Wirtschaft

Galerist Thaddaeus Ropac: "Verkaufen nicht an jeden"

KURIER: Die meiste Zeit des Jahres sind Sie in Paris, in der Festspielzeit immer in Salzburg. Ein großes Geschäft?

Thaddaeus Ropac: Es ist eine wichtige Plattform, weil wir viele Kuratoren und Künstler einladen. Es geht mehr ums Netzwerk als ums Geschäft.

Sie sind seit 30 Jahren im Geschäft und werden im Ranking der Mächtigsten der weltweiten Kunstszene aufgeführt. Wie hat sich das Geschäft verändert?

Früher waren Europa und die USA dominierend, diese Vorherrschaft wird jetzt gebrochen. Es entwickelt sich viel in Asien, Südamerika, vor allem Brasilien und der arabische Markt wird interessant.

Denken Sie an eine Expansion?

Ja, wir müssen aus Europa rausgehen. Wir leiten gerade Schritte Richtung Asien ein. In ein, zwei Jahren wird es so weit sein. Die Anlaufkosten sind enorm, vor allem in der Logistik. Kunstwerke müssen transportiert, gelagert, bewegt, versichert werden, dazu kommt die Verwaltung.

Wo wollen Sie eröffnen?

Das sage ich noch nicht.

Sie betreuen derzeit 60 Künstler. Nach welchen Kriterien suchen Sie sie aus?

Wir haben 70 Mitarbeiter, darunter ein Creativ-Team mit 15 Leuten, die Künstler auswählen und vorschlagen. Die Vorschläge werden dann diskutiert.

Sie haben mit großen Künstlern wie Andy Warhol, Joseph Beuys gearbeitet und haben den Österreicher Erwin Wurm unter Vertrag. Bauen Sie überhaupt noch junge Künstler auf?

Der Kontakt zu jungen Künstlern ist mir sehr wichtig, wir diskutieren die junge Szene intensiv und nehmen jedes Jahr einen neuen Künstler ins Programm auf, etwa den Engländer Oliver Beer, der jetzt Mitte 20 ist.

Warum wollen Sie nicht, dass die Preise für Werke von jungen Künstlern schnell steigen?

Wegen der Gefahr, dass sie verheizt werden. Wir haben zum Beispiel einen Iraner aufgenommen, der gerade einmal Anfang 20 war. In der Galerie haben wir ein Werk von ihm um 40.000 Euro verkauft, ein Jahr später hat es bei einer Kunstaktion um 400.000 den Besitzer gewechselt. Bei den Auktionen geht es nur um schnellen Gewinn. Wir sind keine Banker, wir reden nicht von Wertsteigerung. Manche scheinen uns aber mit Bankern zu verwechseln und kommen wegen Geldanlagen zu uns.

Sie sagen ja gern, sie platzieren Kunst und verkaufen Sie nicht nur. Wie ist das gemeint?

Natürlich verkaufen wir, aber nicht an jeden. Es geht nicht nur darum, den Preis zu erzielen, sondern auch darum, die Werke in der richtigen Sammlung zu platzieren. Ich will wissen, wohin die Werke gehen, schon allein um sie für Ausstellungen zurückzuholen. Wir vereinbaren mit Sammlern, dass sie sie zur Verfügung stellen.

Erhalten Sammler dafür Geld?

In der Regel nicht. Abgesehen von einer moralischen Verpflichtung dazu, profitieren sie aber von der Präsenz der Werke, die oft mit einer Steigerung der Bedeutung des Kunstwerkes einhergeht.

An wen haben Sie nicht verkauft?

Namen nenne ich keine. Aber es hat sich eine Unzahl von Kunstfonds entwickelt, an die wir nicht verkaufen. Jede Woche will so einer direkt bei uns in der Galerie kaufen – und nicht bei den wesentlich teureren Auktionen.

Dem Wert des Künstlers schadet eine Rekordversteigerung aber nicht, oder?

Es hilft, Aufmerksamkeit zu generieren, aber wenn ein Künstler zu sehr gehyped wird, kann sich der Markt auch sehr schnell wieder von ihm abwenden. Wir wollen Künstler aufbauen.

Die Preise steigen ja auch, wenn etwas knapp wird. Sammler werfen Galeristen mitunter vor, das Angebot künstlich knapp zu halten ...

Ein Künstler produziert, was er produzieren kann und die Galerie sorgt für ein Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage. Der Markt muss dem Künstler hinterherlaufen und nicht der Künstler dem Markt.

Wie hat sich die Wirtschaftskrise auf Ihr Geschäft ausgewirkt?

Der Markt ist so international aufgestellt, dass Dellen in einer Region durch andere ausgeglichen werden, aber natürlich haben wir die Krise gespürt. Ich sehe sie als reinigendes Gewitter, das zu einem kurzen Stillstand und zu einer Neubewertung von zu hoch bewerteten Qualitäten geführt hat. Das war gut.

Auch Kunstsammler Karl-Heinz Essl hat bei Ihnen gekauft. Hätte der Staat seine Sammlung kaufen sollen?

Auf diese Frage haben schon so viele eine Antwort gegeben. Ich will nicht noch mehr Geschirr zerschlagen.

Das Art-Review-Ranking reiht den 54-jährigen Kärntner auf Platz 71 der weltweit Mächtigsten in der Kunstszene. Der Galerist wollte selbst Künstler werden, das hat ihm aber der Künstler Joseph Beuys ausgeredet. Ropac hat einen Standort in Salzburg und zwei weitere in Paris und ist bestens vernetzt.

Am Society-Parkett zeigt er sich unter anderem mit Bianca Jagger oder Eliette von Karajan. Auf seiner Kundenliste stehen die größten Sammler der Welt. Auch der reichste Franzose, Bernard Arnault, soll bei ihm kaufen.