Wirtschaft

Ergo-Versicherung schockiert Kunden

Rocket hieß die Lebens-Polizze, die die Ergo-Versicherung rund 14.000 Österreichern verkauft hat. Eine Lebensversicherung, deren Ertrag eigentlich abgehen sollte wie eine Rakete, glaubt man der Namensgebung. Doch die Kunden sitzen auf herben Verlusten.

Gregor Pichler ist einer davon. 2010 hat er über eine Volksbanken-Filiale eine Lebensversicherung mit Einmalerlag bei der Ergo abgeschlossen. Zwei Mal 25.000 Euro hat er eingezahlt. "Mir wurde garantiert, dass ich nach zehn Jahren zwei Mal 35.000 Euro herausbekommen werde", erzählt er.

Vergangenen Freitag aber bekam er einen Brief von Ergo, in dem ihm ein sofortiger Rückkauf zum Wert von zwei Mal 20.170 Euro nahegelegt wurde – ein Verlust von fast einem Fünftel des Kapitals. Was Pichler als besondere Frechheit empfindet: "Für die Entscheidung, ob ich das Angebot annehmen will, hatte ich nur vier Tage Zeit. Die Frist endete am 21. Juli", sagt er zum KURIER. Er habe unterschrieben. "Weil man mir sagte, wenn ich nicht zustimme, könne ich alles verlieren."

Überrascht

Verena Mully von der Ergo Versicherung in Österreich versteht den Ärger der Kunden durchaus. "Wir waren ebenso überrascht von dem Angebot", sagt sie. Und für die kurze Entscheidungsfrist könne die Versicherung nichts. Das habe die Immigon vorgegeben, die Bad Bank der Österreichischen Volksbanken AG (ÖVAG), an der die Republik Österreich 43,3 Prozent hält.

Und genau mit der Bad Bank begann das Problem. Denn seit 4. Juli dieses Jahres gibt es die Pleite-Bank ÖVAG nicht mehr, sie wurde zu Immigon, einer Abbaubank, die kein neues Geschäft mehr machen darf. Die Ergo hatte bis 2012 die Lebensversicherungen "Rocket" verkauft, deren Ertrag auf Anleihen der ÖVAG basiert. Diese Anleihe sind jetzt Immigon-Anleihen und diese Bank muss – so lautet die Vorgabe der EU – bis 2017 abgewickelt sein. Heißt: Sie verkauft alles, was geht, und mit den Einnahmen kauft sie ihre Anleihen mit deutlichen Abschlägen zurück. 850 Millionen Euro an Immigon-Anleihen sind im Umlauf, ein Teil davon zur Deckung von Ergo-Lebensversicherungen.

VKI prüft Klage

Das fällt den Kunden nun auf den Kopf. Konsumentenschützer Peter Kolba hat schon "eine Welle von Beschwerden erboster Kunden" bekommen. "Diese wachen nun auf und fragen: Was wurde mir da verkauft?", sagt er im Gespräch mit dem KURIER. Der Verein für Konsumenteninformation schaue sich die Fälle an und prüfe Schadenersatzklagen.

Sowohl bei der Ergo als auch bei Immigon ist man um Schadensbegrenzung bemüht. "Es wird noch eine Nachfrist für Privatkunden geben", erklärt Immigon-Sprecher Wolfgang Layr. Kunden, die sich nicht für den Rückkauf entschieden hätten, passiere nichts. Denn die Immigon wolle am Ende alle Gläubiger bedienen – wenn alles gut geht.

Bleibt die Frage, warum die Ergo 2010 ein solches Produkt überhaupt anbieten konnte. Immerhin schrieb die ÖVAG schon damals einen Milliardenverlust und musste mit einer Milliarde Staatsgeld gestützt werden.

Lebensversicherungen gelten bei Kunden als sichere Veranlagung. Sind sie aber nur, wenn die klassische Variante gewählt wird. In diesem Fall garantiert die Versicherung eine jährliche Verzinsung, dazu gibt es eine Gewinnbeteiligung. Die Garantieverzinsung wird von der Finanzmarktaufsicht (FMA) festgelegt und ist die jeweils höchste Garantie, die angeboten werden darf. Derzeit liegt dieser Zinssatz bei 1,5 Prozent. 2016 dürfte er auf 1,25 Prozent sinken. Wer also heuer noch eine klassische Lebensversicherung abschließt, erhält bei den meisten Versicherungen 1,5 Prozent garantierten Ertrag. Darauf besteht ein Rechtsanspruch. Anders ist es bei indexgebundenen Lebensversicherungen. Bei diesen Produkten richtet sich der Ertrag nach der Entwicklung und der Verzinsung eines Basisprodukts, meist einer Anleihe. Dabei geht der Kunde das Risiko ein, dass der Emittent der Anleihe in Probleme gerät, wie dies bei der ÖVAG-Anleihe der Fall war. Dann bekommt er den erwarteten Ertrag nicht ausbezahlt. Auch bei fondsgebundenen Versicherungen ist das so. Der Ertrag hängt von der Entwicklung des Investmentfonds ab, der als Basis dient.