Wirtschaft

EZB kündigt erste Zinserhöhung für Juli an

Mit der ersten Zinserhöhung seit elf Jahren reagieren Europas Währungshüter auf die Rekordinflation. Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) kündigte am Donnerstag an, im Juli die Leitzinsen im Euroraum um jeweils 25 Basispunkte anheben zu wollen. Zunächst bleibt der Leitzins aber auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent, Banken müssen für geparkte Gelder bei der EZB weiterhin 0,5 Prozent Zinsen zahlen.

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EZB-Präsidentin Christine Lagarde hatte in Aussicht gestellt, die Negativzinsen bis Ende September zu beenden. Zugleich beschloss der EZB-Rat bei seiner auswärtigen Sitzung in Amsterdam, die milliardenschweren Netto-Anleihenkäufe per 1. Juli einzustellen. Das Ende dieser Käufe hatte die Notenbank in ihrem längerfristigen geldpolitischen Ausblick ("Forward Guidance") zur Voraussetzung für eine Zinserhöhung erklärt.

Teuerung mit Zinsanhebung entgegensteuern

In den vergangenen Wochen hatte der Druck auf Europas Währungshüter deutlich zugenommen, nach Jahren des ultralockeren Kurses umzusteuern und mit Zinsanhebungen die rekordhohe Teuerung einzudämmen. Im Euroraum lagen die Verbraucherpreise im Mai 2022 um 8,1 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats, in Europas größter Volkswirtschaft Deutschland sprang die jährliche Inflationsrate im Mai vorläufigen Zahlen zufolge mit 7,9 Prozent auf den höchsten Stand seit fast 50 Jahren.

2 Prozent Inflation

Die EZB strebt für den Währungsraum der 19 Länder mittelfristig stabile Preise bei einer jährlichen Teuerungsrate von 2 Prozent an. Höhere Inflationsraten schmälern die Kaufkraft von Verbraucherinnen und Verbrauchern, weil sie sich für einen Euro dann weniger leisten können. Getrieben wird die Inflation seit Monaten vor allem von steigenden Energiepreisen, die nach dem russischen Angriff auf die Ukraine nochmals kräftig anzogen. Auch Probleme in den Lieferketten sorgen für steigende Preise.

Inflationsprognosen angehoben

Die EZB hat in Anbetracht dessen ihre Inflationsprognosen deutlich nach oben geschraubt. Ihre Volkswirte erwarten für das laufende Jahr jetzt eine durchschnittliche Teuerungsrate in der Währungsunion von 6,8 Prozent, wie die EZB am Donnerstag mitteilte. Noch im März hatten sie 5,1 Prozent veranschlagt. 2023 soll die Teuerungsrate bei 3,5 (bisher 2,1) Prozent liegen und 2024 dann auf 2,1 (bisher: 1,9) Prozent nachgeben.

Gratwanderung

Volkswirte rechneten vor der EZB-Sitzung vom Donnerstag mit einer Serie von EZB-Zinsschritten nach oben im laufenden Jahr. Bis zum Ende des Jahres könnte der Einlagensatz demnach auf plus 0,5 Prozent steigen und der Hauptrefinanzierungssatz ein Niveau von 0,75 Prozent erreichen. Andere Notenbanken wie die Federal Reserve in den USA oder die Bank of England haben ihre Leitzinsen bereits mehrfach erhöht. Bis höhere Zinsen bei Sparerinnen und Sparern ankommen, dauert es allerdings erfahrungsgemäß eine Weile.

Europas Währungshüter hatten lange an der Einschätzung festgehalten, die steigende Inflation sei von Sonderfaktoren getrieben und daher vorübergehend. Nun versucht die EZB eine Gratwanderung zwischen hoher Teuerungsrate und gestiegenen Risiken für die konjunkturelle Erholung aus dem Coronatief wegen des Ukraine-Kriegs.