Gepfefferte Preise am Weltmarkt
Von Simone Hoepke
Die Weltmarktpreise für Gewürze setzen ihren Höhenflug fort – von Knoblauch über Pfeffer bis zu Zimt. Pfeffer kostet am Weltmarkt derzeit um 60 Prozent mehr als vor einem Jahr, gleich hohe Preissteigerungen verzeichnet Knoblauch. Der Preis für Vanille hat sich binnen Jahresfrist verdoppelt, Kümmel ist um 130 Prozent teurer geworden. Die Gründe seien vielfältig, erklärt Erwin Kotányi, Chef des niederösterreichischen Gewürzherstellers. Aus österreichischer Sicht treibt der Kursverfall des Euro fast alle Rohstoffpreise in die Höhe – denn Gewürze werden meist in Dollar gehandelt. Oft sind aber andere Faktoren noch entscheidender.
Pfeffer: Allein seit Anfang des Jahres haben die Preise um 20 Prozent angezogen, ein Ende ist nicht in Sicht. Der größte Lieferant ist Vietnam mit 100.000 Tonnen Jahresernte und einem Marktanteil von 60 Prozent. Geht es um den Preis, sind die Augen der Händler aber auf die Pfefferbörse in Indien gerichtet. Früher war Indien ein großer Pfeffer-Lieferant, mittlerweile bleibt aufgrund des gestiegenen Inlandkonsums aber fast nichts mehr für den Export übrig.
Dagegen mischen Brasilien und Indonesien im großen Stil am Markt mit. Unterm Strich gibt es genug Pfeffer auf der Welt, ist Kotányi überzeugt. Aber er ist in Händen einiger weniger Händler, die auf noch höhere Preise spekulieren und deshalb Ware zurückhalten. "Da gibt es ganz offensichtlich eine perfekt funktionierende Preisakkordierung", meint Kotányi. Für Bauern sei Pfeffer längst "schwarzes Gold", das sie in Lagern horten und dessen Kursentwicklung sie am Smartphone mitverfolgen.
Knoblauch: Der größte Lieferant ist China, die Zahl der Betriebe, die Knoblauch anbauen und verarbeiten, ist aber rückläufig. Die Anbaufläche ist um zehn Prozent zurückgefahren worden, die Ernte zuletzt witterungsbedingt bescheidener ausgefallen. Kotányi: "Dazu kommen strengere Umweltauflagen in China. Bei der Trocknung darf zum Beispiel nicht mehr mit billiger Holzkohle gearbeitet werden." Viele Billigproduktionen konnten sich die Umstellung nicht leisten und mussten schließen. Alle Faktoren zusammen treiben den Preis – binnen 12 Monaten um 60 Prozent.
Kümmel: Das Gewürz ist relativ aufwendig in der Verarbeitung, daher steigen viele Bauern auf Alternativen wie Getreide um, wenn die Getreidepreise hoch sind. Kotányi kauft Kümmel fast ausschließlich in Österreich: "Die Anbauflächen in Österreich haben sich von 2012 auf 2013 halbiert", beobachtet er. Dazu kam eine schlechte Ernte. Große Anbauländer wie Litauen und Finnland haben die Preisschraube nach oben gedreht.
Vanille: Dass auch die nächste Ernte zum Jahreswechsel schwach ausfallen wird, hat man schon bei der Bestäubung der Blüten gesehen. Denn in Madagaskar, dem Hauptanbauland, werden die Blüten per Hand bestäubt. Die letzte Ernte war nicht so schlecht, ist aber aufgrund schlechter Lagerung zum Teil verschimmelt.
Zimt: Indonesien ist einer der größten Zimt-Lieferanten, hatte zuletzt aber eine schlechte Ernte. Dazu kommt, dass die Regierung staatliche Förderungen für Gas und Treibstoff gestrichen hat und die Mindestlöhne um 15 Prozent angehoben wurden. Die Preise stiegen um 40 Prozent.
In Moskau hatte Erwin Kotányi im Vorjahr viel Erklärungsbedarf. Nach dem Njet von Putin für Lebensmittel aus der EU sah sich der Gewürzspezialist zunächst gezwungen, den russischen Markt künftig von Serbien aus zu bedienen. Eine Fabrik mit genügend Kapazitäten zu finden war aber gar nicht so einfach. Schließlich wollten viele über Serbien Russland beliefern. Zudem machte die Politik dem EU-Beitrittskandidaten Serbien Druck, in diesem Spiel nicht mit – und damit Putin nicht in die Hände – zu spielen. Letztlich einigte sich Kotányi mit den russischen Zollbehörden – und liefert nach wie vor 95 Prozent aus Österreich.
In den ersten fünf Monaten 2015 hat Kotányi in Russland um 20 Prozent mehr Geschäft gemacht als im Vorjahreszeitraum. „Zum größten Teil wegen der Preissteigerungen“, sagt er. Über alle Gewürze hinweg lagen diese bei 20 Prozent und waren nicht leicht durchzusetzen. Russische Handelsketten mit mehreren Tausend Standorten sind staatsnah organisiert und haben den Auftrag, die Preise und damit die Inflation möglichst niedrig zu halten, sagt Kotányi. Das gelinge ihnen auch besser als kleineren Konkurrenten, womit die großen Ketten weiter an Macht gewinnen.
Kotányi hat 2014 insgesamt 140 Millionen Euro umgesetzt (ein währungsbereinigtes Plus von 1,5 Prozent). 70 Prozent erwirtschaftet der Betrieb im Ausland, ein Fünftel davon aus Russland.