Wirtschaft

"Sauberes Fracking" vor Durchbruch

Die Grünen sind höchst besorgt. In der „Leitbetriebe-Standort-Strategie“, die von den Chefs der großen heimischen Industriebetriebe für das Wirtschaftsministerium verfasst wurde, steht klipp und klar: Österreich soll ein Konzept zur Forcierung der Forschung von umweltfreundlichen Schiefergas-Bohrungen (im Fachterminus Fracking genannt) erarbeiten. In der „Aktuellen Stunde“ im Parlament warf Grünen-Chefin Eva Glawischnig dem Wirtschaftsministerium vor, „billige, dreckige Energie“ zu forcieren.

Es gehe um ein Konzept für „Clean Fracking“, konterte Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner. Und: Gas koste dank Fracking in den USA drei Viertel weniger als in Europa. Herbert Hofstätter von der Montanuniversität Leoben hört die Worte des Ministers mit Freude. Denn er hat mit seinem Team das „saubere Erdgas-Fracken“ im Laborversuch schon fertig. „Wir müssten das Ganze nun im Feld testen“, sagt er im Gespräch mit dem KURIER.

Das Prinzip, mit dem Hofstätter das in mehreren Kilometern Tiefe im Gestein gebundene Erdgas an die Oberfläche bringen will, klingt einfach: Wasser gemischt mit Kaliumkarbonat wird mit hohem Druck in die Erde gepumpt, sprengt die Steine und legt damit den Fluss für das Gas nach oben frei. „Alle Bestandteile unseres Konzepts sind zugelassene und nicht umweltschädliche Mittel, die etwa in der Landwirtschaft verwendet werden“, betont der Forscher. Das Gas-Wassergemisch werde an der Erdoberfläche in die Bestandteile getrennt, das Wasser gereinigt und für die nächste Bohrung wieder verwendet.

Hofstätter ist sich aber auch bewusst, dass ein Feldversuch in Österreich, aber auch im übrigen Europa, so rasch nicht kommen wird. Denn „clean“ oder nicht: Fracking polarisiert. Wie sehr die Politik in Europa dieses Thema daher scheut, zeigt sich an der jüngsten Diskussion in Deutschland. Zunächst meldete der Spiegel am Wochenende, dass die Regierung in Berlin plane, die Hürden für Erdgas-Fracking zu senken, falls ein Wissenschaftler-Gremium keine Umweltbedenken habe. Am Montag kam ein klares Dementi. Deutschland halte am Verbot der Bohrung nach Schiefergas fest – so wie übrigens auch Frankreich und Bulgarien.

Am Donnerstag ist die Lage wieder anders. Nun soll Gas in Deutschland künftig doch durch Fracking gewonnen werden können. Auf Druck von Wirtschaftspolitikern weicht die deutsche Bundesregierung ihre Pläne für ein Fracking-Verbot auf und will es unter Auflagen in Einzelfällen zulassen, geht aus einem Gesetzesentwurf des Umweltministeriums hervor. "Wir legen damit die strengsten Regelungen im Bereich Fracking vor, die es jemals gab", erklärte Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD). Es werde nur unter schärfsten Auflagen bei oberster Priorität für Umwelt und Trinkwasser möglich sein.

Konkret soll Fracking nur nach Probebohrungen und mit Genehmigung der Mehrheit eines sechsköpfigen Wissenschaftergremiums Fracking eingesetzt werden. Dies kann frühestens ab 2019 möglich sein, da bis dahin Erfahrungen mit den Probebohrungen gesammelt werden. Zudem sind Wasser- oder Naturschutzgebiete tabu. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung, die Bürgerbeteiligung einschließt, ist in jedem Fall nötig. Die Genehmigungsbehörden können Fracking zudem auch bei einem positiven Votum der Wissenschafter verbieten.

In Österreich gibt es kein Verbot, allerdings eine vorgeschriebene Umweltverträglichkeitsprüfung auch für Probebohrungen. Und diese würde wohl an Widerständen der Bevölkerung scheitern.

Große Sorgen

Die Angst vor Verseuchung des Grundwassers, der Kontamination der umliegenden Böden und der Zerstörung der Landschaft durch das Fracken sitzt tief. Die Bilder von brennenden Wasserhähnen in den USA, weil mit dem Wasser Erdgas aus der Leitung kommt, sind ebenso weit verbreitet wie die Sorge, dass die Chemikalien, mit denen das Gestein gesprengt wird, um das Gas heraus zu befördern, krebserregend seien.

„Das sind Bedenken, die längst widerlegt sind“, betont Gerald Grohmann, Chef von Schoeller-Bleckmann Oilfield Equipments. Aber in den Köpfen der Bevölkerung seien diese Bilder eben stark verankert. Johannes Wahlmüller von Global 2000 will sich daher gar nicht auf die Diskussion einlassen, ob Fracking gefährlich ist oder nicht. Für ihn ist die Schiefergas-Förderung schon aus Gründen des Klimaschutzes nicht sinnvoll.

Alle Inhalte anzeigen

Der niederösterreichische Ölfeldausrüster Schoeller Bleckmann Oilfield Equipments (SBO) hat in den ersten drei Quartalen 2014 trotz des deutlich gefallenen Ölpreises gut verdient: Der operative Gewinn ist um 9,5 Prozent auf 72 Millionen Euro gestiegen, der Umsatz um 2,3 Prozent auf 356,6 Millionen.

„Bis dato trifft uns der Ölpreis nicht“, betont Gerald Grohmann, Chef von SBO. Im dritten Quartal sei der Auftragseingang sogar besonders hoch gewesen. Denn die Nachfrage der großen Ölbohrkonzerne nach Hightech-Rohren und Geräten wie sie SBO liefert, sei ungebrochen. Das lasse sich auch am so genannten „rig count“, also der Zählung der Bohrlöcher weltweit, erkennen. Von Juli bis Ende September dieses Jahres sei die Zahl der Bohrungen um 4,5 Prozent höher gewesen als vor einem Jahr.

Wie es in den nächsten Monaten weitergehe, sei allerdings nicht abschätzbar, räumte Grohmann ein. Denn die großen Ölkonzerne hätten wegen des Preisverfalls ihre Investitionen gekürzt. SBO jedenfalls habe sich schon in den vergangenen Jahren auf sehr schwankende Ölpreise gut eingestellt.