Wirtschaft

Europa zwischen Sparen und Wachstum

Unter dem Motto "Alternative Politik für Beschäftigung und Wachstum" beraten europäische Politiker aus dem progressiven Lager im Rahmen eines zweitägigen Seminars ab Donnerstag, ob und wie Europa aus der Krise kommen kann. Bei der Konferenz, an der sich unter anderem Italiens Premier Mario Monti, US-Nobelpreisträger Joseph E. Stiglitz und der deutsche Wirtschaftsweise Peter Bofinger beteiligen, ist Österreich durch den Chef der Sozialdemokraten im EU-Parlament, Hannes Swoboda, und Altkanzler Alfred Gusenbauer vertreten.

Im Vorfeld betonte Swoboda in Rom, dass Europa gleichzeitig mehrere Maßnahmen zur Wirtschaftsförderung zu ergreifen habe. Die Europäische Investitionsbank müsse mit zusätzlichen Mitteln ausgestattet werden, damit sie ihre Kreditlinie erweitern könne. Man sollte hinzu neue Einnahmen schaffen, die zweckgebunden in Investitionen münden, wie eine Finanztransaktionssteuer. Außerdem müsse Europa stärkere Maßnahmen gegen die Steuervermeidung ergreifen. Die Eurobonds seien der richtige Weg, Europa aus der Krise zu steuern.

Österreich gut aufgestellt

Österreichs Wirtschaftslage sei nach wie vor gut, doch es gebe erste Anzeichen, dass in Deutschland, Polen und in jenen Ländern, die noch Wachstum vorweisen, dieses zurückgehen könne. "Daher müssen wir rasch eine europäische Politik unterstützen, die bewusst Sparsamkeit und fiskalische Verantwortung mit einer Politik des Wachstums und der Beschäftigungsförderung verbindet", meinte Swoboda. Er warnte vor zunehmender antieuropäischer Stimmung in Österreich. Diese hänge damit zusammen, dass die EU keine Lösungen für die Krise finde. "Das führt zu massiver Enttäuschung, die das antieuropäische Lager noch mehr stärkt. Wenn wir jetzt relativ rasch zu Entscheidungen kommen, können wir noch Positives erreichen. Doch wir stehen schon auf der Kippe", betonte Swoboda.

"In Österreich befinden wir uns noch in guter Position, was Arbeitslosigkeit betrifft, man darf aber nicht vergessen, dass gewisse Beschäftigungsverhältnisse prekär sind. Wir müssen vermeiden, dass wir in eine negative Situation hineinrutschen und dafür sorgen, dass wir rasch europäische Unterstützung bekommen", meinte der Politiker.

Der Kampf gegen die hohe Arbeitslosigkeit sei für Europa absolut prioritär. Wichtig sei vor allem, die Jugendarbeitslosigkeit zu bekämpfen. "Arbeitslose Jugendliche wenden sich oft extremistischen Parteien zu, die kein Interesse an politischer Stabilität haben. Die Gefahr ist ein Zerfallprozess in Europa, eine Desillusionierung und Frustration ärmerer Schichten, die dauerarbeitslos sind. Dieses Phänomen ist für den europäischen Zusammenhalt sehr gefährlich", so Swoboda.

Italien, Frankreich

Der Chef der Sozialdemokraten im EU-Parlament lobte die von Italien geleistete Arbeit zur Eindämmung der Schuldenkrise. "Italien zeigt ganz deutlich, dass man auf Sparsamkeit und Reformen im öffentlichen Verwaltungssektor, aber auch auf Maßnahmen zur Ankurbelung der Wirtschaft setzen muss", erklärte Swoboda. Seiner Ansicht nach müsse eine Überwachung der Budgetpolitik durch europäische Institutionen gesichert werden. Zugleich müsse man auf Reformen setzen, um die Angst der Bevölkerung vor einer Verschlechterung der Lebensbedingungen und höherer Arbeitslosigkeit einzudämmen. "Wenn eine strenge Budgetpolitik mit einer Strategie zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung verbunden wird, sorgt man dafür, dass sich immer mehr Menschen am Reformprozess aktiv beteiligen", erklärte Swoboda.

Der Politiker betonte, er hoffe auf einen Sieg von Frankreichs sozialistischem Präsidentschaftskandidaten Francois Hollande und auf einen klaren Erfolg der Linken bei den Parlamentswahlen. "Mit Hollande könnte es in der europäischen Politik zu einer Wende kommen, die natürlich auch davon abhängt, wie schnell Deutschland und andere Länder bereit sind mitzumachen. Italien kann dabei eine größere Rolle als Vermittler zwischen Frankreich und Deutschland spielen. Das Land könnte mit Monti eine pragmatische Politik der Mitte betreiben, weder eine engstirnige wie die von Merkel, noch eine linke wie die von Hollande", so Swoboda.