Wirtschaft

Ex-AUA-Chef Ötsch: Justiz rudert zurück

Die deutsche Justiz ist auch nicht schneller als die österreichische. Ganze acht Jahre lang dauerte das vor kurzem eingestellte Strafverfahren gegen den ehemaligen AUA-Chef Alfred Ötsch. Zuletzt brauchte es drei Jahre, bis ein Richtersenat entschied, dass die Anklage der Nürnberger Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts auf Untreue und Steuerhinterziehung zurückgezogen werden muss. Auf Grund der Sachlage sei nicht mit einer Verurteilung zu rechnen.

"Acht Jahre lang war ich dadurch beruflich blockiert", sagt Ötsch nicht ohne Bitterkeit. Als Manager "wäre ich doch bei jeder Compliance-Prüfung durchgefallen". Ein Vorstandsjob oder ein Aufsichtsratsmandat wären als Beschuldigter nicht infrage gekommen. Und mit einer laufenden Anklage brauche man sich schon gar nicht zu bewerben. Die ersten Ermittlungen begannen 2007, Ötsch war damals Boss der AUA. Ab 2008 wurde Ötsch von der Staatsanwaltschaft als Beschuldigter geführt.

Vor seiner AUA-Zeit war der langjährige Siemens-Manager in Deutschland Finanzvorstand des Bereiches Automation & Drive. Dabei geriet er in die Mühlen des Siemens-AUB-Schmiergeldskandals, der sich zu einem der größten Wirtschaftsstrafverfahren in Deutschland auswuchs. Die Konzernzentrale unterstützte die arbeitgeberfreundliche Betriebsräteorganisation AUB als Gegenpol zur IG Metall. Mehr als 30 Millionen Euro flossen zum mittlerweile verurteilten AUB-Chef Wilhelm Schelsky, teilweise über Scheinrechnungen.

Die Honorare wurden vom Siemens-Zentralvorstand als geprüft abgezeichnet und zur Auszahlung an Automation & Drive weitergeleitet. Diese jahrelange Praxis wurde auch unter Ötsch weitergeführt. Der erklärte, er habe keinen Grund gehabt, anzunehmen, dass die Verträge der Konzernzentrale mit Schelsky nicht korrekt gewesen seien.

An eine weitere Karriere als Vorstand war für Ötsch (2009 als AUA-Boss von der Lufthansa abmontiert) nicht mehr zu denken. Letztlich war’s bei allem Pech aber auch ein Glück. "Ich wäre sonst nie in die Start-up-Szene gekommen", resümiert Ötsch, der sich als Business-Angel und Investor engagiert. "Mein Leben ist heute viel spannender als mit einem Management-Job."