Wirtschaft

EU-Bürgerinitiative gegen "extreme Lohndrückerei"

Und wer fährt am günstigsten? Die Rechnung für den innereuropäischen Preiskampf im Güter- und Personenverkehr (Lkw, Bus, Schiff, Flugzeug) zahlen die Beschäftigten. So arbeiten viele Lkw-Lenker in Europa zu Bedingungen, die Gewerkschafter inzwischen als "modernes Sklaventum" bezeichnen:

60-Stunden-Woche, unbezahlte Überstunden, wochenlanges "Wohnen" im eigenen Lkw für einen Monatslohn, der kaum zum Leben reicht. Bei Stundenlöhnen von 2,20 Euro in Bulgarien und rund 8,80 Euro in Österreich kann von einem fairen Wettbewerb nicht die Rede sein. Kein Wunder, dass schon jeder zweite Transit-Lkw eines österreichischen Frächters im Ausland zugelassen ist ("Ausflaggen"). Doch nicht nur das hohe Lohngefälle, auch Lücken im EU-Recht und kaum vorhandene Kontrollen würden Lohn- und Sozialdumping begünstigen, geht aus einer Studie der Wiener Forschungs- und Beratungsstelle Arbeitswelt (Forba) hervor.

Fair Transport

Um mehr öffentlichen Druck für Gesetzesänderungen auszuüben, verbünden sich Gewerkschaften aus ganz Europa zur EU-weiten Bürgerinitiative "Fair-Transport". "Die Bürgerinitiative macht den Menschen die Zustände, unter denen die Fahrer arbeiten müssen, bewusst", sagt Mitinitiator Eduardo Chagas von der Europäischen Transportarbeiter-Föderation. Der grenzüberschreitende Verkehr sei nur ein Beispiel, extreme Fälle von Lohndrückerei gebe es in vielen Branchen, etwa auch am Bau.

In Österreich wird die Bürgerinitiative von Arbeiterkammer (AK) und Gewerkschaft vida unterstützt, auch Verkehrsminister Jörg Leichtfried (SPÖ) steht dahinter: "Wir brauchen europaweit einheitliche Regelungen und Standards und müssen dafür sorgen, dass diese eingehalten und kontrolliert werden", so Leichtfried auf einer AK-Veranstaltung. Als Maßnahmen wurden unter anderem vorgeschlagen:

Entsenderichtlinie Die Richtlinie zur Entsendung von Arbeitskräften innerhalb der EU inkl. vorheriger Meldepflicht trifft auch Lkw- oder Buslenker, wurde hier aber wegen der hohen Mobilität nie durchgesetzt bzw. kontrolliert. Gesetzeslücken wie Scheinselbstständigkeit oder unrechtmäßige Leiharbeit müssen geschlossen werden. Bei Verstößen könnte es wie am Bau eine Auftraggeberhaftung geben.

Mehr Kontrollen Um Arbeitsbedingungen, etwa die vorgeschriebenen Lenk- und Ruhezeiten bei Bus- und Lkw-Fahrern, zu überprüfen, müsste es viel mehr Kontrollen geben. Neue, "intelligente" Fahrtenschreiber könnten dabei helfen.

Briefkastenfirmen Das so genannte "Ausflaggen" ins Ausland erfolgt oft mittels Schein-Niederlassungen. Diese sind seit 2011 eigentlich illegal, die Auflagen aber schwammig. Hier müsse dringend nachgebessert werden.