Ludwig Scharinger: Ex-Chef von Raiffeisen Landesbank gestorben
Von Irmgard Kischko
Zäh, fleißig, bescheiden.“ Mit diesen drei „typischen Mühlviertler Eigenschaften“ beschrieb Christoph Leitl, ehemaliger Präsident der Wirtschaftskammer Österreich, Ludwig Scharinger einst. Wer Scharinger kannte, kann dies wohl bestätigen.
Ausgestattet mit diesen Eigenschaften führte der gebürtige Mühlviertler Scharinger die Raiffeisenlandesbank (RLB) Oberösterreich fast 27 Jahre lang. Unter seiner Leitung expandierte die Bank über die Grenzen Oberösterreichs hinaus mit Niederlassungen in Bayern und Tschechien. In Wien bezog die RLB mit ihrer Privatbank noble Räumlichkeiten in der Operngasse, gleich gegenüber der Albertina. Dorthin lud Scharinger zum jährlichen Kundenempfang, den die Prominenz aus Wirtschaft und Politik gerne besuchte.
Die Bank war Scharingers Stolz und deren Erfolge und Expansion präsentierte er auch in der Öffentlichkeit.
„Ein Banker darf nicht gierig sein“, war einer seiner Leitsprüche. Und: „Wer investiert, braucht einen langen Atem.“ Die oberösterreichische Wirtschaft – vor allem viele kleinere und mittlerer Unternehmen – profitierten von dieser Einstellung Scharingers zur Finanzwelt. Denn er baute ein beachtliches Beteiligungs-Imperium auf. Hunderte Firmen gehörten zum Teil der Bank. „Das sind unsere stillen Reserven“, pflegte Scharinger stets zu sagen.
Die RLB hielt den meisten dieser Unternehmen auch in finanziell schwierigen Zeiten die Treue und „trug sie durch“, wie der langjährige Generaldirektor stets betonte. Die Finanzwelt war seine Leidenschaft. Er bewegte sich in ihr mit der ihm eigenen Bauernschläue. Das hieß für ihn „sich nicht in die Karten schauen lassen“.
Banker statt Landwirt
Eigentlich hätte der Sohn einer Bauernfamilie aus dem Bezirk Rohrbach in Oberösterreich Landwirt werden sollen. Er besuchte auch zunächst die landwirtschaftliche Fachschule in Wieselburg und die HLBLA für Landtechnik. Ein schwerer Motorradunfall aber beendete seine landwirtschaftliche Laufbahn abrupt. Scharinger war der schweren körperlichen Arbeit nicht mehr gewachsen und begann ein Studium der Betriebs- und Sozialwissenschaften an der Universität Linz. 1972 trat er in die Landesbank ein, wo er sich bis an die Spitze hocharbeitete. Im November 1985 avancierte er zum Generaldirektor der Bank und blieb dies bis zum Frühjahr 2012. Sein Nachfolger wurde Heinrich Schaller, sein langjähriger Stellvertreter und einige Jahre Chef der Wiener Börse.
Der Rückzug war dem geselligen Bank-General sicher nicht ganz leicht gefallen, bis März 2014 blieb er der RLB noch als Konsulent erhalten. Der zweite schwere Unfall in seinem Leben – 2013 stürzte er bei einem privaten Aufenthalt in Russland über eine Stiege – zwang ihn, sich völlig aus der Öffentlichkeit zu verabschieden.
Scharingers private Leidenschaft galt der Jagd, dem Tarockieren und seiner Trompete. Zu später Stunde packte er das Musikinstrument gerne aus und überraschte die Gäste mit seinen musikalischen Künsten. Aber auch seine Frau Anneliese und seine vier Töchter waren für Scharinger ein wichtiger Ausgleich zur beruflichen Hektik. Die Spaziergänge mit seiner Frau bezeichnete er als „sehr erholsam“. Aber zu lange durften sie nicht dauern. Dann wurde es für Scharinger zum „ziellosen Herumhatschen“, für das er nichts übrig hatte.
Am 10. Jänner verstarb Scharinger im 77. Lebensjahr an den Langzeitfolgen seines Sturzes in Russland.