Hartlauer: "Es gibt ein klares Ja zum Geschäft im Ortskern"
Von Simone Hoepke
KURIER: Ich war letztens in einem Einkaufszentrum. Der Mitarbeiter des Elektronik-Geschäfts hat mir geraten, im Web zu bestellen. Das sei billiger und gehe schneller, da er die Ware nicht lagernd habe. Glauben Sie wirklich noch an die Zukunft des stationären Handels?
Robert Hartlauer: Ja, jedoch kaufen Kunden von heute sowohl online als auch offline. Das Internet hat die größte Auswahl, doch der stationäre Handel bietet die persönliche Beratung. Unsere Aufgabe als Händler ist es, für den Kunden das für ihn am besten passende Produkt daraus zu filtern. Aber warum sind Sie nicht zu uns ins Geschäft gekommen?
Weil Ihre Geschäfte nur in der Innenstadt sind, wo es keine Parkplätze gibt. Halten Sie das noch immer für eine gute Strategie?
Eine repräsentative Umfrage mit 500 Web-aktiven 20- bis 69-Jährigen hat ergeben, dass 68 Prozent der Befragten weniger Geschäfte in der Innenstadt bedenklich fänden. Es gibt ein klares Ja zu den Geschäften im Ortskern.
Ja, in Umfragen. In der Realität sterben sie vielerorts aus. Sind Sie als Händler da nicht völlig machtlos?
Ich habe mich in meiner Heimatstadt Steyr gerade mit 25 Prozent an einem neun Millionen Euro teuren Garagenprojekt beteiligt und will andere Kaufleute mit an Bord bekommen. Parken wird dort billig sein, ab einer Einkaufssumme von 30 Euro gratis. Die Stadt hat sich für dieses Modell entschieden.
Was wäre denn die Alternative gewesen?
Ein professioneller Parkgaragenbetreiber, der möglichst viel Profit herausschlagen will. Und im Vorhinein fordert, dass bestehende Parkplätze in der Stadt gestrichen werden, wenn er eine neue Garage eröffnet.
Sie investieren also lieber ein paar Millionen in eine Parkgarage, als in ein Shoppingcenter zu ziehen?
Ich bin auch in einigen Shoppingcentern erfolgreich. Aber die Mieten sind dort im Schnitt doppelt so hoch wie in den Städten.
Und die Personalkosten?
Wegen der längeren Öffnungszeiten, an die ich mich als Mieter halten muss, brauche ich 30 bis 40 Prozent mehr Personal. Personal ist für Dienstleister ein großer Kostenblock, den man erst einmal verdienen muss.
Sie machen ein Viertel des Geschäfts mit Hörakustik. Wie viele holen sich widerwillig auf Druck der Familie ein Hörgerät?
Es gibt tatsächlich Leute, die von der Familie mehr oder weniger hergeschleppt werden. Denen raten wir auch vom Hörgerät ab, weil es so überhaupt keinen Sinn hat.
Warum?
Hörgeräte können nur dann hundertprozentig funktionieren, wenn die betreffende Person selbst auch den Wunsch hat, wieder besser zu hören und bei den Feineinstellungen mithilft. Wer länger schlecht hört, verlernt, bestimmt Frequenzen zu interpretieren. Hören ist etwas sehr Subjektives, da muss viel angepasst werden. Auch an die Lebensumstände des Menschen: Sitzt er viel im Kaffeehaus, will er die Vögel beim Waldspaziergang hören oder ein Hörgerät zum Fernsehen? Es gibt Tausende Einstellungen.
Wie lange wird getestet?
Hörgeräte können zwei Wochen bis drei Monate kostenlos getestet werden. Wer dann nicht zufrieden ist, kann es bei uns zurückgeben und bekommt die Kosten rückerstattet. Wir gehen also in Vorleistung. Wenn der Opa von Vorherein plant, das Hörgerät im Nachtkastl verschwinden zu lassen, macht das keinen Sinn.
Ein Viertel des Geschäfts macht die Optik-Sparte aus. Wie viele Brillen haben Sie eigentlich?
40. Das weiß ich so genau, weil ich ein Tablett habe, auf das genau 40 passen. Zwei Mal im Jahr tausche ich die Modelle aus.
Wozu das?
Weil Brillen ein modisches Accessoire sind, meiner Meinung nach viel wichtiger als Krawatten. Man schaut sich schließlich in die Augen und nicht auf die Krawatte. Zu blauen Anzügen trage ich gern blaue Brillen, zu grünen Polos grüne. Bei den heutigen Preisen kann man sich optische Brillen als Accessoire auch leisten.
Vor Ihr Gesicht halten Sie jedenfalls auffällig oft eine Kamera. Fotografieren Sie eigentlich ständig?
Ich mache etwa hundert Fotos am Tag. Hauptsächlich mit der Kamera, weil Handys bei bestimmten Lichtverhältnissen einfach noch nicht so gut sind. Ich tausche übrigens mein Handy etwa alle vier Wochen aus.
Um zu testen?
Ja, ich probiere alles selbst aus. Auch jede Drohne. Wenn ich mit Lieferanten verhandle, muss ich wissen, wie ihr Produkt funktioniert und ob die Preise gerechtfertigt sind. Meine Frau hat mit all den Geräten zu Hause nicht immer eine Freude.
Gehören Sie zu jenen, die sagen, dass die Österreicher dank Steuerreform wieder mehr Geld zum Ausgeben haben?
Nein. Wo gab es eine Reform? Ich hab’ nichts gemerkt. Es muss mehr netto vom Bruttogehalt übrig bleiben, dann können die Leute mehr ausgeben.
An Geschäften mangelt es in Österreich jedenfalls nicht, oder?
Es sind definitiv zu viele. Das liegt daran, dass die Widmungen nicht auf Landesebene geplant werden, sondern von den Städten selbst gemacht werden. Die Flächen sind so im Laufe der Jahre explodiert, die Kaufkraft nicht.
Sie haben 160 Geschäfte in Österreich. Eine Expansion ins Ausland ist kein Thema?
Nein, weil man sich intensiv mit den Menschen und Märkten auseinandersetzen muss, um erfolgreich zu sein. Ich schließe aber nicht aus, dass wir online im Ausland aktiv werden.
Unternehmen
Das Unternehmen mit Sitz in Steyr hat 160 Standorte in Österreich und beschäftigt 1466 Mitarbeiter. Im Jahr 2016 betrug der Brutto-Umsatz 260,6 Millionen Euro, im Jahr zuvor waren es 252,3 Millionen. Das Unternehmen wurde 1971 von Robert Hartlauers Vater Franz Josef Hartlauer gegründet und war anfangs auf den Fotobereich spezialisiert. Später kamen auch Optik, Handys und Hörgeräteakustik dazu.
Familie
Robert Hartlauer, geboren 1975, hat das Unternehmen nach dem Tod seines Vaters im Jahr 2000 übernommen. Angefangen hat der ausgebildete Optiker im Verkauf, einmal im Jahr besucht er jede Filiale. Hartlauer bezeichnet sich selbst als Technikfreak und Familienmensch. Er ist verheiratet und Vater von vier Töchtern.