Roiss schon Mitte 2015 abtreten soll. Der Vertrag des OMV-Urgesteins läuft noch bis Ende März 2017.

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Neben Roiss will das Präsidium auch noch Gas-VorstandHans-Peter Florenloswerden, dessen Vertrag bis Ende Februar 2017 gültig ist. Zwischen Roiss und Floren gab es heftige Streitereien, die nicht nur inhaltlich, sondern auch persönlich bedingt sind. Floren ist der einzige Vorstand, der dem Vorsitzenden Roiss Widerpart bietet. Roiss will den Bereich "Gas und Power" (Gasvertrieb und Stromerzeugung), der marktbedingt Umsatz verliert, aufteilen. Das dürfte jetzt aber doch nicht der Fall sein, auch die Belegschaftsvertreter leisten erbitterten Widerstand.

Wäre noch Explorations-Vorstand Jaap Huijskes, der ebenfalls vorzeitig zurücktritt. Er wirft von sich aus das Handtuch. Offiziell wird ausschließlich mit privaten Gründen argumentiert, was allerdings wenig glaubhaft ist. Huijskes war von Kemler im Sommer in einem KURIER-Interview noch als Nachfolge-Kandidat für Roiss genannt worden.

Dass Roiss gerne laut werden kann und sehr eigenständig agiert, wissen die Beteiligten allerdings seit Langem. Er sitzt seit Anfang der 90er-Jahre in Management-Positionen und sein Vertrag wurde erst im September 2013 verlängert. Wie zu hören ist, soll der Großaktionär IPIC das Vertrauen in die Strategie von Roiss verloren haben. Bereits im Vorjahr gab es entsprechende Diskussionen. Die IPIC hält 24,9 Prozent an der börsenotierten OMV und hat ihren Anteil mit der Staatsholding ÖIAG (31,5 Prozent) auf die Mehrheit syndiziert.

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Offiziell ist der Abgang von Roiss noch nicht fixiert. Diese Entscheidung muss der gesamte Aufsichtsrat treffen, der am 14. Oktober zur außerordentlichen Sitzung zusammen kommt. Die letzte ordentliche Sitzung des Gremiums im September war wegen heftiger Streitereien abgebrochen worden. Auch die Betriebsräte haben sich auf Roiss eingeschossen. Für Roiss setzt sich dagegen der SPÖ-nahe ehemalige ÖBB-ChefHelmut Draxlerein.

Insider gehen trotzdem davon aus, dass Roiss gehen wird. Seine Reputation sei durch die Diskussionen der vergangenen Wochen zu angeschlagen. Teuer wird die Sache auf alle Fälle. Roiss war zuletzt der bestverdienende Vorstand aller an der Wiener Börse gelisteten Unternehmen, er kam inklusive Boni auf ein Jahressalär von 3,4 Millionen Euro. Seine Verabschiedung wird etliche Millionen Euro kosten. Auch der Abgang von Floren wird nicht billig. Die Millionen-Abfindungen dürfen wieder einmal die Aktionäre und die Steuerzahler blechen.

Fragt sich, wie rasch die OMV einen neuen Generaldirektor findet. Spitzenleute kriegt man nicht innerhalb weniger Monate. Sollte die Nachbesetzung bis Mitte 2015 nicht funktionieren, könnte Finanzvorstand David C. Davies interimistisch einspringen.

Als neuer Finanzchef wird in Insiderkreisen bereits der ehemalige Lenzing-Vorstand Thomas Winkler kolportiert, der als ausgewiesener Experte gilt. Winkler müsste dann sein Mandat als Aufsichtsrats-Vizechef der ÖIAG und als Aufsichtsrat des russischen Ölkonzerns Bashneft zurücklegen.

Spannend wird auch, wie lange sich Kemler noch als Vorstand der ÖIAG halten kann. Im November muss der Aufsichtsrat der Staatsholding entscheiden, ob Kemler bis 2017 im Amt bleibt. Hatte es zuletzt geheißen, er dürfte nur noch bis 2016 verlängert werden, ist inzwischen von einem Abgang bereits 2015 die Rede. Das Aufsichtsratspräsidium der ÖIAG wird sich demnächst treffen, um darüber zu beraten.

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