Goldman Sachs: Moneten, Macht, Manipulationen
Von Anita Staudacher
Sie sitzt auf einen Vermögen von mehr als 700 Milliarden Euro, mischt fleißig im Rohstoffgeschäft mit und sitzt an den zentralen Schalthebeln der Finanzwelt: "Goldman Sachs ist mehr als eine Bank, sie ist eine globale Macht", heißt es in der TV-Dokumentation "Goldman Sachs. Eine Bank regiert die Welt". Die Doku beleuchtet die Geschäftspraktiken der US-Investmentbank und ihren politischen Einfluss, ohne dabei in Verschwörungstheorien zu verfallen. Was bei Goldman gar nicht so leicht ist.
Denn wo auch immer auf der Welt größere Geldsummen verschoben werden, scheint die US-Großbank ihre Finger mit im Spiel zu haben: Die Bank ist omnipräsent und gilt längst als Synonym für die unstillbare Gier der Wallstreet-Banker. Kaum ein Name ist so verbunden mit der Finanzkrise und den Auswüchsen eines ungezügelten Kapitalismus. Jüngstes Beispiel: der Preisanstieg bei den Rohstoffen.
Rohstoff-Riese
Auf der Suche nach lukrativen Einnahmequellen engagiert sich die Großbank immer stärker im globalen Rohstoff- und Energiemarkt. Kritiker werfen ihr vor, die Preise zu manipulieren‚ indem sie sowohl große Teile der Lieferkette als auch den Wertpapierhandel kontrolliert.
So geht ein Viertel des in den USA gehandelten Aluminiums durch die Lagerhallen von Metro-International, seit drei Jahren eine Tochtergesellschaft von Goldman Sachs. Um die Ware künstlich zu verknappen, werden Medienberichten zufolge täglich Tausende Tonnen Aluminium zwischen den Metro-Lagerhäuser hin- und hertransportiert (mehr dazu...). Dadurch verlängern sich die Lieferzeiten. Die Bank kassiert höhere Lagergebühren und treibt andererseits den Preis an der Rohstoffbörse in die Höhe, weil sie das Aluminium dem Markt entzieht. Der Aluminiumpreis in den USA hat sich seit 2010 verdoppelt, zum Schaden der Konsumenten.
Inzwischen ermitteln die Behörden wegen wettbewerbsschädlichen Verhaltens. Geschädigte US-Firmen brachten kürzlich eine Sammelklage ein. Goldman weist die Vorwürfe zurück.
Der Wall-Street-Riese mischt ferner am schmutzigen Geschäft mit Steinkohle in Kolumbien mit und hat sich ins florierende Öltransport-Geschäft in den USA eingekauft. Aber nicht nur Goldman ist dort aktiv, alle großen Investmentbanken breiten sich ungezügelt im Rohstoffgeschäft aus. Wer soll sie auch daran hindern?
Goldmänner
Der angebliche „Freundeskreis der Goldmänner“ in zentralen Machtstellen der Finanz- und auch politischen Welt ist Gegenstand vieler Mythen. Zufällig oder nicht: Sowohl in den USA als auch in Europa sitzen immer wieder ehemalige Topbanker des Unternehmens in entscheidenden Positionen.
Die Liste reicht von EZB-Chef Mario Draghi über Ex-Weltbank-Chef Robert Zoellick, den Vorsitzenden des Finanzstabilitätsrates und somit obersten Bankenregulierer Mark Carney, bis hin zum Deutsche-Bank-Aufsichtsratschef Paul Achleitner und Ex-US-Finanzminister Henry Paulson. Letzterer rettete – angeblich – im Auftrag von Goldman mit Staatsgeld den US-Versicherungsriesen AIG und ließ Rivalen Lehman Brothers fallen. Deutschland-Chef Alexander Dibelius gilt als Berater von Kanzlerin Angela Merkel. Auch Italiens Kurzzeit-Premier Mario Monti sowie sein Vorgänger und Ex-EU-Kommissionspräsident Romano Prodi waren früher bei Goldman.
Ob mit oder ohne politischen Einfluss: Der 1882 von den deutschen Auswanderern Marcus Goldman und dessen Schwiegersohn Samuel Sachs gegründeten Bank geht es blendend. Im Vorjahr kletterte der Jahresgewinn um 191 Prozent auf 7,4 Milliarden Dollar.
Mehr als 32.000 Banker arbeiten für Goldman. Einer davon war Greg Smith, der seine Zeit als Investmentbanker zu Papier brachte und damit 2012 viel Staub aufwirbelte. Das Umfeld beschrieb er wenig schmeichelhaft: "Es machte mich krank, wie kaltschnäuzig die Leute darüber redeten, ihre Kunden abzuzocken. Muppets wurden sie genannt, und Trottel."
Der Gigant
Gründung im Jahr 1882 von Marcus Goldman und Schwiegersohn Samuel Sachs.
Zahlen
34,1 Milliarden Dollar Umsatz
7,4 Milliarden Dollar Gewinn
32.000 Mitarbeiter